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Vor der Gläubigerversammlung

«Es gibt zwei Optionen: Beteiligung oder volle Rückzahlung»

Am Montag will Clearway Capital die Absetzung der bisherigen GZO-Sachwalter erreichen. Doch das eigentliche Ziel des Investmentfonds ist die maximale Rendite für die Gläubiger des Spitals Wetzikon, sagt dessen Chef.

Wird das GZO Spital zum Spielball von Investoren? Am Montag fällt ein wegweisender Entscheid.

Foto: Simon Grässle

«Es gibt zwei Optionen: Beteiligung oder volle Rückzahlung»

Vor der Gläubigerversammlung

Am Montag will Clearway Capital die Absetzung der bisherigen GZO-Sachwalter erreichen. Doch das eigentliche Ziel des Investmentfonds ist die maximale Rendite für die Gläubiger des Spitals Wetzikon, sagt dessen Chef.

Clearway Capital – der erst vor drei Jahren gegründete Investmentfonds mit dem unnahbaren Namen dürfte inzwischen einer breiteren Öffentlichkeit in der Region bekannt sein. Bekannt deshalb, weil Clearway Capital immer offensiver gegen den aktuellen Sanierungsplan des GZO Spitals opponiert. Zuletzt mit dem Antrag, an der Gläubigerversammlung vom 8. September die Sachwalter abzusetzen und durch einen Vorschlag aus den eigenen Reihen zu ersetzen.


>> Lesen Sie hier, was bisher in der Wetziker Spitalkrise passiert ist.


Doch was will Clearway Capital tatsächlich erreichen? Und wer steckt hinter dem Investmentfonds? Wir konnten mit CEO Gianluca Ferrari sprechen. Der Italiener ist bisher kaum öffentlich in Erscheinung getreten. Uns hat er in einem Videocall während einer Stunde die Absichten erläutert.

Ein Mann posiert mit verschränkten Armen und in hellblauem Hemd.
Der Italiener Gianluca Ferrari ist CEO des Investmentfonds Clearway Capital.

Wieso interessiert sich Clearway Capital für das GZO Spital?

Wir fragen, weshalb der internationale Fonds in ein Regionalspital im Zürcher Oberland investiert. Ferrari weicht aus. Man suche nach Investmentmöglichkeiten in verschiedenen Sektoren in ganz Westeuropa. «Die Schweiz fällt in diese Region.» Interessant seien «komplexe Situationen» – das GZO sei dafür ein Paradebeispiel. Erfahrung in der Gesundheitsbranche hat Clearway Capital bereits von anderen Investitionen. «Wir setzen zudem immer auch auf lokale Experten», sagt Ferrari.

Clearway Capital hat seinen Sitz in Frankfurt am Main. Die Kommunikation findet hauptsächlich über eine Zürcher Agentur statt. Als lokaler Wortführer trat in der Vergangenheit anstelle von Ferrari der Investor Gregor Greber auf.

Gläubigerversammlung mit dem GZO in der Krone in Wetzikon.
Gregor Greber gab an der Versammlung der Anleihegläubiger im Oktober vor den Medien Auskunft. (Archiv)

Greber sitzt seit vergangenem Oktober als Vertreter der Gläubiger der 170-Millionen-Franken-Anleihe, die das Spital weder zurückzahlen noch refinanzieren konnte, mit Beobachterstatus im Verwaltungsrat des Spitals.

Was sind die Ziele von Clearway Capital?

Um die Ziele von Clearway Capital macht Gianluca Ferrari indes kein Geheimnis. Es geht darum, für die Gläubiger möglichst viel Rendite herauszuholen. Als «Geierfonds» haben wir die Investoren in der Vergangenheit schon bezeichnet.

Es gibt keine Chance, dass dieser Vorschlag von den Gläubigern akzeptiert wird.

Gianluca Ferrari, CEO Clearway Capital

Der Sanierungsplan des Spitals passt darum nicht ins Konzept. Denn damit würden die Gläubiger viel Geld verlieren. Sie müssten auf bis zu 70 Prozent ihrer Forderungen verzichten. Daneben sieht der Plan eine Aktienkapitalerhöhung durch die Gemeinden um 50 Millionen Franken vor. «Es gibt keine Chance, dass dieser Vorschlag von der Mehrheit der Gläubiger akzeptiert wird», macht Ferrari deutlich.

Er will stattdessen das Maximum für die Gläubiger herausschlagen. «Es gibt zwei Optionen: Entweder es gibt eine Beteiligung an der Firma oder eine vollständige Rückzahlung aller Schulden an die Gläubiger.» Er könne zwar nicht für alle Gläubiger sprechen, doch für ihn steht fest: «Die Gemeinden müssen erkennen, dass sie im schlimmsten Fall die Kontrolle über das Spital verlieren werden, wenn sie nicht bereit sind, mehr Kapital für die Gläubigerseite zur Verfügung zu stellen.»

