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Politik

Reformierte Kirche Illnau-Effretikon

Angriff auf das Portemonnaie der Kirchenpflege ist gescheitert

Eine Initiative, die die Finanzkompetenz der Kirchenpflege drastisch einschränken wollte, wurde zurückgezogen. Trotzdem tritt ein Grossteil der Behörde ab.

Initiative zurückgezogen, aber neue Kirchenpflegemitglieder 2026 gesucht: Die Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Illnau-Effretikon steht vor Veränderungen. (Archiv)

Foto: Michael Trost

Angriff auf das Portemonnaie der Kirchenpflege ist gescheitert

Reformierte Kirche Illnau-Effretikon

Eine Initiative forderte, dass die Kirchenpflege von Illnau-Effretikon noch maximal 10’000 Franken selbst ausgeben darf. Dahinter steckt ein grundsätzlicher Konflikt.

Autor: Jonas Gabrieli

Ein Teil der Kirchgemeinde vertraut der Kirchenpflege Illnau-Effretikon nicht mehr. Das wurde an der Versammlung vom Dienstagabend einmal mehr offensichtlich. Dahinter steckt ein schon länger schwelender Konflikt zwischen freikirchlich-evangelikalen und traditionell orientierten Mitgliedern. Letztere sind unzufrieden mit der Kommunikation und der Entwicklung der Kirche, die ihrer Ansicht nach zu stark auf junge Menschen fokussiert.

Eine Initiative wollte nun die Finanzkompetenz der Kirchenpflege um 90 Prozent kürzen und so der Gemeindeversammlung mehr Macht verleihen. Oder wie es ein Gegner später formulierte: «Sie wollen der Kirchenpflege das Portemonnaie wegnehmen.»

Mitsprache gefährdet?

Alle Ausgaben über 10’000 Franken hätten künftig den Stimmberechtigten vorgelegt werden müssen. Hinter dem Vorstoss stand eine zehnköpfige Gruppe, darunter Politiker aus allen Lagern. Max Binder, als Nationalratspräsident (SVP) einst «höchster Schweizer», argumentierte für die Initianten: 2021 habe man die Finanzkompetenz der Behörde «massiv erhöht», von 50’000 auf 100’000 Franken. «Es hat sich gezeigt, dass die Gemeinde dadurch bei wichtigen Geschäften nicht mehr mitreden und entscheiden konnte.»

Als Beispiel nannte er das «eigenmächtige und verfehlte Handeln» in der Kirche Kyburg: Im Frühling 2024 hatte die Behörde ohne Bewilligung Mobiliar aus der denkmalgeschützten Kirche entfernen lassen. So sollte ein temporärer Ort für Meditation und Kontemplation entstehen, der Ausflügler anspricht. Das Statthalteramt Pfäffikon büsste die Kirchgemeinde mit 2000 Franken. Dazu kamen 750 Franken Verfahrenskosten sowie Anwaltskosten.

Binder gab zu, dass die Initiative der Kirchenpflege nur noch eine tiefe Finanzkompetenz zuweist. «Das ist aber das Wesen der Initiative, die vielfach auf einer gewissen Unzufriedenheit mit der Regierung basiert.» Deshalb schiesse man damit manchmal übers Ziel hinaus. «Normalerweise eröffnet das aber einen Dialog zwischen den Parteien.»

Im Hinblick auf die Zukunft der Liegenschaften der Kirchgemeinde sei das «von grösster Wichtigkeit». Im Hagi-Areal könnte ein neues Zentrum für die Kirche entstehen. Die Versammlung sprach am Dienstag einen Kredit für eine Machbarkeitsstudie, die Varianten prüfen soll.

Mehr Bürokratie als Folge

Kirchenpfleger Kilian Meier, für die Finanzen zuständig, sah durch die Initiative die Handlungsfähigkeit der Behörde «ernsthaft gefährdet». Zur Aufgabenerfüllung brauche man das Vertrauen der Gemeinde, das durch Wahlen und Kompetenzen übertragen werde. Wer mit Mitgliedern der Kirchenpflege unzufrieden sei, solle die entsprechenden Personen nicht mehr wählen. «Aber zielen Sie nicht auf die Institution.» Denn mit dem neuen Eintrag in der Kirchgemeindeordnung, der kirchlichen Verfassung, müsse auch eine neue Behörde arbeiten.

Zudem müsste man bei einer Annahme wohl Stellen im Sekretariat aufstocken. Denn um ein Geschäft vor die Versammlung zu bringen, muss viel mehr Papier produziert werden als für einen Beschluss der Kirchenpflege. Künftig müsste die Versammlung über «Ausgaben für Softwarelizenzen, zusätzliches Geschirr und eigentlich alle Personalgeschäfte» abstimmen, so Meier. Darunter etwa Weiterbildungen von Mitarbeitenden. Auch Konfirmationslager oder grössere Veranstaltungen könnten von den neuen Regeln betroffen sein, was die Planung deutlich erschwere.

Meier zeigte in einem Vergleich auf, dass die Finanzkompetenz in Illnau-Effretikon vor allem im Bereich einmalige Ausgaben ausserhalb des Budgets mit 100’000 Franken hoch ist. In Uster mit mehr als doppelt so vielen Mitgliedern ist sie gleich hoch, in Wetzikon mit über 1000 Mitgliedern mehr liegt sie bei der Hälfte.

In der anschliessenden knapp einstündigen Diskussion ging es teilweise emotional zu und her. Als «einfach nur böse» bezeichnete EVP-Stadtparlamentarierin Simone Schädler die eingereichte Initiative. Sie verstehe nicht, warum die Initianten in der Kirchgemeinde bleiben würden. «Man kann austreten oder die Kirchgemeinde wechseln.» Genau die Vielfalt an Angeboten, die in Illnau-Effretikon angeboten werde, mache doch die Reformierte Kirche aus. Applaus brandete auf. Eine andere Votantin sprach von einem «Vertrauensbruch», falls der Vorstoss angenommen würde. Ein weiteres Mitglied sah in der Initiative «querulatorische Züge».

Grossteil der Kirchenpflege tritt ab

Andere zeigten durchaus Verständnis für die Unzufriedenheit bezüglich Kommunikation und Mitwirkung. Eine Frau sagte: «Die Sache mit Kyburg hat uns schon sehr entsetzt.» Für die Initiative sprach sich aber niemand aus, viele bewerteten sie als «zu hart». Die Finanzkompetenz der Kirchenpflege erachteten einige aber als hoch.

Deswegen kristallisierte sich im Lauf der Debatte heraus, dass ein Rückzug der Initiative und ein – weiteres – gemeinsames Gespräch wohl das meiste bewirken würden. Eine Stimmbürgerin hatte zuvor – ganz salomonisch – eine Halbierung der Finanzkompetenz beantragt. Die Gruppe zog die Initiative schliesslich zurück. Unter der Bedingung, an einer Sitzung der kompletten Kirchenpflege teilnehmen zu können.

Zum Schluss der Versammlung teilte Präsident Patrick Stark noch mit, dass «vier bis sechs» der sieben Kirchenpflegemitglieder ihr Amt am Ende der Legislatur im Sommer 2026 niederlegen werden. Auch sein Präsidium werde frei. Während der Diskussion zur Initiative hatten mehrere Personen den Initianten vorgeschlagen, doch selber an den Wahlen vom März 2026 zu kandidieren.

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