Individualverkehr wird in Uster eingebremst
Beschränkungen im neuen Richtplan
Autos ja, aber nicht mehr Platz für sie: Bei der Richtplandebatte hat sich im Ustermer Gemeinderat Links-Grün durchgesetzt. Der motorisierte Verkehr soll auf dem Niveau von 2020 bleiben.
Am Montag stand im Gemeinderat der zweite Teil der Beratungen zum neuen Richtplan der Stadt Uster an. Nachdem am 1. September schon die Bereiche Siedlung, Landschaft und Öffentliche Bauten und Anlagen behandelt worden war, stand nun das emotionale Thema Mobilität an.
Bürgerliche für «Ausgewogenheit»
Auf die Hinterbeine standen die Bürgerlichen in der Frage der Ausgewogenheit der Verkehrsmittel. In der Richtplanversion des Stadtrates wird häufig der motorisierte Individualverkehr übergangen. Gianluca Di Modica (FDP) erklärte im Rat, dass der Individualverkehr nicht einfach verschwinde, indem er nicht erwähnt werde. Und Ulrich Schmid (SVP) meinte, dass das Auto für das Gewerbe unabdingbar sei.
Andres Kronenberg (SP) betonte, dass seine Fraktion für ein Vorgehen «mit Augenmass» sei. Seine Fraktion unterstützte deshalb den bürgerlichen Antrag, rund um den Bahnhof Anknüpfpunkte für Autos vorzusehen. Gleichzeitig mahnte er, dass in der Stadt der Raum beschränkt sei. «Wir wollen den Autoverkehr nicht aus der Stadt verbannen, aber auf dem Stand von 2020 belassen.»
Parkleitsystem geplant
Dieses Einbremsen der Autos zeigte sich bei der Ablehnung der bürgerlichen Anträge, die die Sicherstellung der Zufahrt zu gewerblich genutzten Liegenschaften im Zentrum zum Ziel hatten. Immerhin wird nun aber nach dem Willen des Gemeinderates ein Parkleitsystem eingeführt. Dieses soll es ermöglichen, die freien Parkplätze im Zentrum leichter zu finden.

Wie Bauvorstand Stefan Feldmann (SP) erklärte gibt es dort rund 1000 Abstellplätze. Diese seien gemäss den Daten der Parkhäuser wochentags durchschnittlich zur Hälfte besetzt, samstags zu 70 Prozent. «Nur in einem Drei-Stunden-Zeitraum gibt es eine Belegung von maximal 90 Prozent.»
Zugang für Schwertransporte
Eigentlich wollte der Stadtrat auf verschiedenen Strassen ein Einbahnregime installieren. Jürg Krauer (FDP) wehrte sich im Namen der Bürgerlichen dagegen, da gerade in der Loren oder an der Ackerstrasse die Industrie auf effiziente Logistikwege angewiesen sei. Deshalb wollten die Bürgerlichen eine Fahrspur in jede Richtung festschreiben. Ganz so weit wollte die Linke dann doch nicht gehen. Immerhin ist nun aber klar, dass der Zubringer zu Industrie und Gewerbe auch für Schwertransporte sicherzustellen sei.
Versenkt wurde in diesem Zusammenhang auch die Idee des Stadtrates, dass die Zufahrt für den Güterverkehr im Zentrum zeitlich begrenzt werden sollte. Er wollte sogar die «Warenströme» im Zentrum «mittels Hubs effizient» bündeln und leiten. Dieses Ansinnen überlebte die Beratung in der Kommission nicht.
Durchgangsverkehr auch auf Sammelstrassen
Einsichtig zeigte sich der Stadtrat bei der Frage, wo der Durchgangsverkehr fliessen soll. Eigentlich wollte er diesen von sogenannten Sammelstrassen, also den wichtigsten kommunalen Verbindungen, verbannen. Nur die Verbindungsstrassen, die unter kantonaler Hoheit stehen, hätten diesen auswärtigen Verkehr aufnehmen sollen. Diese sind in Uster aber äusserst spärlich gesät. Indem Sammelstrassen wie zum Beispiel die Wermatswiler- oder die Sonnenbergstrasse auch für den Durchgangsverkehr geöffnet werden, würden die Quartiere entlastet, ist die Meinung des Gemeinderates.

