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Politik

Nach 40 Jahren

Uster der Zukunft: Das sind die wichtigsten Entscheide

Drei Dutzend Davide gegen einen 40 Jahre alten Goliath: Der neue Richtplan stellte am Montagabend das Ustermer Parlament vor eine Mammutaufgabe. Drei von vier Dossiers sind nach gut fünf Stunden behandelt.

Ein Meilenstein für Uster: Der neue Richtplan der drittgrössten Stadt des Kantons nimmt Form an.

Foto: Marie Fredericq

Uster der Zukunft: Das sind die wichtigsten Entscheide

Drei Dutzend Davide gegen einen 40 Jahre alten Goliath: Der neue Richtplan stellte am Montagabend das Ustermer Parlament vor eine Mammutaufgabe. Drei von vier Dossiers sind nach gut fünf Stunden behandelt.

«Uster braucht einen Richtplan, der fürs 21. Jahrhundert taugt und Antworten für die Herausforderungen der heutigen Zeit bietet.»

Mit diesen Worten schliesst Stefan Feldmann (SP), Stadtrat und Abteilungsvorsteher Bau, sein Eröffnungsplädoyer für die montagabendliche Parlamentssitzung.

Es ist eine Sitzung sondergleichen, findet sie doch seit 40 Jahren zum ersten Mal wieder statt. Denn an diesem Abend geht es um die Festsetzung des neuen Richtplans.

Das bedeutet der neue Richtplan für die Ustermerinnen und Ustermer

Der kommunale Richtplan ist ein Planungsinstrument der Politik und legt im Grunde die Rahmenbedingungen für die städtische Entwicklung fest. Er ist für die Behörden verbindlich, enthält aber für Privatpersonen keine Vorschriften – Ustermerinnen und Ustermer, welche auf dem Stadtgebiet Eigentum besitzen oder erwerben wollen, sind nicht an den Richtplan, dafür aber an die Bau- und Zonenordnung (BZO) gebunden.

Dennoch dürfte auch der Richtplan für so manche und manchen interessant sein, denn er schafft die Grundlage für die Ausarbeitung der BZO – zudem ist er der Grundstein für zukünftige Projekte und Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt.

Prinzipiell ist der Richtplan eine verbindliche Vision, wie Uster in den nächsten Jahren aussehen könnte. Oder mit den Worten von SP-Gemeinderat Balthasar Thalmann: «Heute stellen wir die Richtung des Wegweisers, der Uster in Zukunft prägen wird.»

Geprägt von einer bürgerlichen Kommission für Planung und Bau (KPB), die sich neben dem rot-grünen Stadtrat hunderte Stunden mit dem neuen Richtplan auseinandergesetzt hatte, versprach die Sitzung ein Tauziehen zwischen den Lagern zu werden.

Doch so mancher Entscheid fiel anders, als eine Spekulation zugelassen hätte.

Siedlung: Reservezonen bleiben wichtig, Verdichtung kommt

Gerade das Thema Siedlungszonen beschäftigt das Parlament an diesem Montagabend besonders. Stadtrat Stefan Feldmann betont in Sachen Siedlung: «Die Stadt braucht Reservezonen für das Bevölkerungswachstum.» So beispielsweise das Gebiet Loren, die Neueinzonung Oberacher und Langweid, sowie das Gebiet Eschenbühl.

Man ist sich mehr oder minder einig: Es braucht die zusätzlichen Reservezonen, selbst wenn diese in naher Zukunft noch unberührt bleiben.

Mit einem knappen Entscheid von 17 zu 18 Stimmen bleibt das Eschenbühl wie vom Stadtrat gewünscht eine Reservezone für etwaige zukünftige Bauvorhaben. Diese könnten in 15 bis 20 Jahren angegangen werden, wenn das Potenzial im Stadtkern ausgeschöpft ist.

Dagegen haben auch die Argumente von Hans Denzler (SVP) und Paul Stopper (BPU) keine Schlagkraft – Landwirtschaftsgebiet respektive Fruchtfolgeflächen beizubehalten, scheint im Parlament auf taube Ohren zu stossen, und selbst Stoppers Androhung eines Referendums stösst die Entscheidung nicht um.

Einzig die Auszonung der Reservezone Jungholz wird befürwortet – obschon der Antrag in der Kommission für Planung und Bau abgelehnt wurde, stimmt das Parlament dem Minderheitsantrag von Ursula Räuftlin (GLP) letztlich mit 18 zu 16 stimmen zu.

Eine Verdichtung nach innen – und nach Wermatswil?

«Uster hat die Aufgabe, die Ortsplanung bis 2035 auf 42’000 Einwohner auszurichten», heisst es im Richtplan, Schwerpunkt Siedlung.