Mit der erwähnten Beteiligung spricht er einen sogenannten «Debt-to-Equity-Swap» an, bei dem alle Gläubiger zu den neuen Besitzern, also den neuen Aktionären, des Spitals werden würden. Befindet sich das Spital erst einmal unter deren Kontrolle, «werden sie einen Weg finden, um eine vollständige Rückzahlung zu erreichen». Die Beteiligung von Clearway Capital würde in diesem Fall aber weiterhin in einem tiefen einstelligen Prozentbereich liegen.

Die Motivation hinter den Kaufbemühungen bleibt nebulös.

Reaktion der Aktionärsgemeinden auf Übernahmeangebot

Einen Übernahmeversuch hatte Clearway Capital bereits mit dem Kaufangebot via einer Zweitfirma lanciert. Die Aktionärsgemeinden hatten das Angebot abgeschmettert. «Die Motivation hinter den Kaufbemühungen bleibt nebulös», begründeten sie den Entscheid unter anderem.

Ferrari geht davon aus, dass «im schlimmsten Fall», dem Scheitern des Nachlassvertrags, nicht gleich die Liquidation des Spitals droht. Aus seiner Sicht wären die Gläubiger dann immer noch bessergestellt als mit dem aktuellen Sanierungsplan, von dem gemäss Ferrari vor allem die Gemeinden profitieren würden.

Das Spital habe einen gut funktionierenden Betrieb, so die Erklärung. Es würde sich auf jeden Fall ein Käufer finden lassen. «Niemand möchte dieses Szenario, da es viel Zeit in Anspruch nimmt. Je länger es dauert, desto länger bleiben Mitarbeiter, Lieferanten und wir als Gläubiger ohne Bezahlung.»

Clearway Capital stützt sich in der Argumentation auf eigene, unabhängige Bewertungen, wie es in einer Präsentation vom August 2024 heisst. Dabei geht es insbesondere um die Immobilien des Spitals und den laufenden Betrieb. Basis dafür sei die vom Spital bei PwC in Auftrag gegebene Studie für die Ausarbeitung des Sanierungsplans. Weitere Quellen gibt der Fonds nicht an.

Das Spital und die Sachwalter rechnen hingegen damit, dass das Spital nach einem Scheitern innerhalb von einem Monat geschlossen würde.

Dennoch nimmt das Spital die Kritik der Gläubiger ernst. Für die Gläubigerversammlung verspricht es, Nachbesserungen am Sanierungsplan zu präsentieren. Man sei zwar offen für neue Vorschläge, sagt Ferrari dazu, aber ab wann er bereit wäre, einen reduzierten Schuldenschnitt zu akzeptieren, verrät er nicht.

Wie reagiert Clearway Capital auf den Vorwurf des Profitstrebens?

Das Streben nach maximalem Profit und die Intransparenz haben wiederum Clearway Capital Kritik eingebracht. Dass es um Profit geht, fasst Ferrari alles andere als negativ auf: «Selbstverständlich wollen wir, dass sich unser Investment auszahlt. So funktionieren Kapitalmärkte.»

Gleichzeitig sehen sich die Investoren als Retter in der Not. Ferrari betont immer wieder, dass es um die Zukunft des Spitals geht. Im Fall des GZO müssten zwei Dinge Hand in Hand gehen, meint er: «Mit einer Lösung müssen die Investoren einerseits Geld verdienen und andererseits das Spital gerettet werden.»

Umso mehr zeigt sich Ferrari verärgert über die Kritik an Clearway Capital: «Die Gegenseite sagt immer, dass wir eine kleine Gruppe Unruhestifter seien. Dabei repräsentieren wir den Willen einer Mehrheit der Anleihegläubiger, darunter viele namhafte institutionelle Investoren.»

Tatsächlich erreichten Anträge von Clearway Capital an der Versammlung der Anleihegläubiger im vergangenen Oktober fast eine Zweidrittelmehrheit. Für Ferrari ein klarer Beweis für die Unterstützung. Allerdings waren damals das vertretene Kapital und nicht die Kopfstimmen – wie an der Versammlung am kommenden Montag – entscheidend.

Wer ist der vorgeschlagene Ersatz-Sachwalter?

Den Schleier über der Grösse der Unterstützung lüften wird die Gläubigerversammlung am Montag. Aktuell buhlt Clearway Capital über diverse Kanäle um Stimmen für den Sachwalter-Wechsel. Um dieses Ziel zu erreichen, hatte der Investmentfonds zuvor schon den Weg über die Gerichte versucht – erfolglos.

