«Unabhängiger» Stimmrechtsvertreter wirft Fragen auf
Vor GZO-Gläubigerversammlung
Am 8. September entscheiden die Gläubiger des Spitals Wetzikon über die Absetzung der Sachwalter. Aktivistische Anleihegläubiger werben nun mit einer zweifelhaften Aktion um Stimmen.
Die Gläubigerversammlung des Spitals Wetzikon wirft ihre Schatten voraus. Der neueste Streich: Auf der Website der aktivistisch auftretenden GZO Creditor Group finden sich eine Anleitung und ein Formular, womit Gläubiger des Spitals «einen kostenlosen, unabhängigen Stimmrechtsvertreter» für die Versammlung vom 8. September bevollmächtigen können.
Hinter der Aktion steckt einmal mehr der Investmentfonds Clearway Capital. Er ist Teil einer Gruppe Anleihegläubiger, die rund 6,56 Prozent der 170-Millionen-Anleihe des GZO Spitals hält. Die Anleihe ist der Grund für die finanzielle Schieflage des Spitals. Im Jahr 2014 aufgenommen, um den Neubau zu finanzieren, konnte die GZO AG sie im letzten Jahr weder refinanzieren noch zurückzahlen.
> > Lesen Sie hier, was bisher in der Wetziker Spitalkrise passiert ist.
Inzwischen befindet sich das Spital in der definitiven Nachlassstundung. In gut drei Wochen treffen sich die Gläubiger im Ustermer Stadthofsaal, wo die Sachwalter über die Gründe für die Verlängerung der Nachlassstundung sowie den aktuellen Stand der Sanierungsbemühungen informieren werden. Es ist ein fixer Termin, der innerhalb von neun Monaten nach dem Gang in die definitive Nachlassstundung stattfinden muss.
Absetzung der Sachwalter gefordert
Brisanz erhielt die Versammlung erst in den vergangenen zwei Wochen, nachdem Clearway Capital den Antrag gestellt hatte, die bisherigen zwei Sachwalter Brigitte Umbach-Spahn und Stephan Kesselbach abzusetzen. Sie erachten Umbach-Spahn als befangen, weil sie mit dem Gossauer Gemeinderat Patrick Umbach verheiratet ist. Gossau ist mit einem Anteil von 9,73 Prozent die fünftgrösste der zwölf Aktionärsgemeinden des Spitals. Stattdessen schlägt Clearway Capital den Rechtsanwalt Michael Endres als neuen Sachwalter vor.

Erhalten haben Umbach-Spahn und Kesselbach ihr Mandat vom Bezirksgericht Hinwil. Beide sind Partner bei der renommierten Küsnachter Anwaltskanzlei Wenger Plattner. Die Kanzlei führte beispielsweise die Liquidationsverfahren der Swissair und der Werbevermarkterin Publicitas durch. Endres ist Senior Partner bei der weit weniger bekannten Hütte Law AG mit Sitz in Cham.
Das GZO Spital hatte in der vergangenen Woche vor einem Wechsel der Sachwalter gewarnt. «Es wäre mit einer Verzögerung des Verfahrens infolge Einarbeitungszeit zu rechnen», hiess es in einer Mitteilung. Die bisherigen Sachwalter seien ein eingespieltes Duo und mit dem komplexen Fall vertraut.
«Jede Stimme zählt»
Inzwischen ist klar, dass an der Gläubigerversammlung über den Absetzungsantrag abgestimmt wird. Für eine Annahme reicht eine Mehrheit von über 50 Prozent der anwesenden Stimmberechtigten. Dabei spielt keine Rolle, wie hoch das finanzielle Investment der einzelnen Gläubiger ist.
Mit diesem Umstand wirbt Clearway Capital nun für die Stimmrechtsvertretung. «Jede Stimme zählt gleich – selbst die kleinste Forderung kann das Ergebnis beeinflussen.» Eine hohe Beteiligung würde ausserdem «die Chancen auf eine faire und ausgewogene Restrukturierung erhöhen», heisst es.