Die entsprechende Siedlungsverdichtung ist vor allem nach innen geplant. Das wiederum öffnet die Debatte nach dem «wie»: So ist Ursula Räuftlin der Meinung, dass sich Blockrandbebauungen besser als Hochhäuser eignen. Entsprechend der KPB entscheidet jedoch auch das Parlament, dies nicht im Richtplan zu verankern.

Ebenfalls nicht nach Räuftlins Meinung wird die Verdichtung Wermatswil entschieden – gegen den Stadtrat und die GLP-Gemeinderätin stimmt das Parlament mit 23 zu 12 Stimmen für eine etwaige Verdichtung in der Aussenwacht.

Ein Gewinn für rot-grün: Preisgünstiger Wohnraum gehört in den Richtplan

«Es ist eines der heissesten Themen heute Abend», führt Stadtrat Feldmann ins Thema rund um den preisgünstigen Wohnraum ein.

Auch Räuftlin betont: «Ich persönlich bin der Ansicht, dass es in der Verantwortung der Politischen Gemeinde ist, attraktiven und bezahlbaren Wohnraum für verschiedene Bevölkerungsschichten anzubieten.»

Dieser Meinung gegenüber steht die FDP, die punkto Wohnraum mehr auf Anreizsysteme und den freien Markt setzt. Eine verbindliche Festlegung im Richtplan, der preisgünstigen Wohnraum regle, sei nicht nötig, erklärt Marc Thalmann (FDP) in seinem Votum.

Parlament stösst KPB-Entscheid um

Doch es nützt nichts. Das Parlament ist sich einig: Anders als die KPB stimmt das Parlament für einen im Richtplan festgesetzten Anteil an preisgünstigem oder gemeinnützigem Wohnraum, wenn in der Nutzungsplanung zusätzliche Potenziale dafür geschaffen werden. Selbes gilt, falls Reservezonen aktiviert werden.

Es ist ein Feldzug gegen die Anträge von SVP und FDP: Sie werden allesamt abgeschmettert und zugunsten der Minderheitsanträge aus dem linken Lager und der ursprünglichen Stossrichtung des Stadtrats entschieden.

Günstiger Wohnraum ist damit, zumindest anteilmässig, in der Ustermer Zukunftsplanung verankert.

Landschaft: Anträge von SVP und FDP finden kein Gehör

Weniger brisant als das Thema Siedlung verlaufen die Entscheide rund um Landschaft und öffentliche Bauten und Anlagen (OEBA).


Nicht heute, aber bald für Sie aufbereitet: Eines der brisantesten und emotionalsten Themen des Abends bildeten das Vorhaben rund um die Heusser-Staub-Wiese und eine etwaige Erweiterung der Sportanlage Buchholz. Die Zukunft des Ustermer Fussball- und Sportangebots polarisierte nicht nur das Parlament, sondern brachte vor allem Simon Vlk (FDP) und Stadtrat Stefan Feldmann in einen hitzigen Zweikampf um kantonale Vorgaben. Lesen Sie noch diese Woche, worum es geht und was entschieden wurde.


Entsprechend der KPB wird der Veloparkplatz Ost als Erholungsgebiet mit 7 zu 25 Stimmen abgelehnt, auch die Driving Range soll als solche belassen werden. Einzig für die Erweiterung des Erholungsgebiets Stapfer in Wermatswil wird zugunsten des Antrags gestimmt.

In Sachen aktive Bodenpolitik wird durchwegs zugunsten der Empfehlung der Stadtrats entschieden – ganze neun Anträge der SVP wurden in der KPB angenommen, doch sie werden letztlich vom Parlament abgeschmettert. Dabei geht es vor allem um Formulierungsanpassungen. Einzig zwei Anträge betreffend die Streichung Inventare und Amphibienzugstelle werden durch den Gemeinderat gutgeheissen.

Zur späten Stunde: OEBA geht locker über die Bühne

Gemischt verlaufen die Entscheide betreffend OEBA: Entgegen der Empfehlung des Stadtrats wird die Reserve Jungholz mit 31 zu einer Stimme gestrichen, der Antrag betreffend Zusammenlegung Kindergarten Talweg und Hort gutgeheissen.

Einig ist sich das Parlament mit der KPB betreffend den Erhalt Standort der Stadtbibliothek sowie einer Änderung betreffend Landihalle: Mit 33 respektive 35 zu 0 Stimmen wird entgegen dem Stadtrat entschieden. Auch über die Wertstoffsammelstelle respektive den Erhalt des aktuellen Standorts ist sich das Parlament einig.

Und so geht es weiter

Am 22. September wird das vierte und letzte Dossier rund um Mobilität behandelt.

Besonders polarisieren dürften die Anträge rund um 30er-Zonen und die Streichung respektive den Erhalt von Parkplätzen. Voraussichtlich über 44 Anträge wird im letzten Kapitel abgestimmt.

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