Der Stadtrat und die links-grüne Ratsseite hätten auf diesen Sammelstrassen gerne auch Tempo 30 gesehen. Mit Unterstützung der GLP strich aber die bürgerliche Ratsseite diese Möglichkeit aus dem Richtplan. Klar ist jedoch, dass die Sammelstrassen – weitere Beispiele sind die Steig-/Blindenholstrasse oder die Burg-/Nossikerstrasse – möglichst beidseitig Trottoirs erhalten sollen.
Tempo 30 auf Wunsch
Ein Entgegenkommen der Linken gegenüber den Bürgerlichen gab es bei der Frage von Tempo 30 in den Quartieren. Der Stadtrat hätte gerne eine flächendeckende Einführung dieses Limits. In Uster gibt es laut Feldmann zurzeit 26 grössere und kleinere Tempo-30-Zonen. «Das ist doch ein Flickenteppich.»
Simon Vlk (FDP) meinte, dass solche Verkehrsberuhigungen nur eingeführt werden sollen, wenn sie auch von den Anwohnern gewünscht werden. Das war bisher die übliche Vorgehensweise. So musste der Anstoss für Tempo 30 in einem Quartier über eine Petition erfolgen, die von mindestens der Hälfte der Anwohner getragen werden musste. Nach dem Willen des Gemeinderates ist diese Zustimmung der Betroffenen auch weiterhin nötig. Und Tempo 30 soll es nur geben, wo dies «sinnvoll und verhältnismässig» erscheint.
Zu reden gab schliesslich auch noch die Zentralstrasse. Eigentlich soll auch diese beruhigt werden. Der Gemeinderat stellt sich aber mehrheitlich auf den Standpunkt, dass dies erst mit einer Realisierung der Moosackerstrasse umgesetzt werden kann. Ob diese Entlastungsstrasse aber je kommen wird, steht noch in den Sternen. Der für diese mögliche Verbindung zuständige Kanton lässt zurzeit wieder Varianten zur Entlastung des Ustermer Zentrums prüfen.
Autos und Velos getrennt unterwegs
In der ursprünglichen Richtplanfassung des Stadtrates ist auf verschiedenen Strassen eine Mischfläche für Autos und Velos vorgesehen gewesen. Aus Sicherheitsüberlegungen bevorzugt der Gemeinderat aber getrennte Spuren. Dies gilt beispielsweise für die Brunnenstrasse oder die Bahnhofstrasse.


Auf der Wermatswilerstrasse soll die Veloinfrastruktur erweitert werden und auf der Zentralstrasse nach einer allfälligen Abklassierung ein Radstreifen eingezeichnet werden. Die Forderung nach einer zusätzlichen Velounterführung unter dem Bahnhof ging dem Rat aber dann doch zu weit.
Gerade beim Thema Velo zeigte sich aber, wie weit der links-grün-dominierte Stadtrat bei der «Umgestaltung» gehen wollte. Wäre es nach ihm gegangen, hätten die Ustermer nicht nur «die Vorteile des Velofahrens» kennenlernen müssen. Zusätzlich hätten sie das Velo zum «beliebtesten und am häufigsten genutzten Verkehrsmittel» in der Stadt machen sollen. Doch diese ideologisch gefärbte Vorgabe wurde schon von der zuständigen Kommission des Gemeinderates als «nicht Richtplan-relevant» gestrichen.
Busse sollen im Sieben-Minuten-Takt rollen
Eine intensivere Diskussion entspann sich nochmals bei der Frage, ob die Stadt sich bei den Verkehrsbetrieben für einen städtischen Bus-Takt von ungefähr sieben Minuten einsetzen soll. Ursula Räuftlin (GLP) meinte, man solle sich keine Gedanken mehr zum Fahrplan machen müssen.

Der einstige Verkehrsplan Paul Stopper (BPU) titulierte dieses Ansinnen als «Schnapsidee». Nicht einmal grössere Städte würden einen so dichten Takt kennen. Und Andres Ott (SVP) fragte sich, wer das bezahlen solle. Nur ganz knapp, mit 18 Stimmen aus dem links-grünen Lager gegen 17 aus dem bürgerlichen, findet dieser Passus nun Eingang in den Richtplan.
