Entscheid an der Urne: Bubikon streitet über Aktienkapitalerhöhung fürs GZO
Die Gemeindeversammlung in Bubikon platzt aus allen Nähten. Sie ist eine langwierige Angelegenheit mit zahlreichen Voten – und einer vertagten Entscheidung.
Fast vier Stunden Diskussionen, Voten und Abstimmungen, über 400 Bürgerinnen und Bürger, die sich über die Turnhalle und den Geissbergsaal verteilen, stickige, heisse Luft und eine aufgeladene Stimmung zwischen Gemeindepräsident und Bevölkerung: Die Gemeindeversammlung in Bubikon vom Mittwochabend hatte es in sich. Beim Verlassen des Saals um 23.15 Uhr sah man so manches Kopfschütteln, hörte gar Sätze wie: «Eine solch schlimme Gemeindeversammlung haben wir schon lange nicht mehr erlebt.»
Hauptthema an diesem Abend? Die Abstimmung über die Aktienkapitalerhöhung der Gemeinde für das GZO Spital Wetzikon.
... hat die Gemeindeversammlung Bubikon mit grossem Mehr die Jahresrechnung 2024 genehmigt. Die Gemeinde erwirtschaftete – auch aufgrund einmaliger Sondereffekte – einen Gewinn von gut 9,8 Millionen Franken, bei einem Gesamtertrag von 67,2 Millionen Franken und einem Aufwand von 57,4 Millionen Franken.
... verzichtet die Gemeinde auf die Abgabe eines Mehrwertausgleichs. Der Gemeinderat hatte eine Teilrevision der Bau- und Zonenordnung (BZO) beantragt, um eine solche Abgabe einzuführen. Der Mehrwertausgleich, der bei Auf- oder Umzonungen von Grundstücken entsteht, hätte 30 Prozent betragen sollen. 177 der zu diesem Zeitpunkt noch 312 anwesenden Stimmberechtigten setzten nach dem Antrag eines Bürgers die Abgabe auf null Prozent fest, womit diese obsolet wird.
... hat Bubikon einen Passus in der BZO aufgenommen, um dem Bau von möglichen Windrädern auf Gemeindeland – allen voran dem Eignungsgebiet auf dem Hombergchropf – einen Riegel vorzuschieben. Mit der Festschreibung eines Mindestabstands von 1000 Metern zu bewohnten Gebäuden soll ein Bau verhindert werden. Der Kanton hingegen hat bereits deutlich gemacht, wie unter anderem in Hittnau oder Hinwil, solche BZO-Revisionen nicht zu genehmigen. Gemeindepräsident Hans-Christian Angele (FDP) betonte auch auf eine Anfrage hin, den Rechtsweg nicht zu beschreiten, es gebe dafür kein Budget. Es solle sich lediglich um ein Zeichen an den Kanton handeln. (erh)
Gut zwei Stunden nach Beginn der Versammlung sind die Verantwortlichen des Spitals um Verwaltungsratspräsident Andreas Mika und Spitaldirektor Hansjörg Herren positiv gestimmt – «auch wenn wir uns das Ergebnis etwas positiver gewünscht hätten», sagt Mika.
Soeben hat die Gemeindeversammlung mit 245 Stimmen dem Antrag eines Bürgers stattgegeben, dass das Stimmvolk an der Urne definitiv über die Finanzspritze von 3,12 Millionen Franken ans GZO entscheidet.
Wenige Augenblicke zuvor hatten 223 von ihnen – acht Stimmen über dem absoluten Mehr – die Aktienkapitalerhöhung befürwortet. Sie stimmten damit diametral zur Empfehlung des Bubiker Gemeinderats, der sich im Vorfeld als eine von zwei Exekutiven der Aktionärsgemeinden dezidiert gegen die finanzielle Unterstützung ausgesprochen hatte. Das Ergebnis gilt nun als eine Empfehlung für die Urnenabstimmung.
Drei Fragen, dreimal ein Nein
Eine solche hatte der Bubiker Gemeindepräsident Hans-Christian Angele (FDP), der das Traktandum vorstellte und die Haltung des Gemeinderats erklärte, richtiggehend forciert. Mehrmals sprach er davon, dass es die Möglichkeit einer Urnenabstimmung gebe.