Als bevollmächtigter Vertreter wird der Zürcher Rechtsanwalt Paul Bürgi angegeben. Er werde für die Gläubiger, die nicht persönlich anwesend sein können, «strikt gemäss ihren Weisungen abstimmen». Neben dem Sachwalter-Wechsel gilt dies auch für die mögliche Bildung eines Gläubigerausschusses.
Abstimmung im Sinne von Greber
Bemerkenswert ist, dass Bürgi auch bevollmächtigt wird, «über Anträge, die nicht in der Einladung der Gläubigerversammlung der GZO AG aufgeführt sind», abzustimmen – und zwar gemäss dem Stimmverhalten von Gläubigervertreter Gregor Greber. So steht es im Kleingedruckten der Vollmacht.
Eine Ermächtigung, die Zweifel an der Unabhängigkeit des Vertreters schürt. Denn Greber trat in Zusammenhang mit dem GZO Spital, Clearway Capital und einem spektakulären Kaufangebot durch das Biotech-Unternehmen Evolva immer wieder öffentlich in Erscheinung.
Erstmals im Juli 2024 als Wortführer der sogenannten GZO Creditor Group. Das Vorgehen der kleinen Gruppe von spezialisierten Investoren ist auch in der Branche umstritten. Das vermutete Ziel: einen Schuldenschnitt für die Gläubiger möglichst klein zu halten oder gar ganz zu vermeiden und so mit ihren erst nach Bekanntwerden der finanziellen Schieflage zugekauften Ramsch-Obligationen ein gutes Geschäft zu machen. Seit der ausserordentlichen Versammlung der Anleihegläubiger im Oktober 2024 sitzt Greber zudem mit Beobachterstatus im Verwaltungsrat des Spitals.
Trotzdem hielt er sich in der Vergangenheit nicht mit Kritik am Spital und dem aktuellen Sanierungskonzept zurück. Dieses sieht einen Schuldenschnitt von bis zu 70 Prozent sowie eine Aktienkapitalerhöhung durch die Gemeinden in Höhe von 50 Millionen Franken vor.
Die Gruppe Anleihegläubiger veröffentlichte aber ihre eigenen Berechnungen für die finanzielle Sanierung des Spitals. Dahinter setzten sowohl der frühere wie auch der jetzige GZO-Verwaltungsrat grosse Fragezeichen. Ausserdem wehrt sich die Gruppe mit gerichtlichen Verfahren gegen den eingeleiteten Schuldenruf und eben gegen die Sachwalter-Besetzung. Die Gerichte wiesen bisher alle Klagen – und damit auch den Vorwurf der Befangenheit von Umbach-Spahn – ab.
Wir sind bemüht, im Sanierungskonzept Verbesserungen für die Gläubiger vorzunehmen.
Andreas Mika, Verwaltungsratspräsident GZO Spital
Das GZO Spital reagiert zurückhaltend auf die aktuellen Entwicklungen. Aus rechtlichen Gründen dürfe die Gesellschaft weder für die Versammlung mobilisieren noch für Stimmrechtsvertretungen werben, erklärt Spitaldirektor Hansjörg Herren. Verwaltungsratspräsident Andreas Mika hält fest: «Wir sind dafür besorgt, die Gläubigerinteressen zu wahren. Und wir sind bemüht, im Sanierungskonzept Verbesserungen für die Gläubiger vorzunehmen.»
Allerdings müsse gewährleistet bleiben, dass der Betrieb weiterlaufen könne. «Es geht aber nicht nur darum, den Betrieb mit einem maximalen Ergebnis zu sichern, sondern eine ausgewogene Lösung zu finden, mit der alle Interessengruppen leben können», erklärt Mika weiter. Im Hintergrund würden nach wie vor Gespräche laufen, deren Ergebnisse in die Nachbesserungen des Sanierungskonzepts fliessen.
Für Gläubiger, die nicht persönlich an der Gläubigerversammlung teilnehmen können, gibt es indes eine Alternative zum Angebot von Clearway Capital. Auf der Website der Sachwalter findet sich ebenfalls ein Formular für eine Vollmacht. Der grosse Unterschied: Die Vertretung ist nicht vorgegeben. Die Gläubiger müssen selbst einen Namen in das Formular eintragen.