Ich denke nicht, dass die aktuellen Sachwalter gewillt sind, eine ausgewogene Lösung zu finden.

Gianluca Ferrari, CEO Clearway Capital

Begründet hatte Clearway Capital die Opposition mit einem Interessenkonflikt und der Befangenheit der Sachwalter. Vorwürfe, die inzwischen von den Gerichten entkräftet wurden. Nun äussert sich Ferrari so: «Auf alle unsere Vorschläge und die Optionen, die wir einbringen wollten, wurde nicht eingegangen. Ich denke also nicht, dass die aktuellen Sachwalter gewillt sind, eine ausgewogene Lösung zu finden. Das untergräbt das Vertrauen in den Prozess.»

Ob er sich vom als neuen Sachwalter vorgeschlagenen Rechtsanwalt Michael Endres einen besseren Deal für die Gläubiger erhofft? «Michael Endres ist unabhängig, es gibt keine Garantie», sagt Ferrari, «aber angesichts des bisherigen Vorgehens der Sachwalter ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir mit ihm schlechter dran wären, äusserst klein.»

Der Kontakt mit Endres sei durch das lokale Netzwerk zustande gekommen. Er ist Partner bei der Hütte Law AG. Die Innerschweizer Kanzlei vertrat Nord Stream 2 in dessen Nachlassverfahren*. Dabei konnte sie erreichen, dass sämtliche Kleingläubiger ihre Forderungen vollständig zurückerhalten.

Auf die Befürchtungen des Spitals, dass mit dem angestrebten Sachwalter-Wechsel der gesamte Prozess der Nachlassstundung verlangsamt würde, reagiert Ferrari gelassen. «Wir und ebenfalls unsere Rechtsexperten sind davon überzeugt, dass es zu keinen Verzögerungen oder erhöhten Kosten kommen sollte.»

Wie geht es nach der Gläubigerversammlung weiter?

Das Spital Wetzikon steht am Montag damit vor einer wegweisenden Entscheidung. Zwar ist noch unklar, ob Endres bei einem Sachwalter-Wechsel tatsächlich einen neuen Weg einschlagen und wie dieser genau aussehen würde. Absehbar wäre in diesem Fall aber, dass noch unruhigere Zeiten auf das Spital zukommen würden.

Doch auch wenn die beiden bisherigen Sachwalter ihr Mandat behalten können, wird Clearway Capital nicht aufgeben – so viel macht Ferrari klar: «Wir werden uns weiter engagieren.» Und er betont noch einmal mit Blick auf die Abstimmung über den Nachlassvertrag im Frühling: «Die Umstrukturierung erfordert eine Zweidrittelmehrheit der Gläubiger. Wir sind überzeugt davon, dass mehr als ein Drittel den aktuellen Plan nicht unterstützen wird, was bedeutet, dass er in seiner jetzigen Form nicht genehmigt werden kann.»

Clearway positioniert sich für Gläubigerausschuss

Im Vorfeld der Gläubigerversammlung vom Montag hatte das GZO Spital sich für einen Gläubigerausschuss statt für einen Sachwalter-Wechsel ausgesprochen. Kurz darauf hatte Clearway Capital mit Bedingungen reagiert, die dafür nötig seien. Unter anderem, dass ein Ausschuss «die gesamte Bandbreite der Gläubigerinteressen» abdecken sollte.

Am Freitag präsentierte Clearway Capital nun eine Liste mit vier Kandidaten, die der Investmentfonds für den Ausschuss vorschlägt. Es sind dies Norman Gerber, Direktor der Versicherung der Schweizer Ärzte Genossenschaft, Marc Meili, Partner der Zürcher Firma Independent Credit View AG, Fritz Jakober, Vermögensverwalter und Partner bei der Jakober Partner AG, und Markus Eberle, Vizepräsident des Verwaltungsrats der Nebag AG.

Eberle war bereits im vergangenen Jahr als Vertreter der GZO Creditor Group gemeinsam mit Gregor Greber in Erscheinung getreten. Meili wiederum hatte sich nach der Versammlung der Anleihegläubiger im Oktober als Berater von Investoren geäussert, die knapp einen Drittel der Anleihe halten. (lel)


Samstag, 06.09.2025: In einer früheren Version dieses Textes stand, dass die Kanzlei Hütte Law AG als Sachwalterin im Nachlassverfahren von Nord Stream 2 auftrat. Das ist falsch. Sie vertrat lediglich das Unternehmen. Sachwalterin war die Transliq AG.

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