«Ich weiss, dass wir heute über ein sehr emotionales Thema sprechen», begann Angele seine Ausführungen. «Doch wir können heute das Gesundheitssystem der Schweiz nicht ändern. Wir können auch das GZO heute nicht retten, da müssen noch andere Entscheide fallen wie die Zustimmung der Gläubiger zum Schuldenschnitt.»
Der Gemeinderat habe sich drei Fragen gestellt: Muss sich Bubikon beteiligen? Kann sich Bubikon das leisten? Ist es eine gute Investition? Alle drei Fragen habe man deutlich mit Nein beantwortet.
Während der nächsten Stunde sahen das nicht alle in den zwei Sälen gleich.
Gesundheitsversorgung wichtiger als Luxusbauten
Zahlreiche der rund 20 Votantinnen und Votanten hinter dem Rednerpult konnten der Argumentation des Gemeinderats nicht folgen. Sie brachten emotionale Argumente vor, sprachen von eigenen, guten Erlebnissen im GZO, wie froh sie oder Angehörige schon über die kurze Erreichbarkeit gewesen seien.
Andere erläuterten, dass sie es anzweifeln würden, wie 3,12 Millionen bei den geplanten Investitionen der Gemeinde von rund 70 Millionen Franken – ein Argument der Gemeinde gegen die Aktienkapitalerhöhung – nicht verschmerzbar seien. «Wir leisten uns das grösstmögliche Schwimmbad, teure Schulen. Wir müssen nicht 70 Millionen Franken ausgeben, wenn wir das nicht wollen», meinte ein Stimmbürger. Ihm sei eine gute Gesundheitsversorgung wichtiger als Luxusbauten.
Woraufhin Angele entgegnete, dass er es falsch finde, an dieser Stelle diese Dinge gegeneinander auszuspielen. «Als Gemeinde müssen wir Schulinfrastruktur zur Verfügung stellen.» Für den Betrieb eines Spitals seien Gemeinden gesetzlich nicht verpflichtet.
Kritik am Spital
Appelle an die Solidarverantwortung auf der einen Seite, die Betonung der zahlreichen Risiken auf der anderen. So gab es auch zahlreiche Anwesende, die ihre Kritik am Spital zum Ausdruck brachten: grössenwahnsinniger Neubau, Zweifel am Sanierungsplan, ein Spiel mit verdeckten Karten.
«Wieso muss ich als Steuerzahler für etwas aufkommen, wofür wir als Gemeinde nicht zuständig sind?», war nur eines der zahlreichen kritischen Voten. Als einzige Ortspartei trat für die FDP Parteipräsident Harry Letsch ans Mikrofon. Und stützte seinen Gemeindepräsidenten, der immer auf Voten der Bevölkerung reagierte und sich den Vorwurf anhören lassen musste, die Sprechenden nicht ausreden zu lassen.
Letsch betonte: «Emotionen dürfen unsere Entscheide nicht leiten.» Es habe beim GZO zu viele Fehlentscheide und strukturelle Veränderungen gegeben.
Kurz vor der Abstimmung um 21.45 Uhr war es Verwaltungsratspräsident Andreas Mika, der noch einmal das Wort ergriff: «Wir haben Demut gelernt – vor dem, was passiert ist und wie wir mit dem Geld anderer umgehen.»
Alles eine Frage des Glaubens
Und die Glaubensfrage – wer glaubt welchen Experten und ihren Berichten – steht nochmals im Raum, als Angele den Spitalverantwortlichen zum Schluss entgegenhielt: «Ich glaube Ihnen nicht.»
Weil bei der Präsentation des Gemeinderats die Abstimmungsfrage falsch, nämlich aus Sicht des Gemeinderats, formuliert war, herrschte kurz Chaos. Eine erste Abstimmung wurde gar nicht ausgezählt, das Prozedere wurde wiederholt. Dann war klar: An diesem Abend glaubt die Mehrheit an das Spital. Und will es unterstützen. Da aber noch mehr daran glaubten und dafürstimmten, ganz Bubikon an der Urne über die Aktienkapitalerhöhung abstimmen zu lassen, wurde die Entscheidung vertagt.
Eine nächste Entscheidung fällt am Dienstag, 17. Juni, wenn Seegräben über seinen Beitrag der Aktienkapitalerhöhung von insgesamt 50 Millionen Franken abstimmt. Fischenthal und Grüningen haben sich bereits für die Finanzspritze ausgesprochen. Neben neu Bubikon stimmen acht weitere Aktionärsgemeinden an der Urne ab. Datum dafür ist der 30. November.