Kompromiss bei den Mülldeponien – gestaffelt statt gleichzeitig
Durchatmen, so schlimm wirds nicht
Die geplante Deponie Leerüti bei Egg machts möglich: Nach den neusten Plänen des Kantons kann dort Abfall aller Kategorien gelagert werden. Dadurch braucht es andere Standorte noch nicht so bald.
Wohin nur mit dem ganzen Abfall, der nicht recycelt werden kann? Diese Reststoffe landen letztlich in Deponien, die verteilt auf dem Kantonsgebiet liegen. Und wo solche Deponien betrieben werden sollen, ist eine schwierige und emotionale Frage zugleich. Das zeigt sich auch im Oberland.
Zurzeit befindet sich der Kanton in der langfristigen Planung für mögliche Deponiestandorte. Als vor gut eineinhalb Jahren erstmals die sogenannte «Gesamtschau Deponien» vorgestellt wurde, regte sich Widerstand in der Region. Das Gebiet zwischen Greifensee und Rüti weist heute schon kantonsweit die höchste Deponiedichte auf – und zu den bereits im Richtplan verankerten Standorten sollten noch weitere hinzukommen.
Doch jetzt gibt es gute Nachrichten: Zur erwarteten, starken Konzentration an Deponien wird es nicht kommen. Der Regierungsrat hat gut 3260 Einwendungen ausgewertet und in der Folge die Revisionsvorlage für den kantonalen Richtplan angepasst. Das Geschäft hat er nun zuhanden des Kantonsrats verabschiedet.
Deponie weg
Jetzt sollen kantonsweit noch 19 neue Deponiestandorte und drei Erweiterungen von bestehenden Deponien in den Richtplan aufgenommen werden. Drei ursprünglich vorgesehene Standorte streicht der Kanton.
Zu diesen zählt auch jener in der Bodenweid in der Gemeinde Hinwil. Zwar wäre dort das Betreiben einer Deponie ohne Gefährdung der Quellwasserfassungen oder des Grundwassers möglich. Aufgrund der Einschränkungen, die «die Deponie für das Vollzugszentrum Bachtel zur Folge hätten», werde aber darauf verzichtet.
Eine nach der anderen
Am meisten freuen können sich jedoch Egg und die umliegenden Gemeinden. Bis vor Kurzem sah der Kanton vor, dass mehrere Deponien in naher Umgebung zeitgleich hätten betrieben werden können. Allerdings nur, wenn es sich um verschiedene Deponietypen gehandelt hätte. Das hat der Regierungsrat jetzt aber geändert.
Die fünf Deponietypen
Typ A: unverschmutzter Aushub von Baustellen
Typ B: schwach belasteter Aushub und Abfälle wie Isolationen von Baustellen
Typ C: restmetallhaltige, schwer lösliche Reststoffe (zum Beispiel Schleifmittel) aus der Industrie
Typ D: Schlacken und Aschen aus der Abfallverwertung
Typ E: stark belastete Rückstände von Baustellen oder aus der Industrie
So darf in einem definierten Kreis neu nur noch eine Deponie aufs Mal offen sein – und dies unabhängig des Typs. Ziel ist es, «die verkehrlichen Auswirkungen von Deponien möglichst gering zu halten und eine Überbelastung von einzelnen Gebieten zu vermeiden», heisst es in einem Bericht.
Aktuell werden im Oberland zwei Deponien betrieben. Das ist zum einen der Standort Chrüzlen in Egg/Oetwil am See. Dieser ist aber fast voll und wird voraussichtlich in den nächsten fünf Jahren abgeschlossen, wie die Baudirektion auf Anfrage mitteilt.
Bei der anderen Deponie handelt es sich um jene im Wissenbüel in Gossau. «Die Deponie ist praktisch voll und grösstenteils auch schon rekultiviert», heisst es beim Kanton. Mit dem Abschluss dieser Arbeiten wird ebenfalls in den nächsten fünf Jahren gerechnet.
Erst wenn beide Standorte abgeschlossen sind, wird die nächste Deponie in Betrieb genommen. In diesem Fall wird dann der Standort Leerüti im Gemeindedreieck Gossau/Egg/Mönchaltorf aktiviert. Diesen Standort hat der Kanton hoch priorisiert, «da er alle Typen aufnehmen kann und im Gegensatz zum Tägernauer Holz nicht im Wald liegt». Konkret kann in Leerüti nicht nur Abfall des Typs B entsorgt werden, wie dies ursprünglich vorgesehen war, sondern neu auch des Typs C, D und E – im Müllbusiness sozusagen eine «Eier legende Wollmilch-Deponie».

Der Gestaltungsplan für die Deponie Leerüti ist dabei bereits in Arbeit. Bis dereinst auch dieser Standort vollständig befüllt ist, dauert es gemäss Angaben von Isabelle Rüegg von der kantonalen Baudirektion erfahrungsgemäss 15 bis 25 Jahre. Allerdings hänge dies stark davon ab, wie sich die Abfallmengen entwickeln würden.
Danach – oder für den Fall, dass die Deponie in Leerüti nicht umsetzbar ist – ist der Standort Tägernauer Holz in Grüningen/Gossau der nächste. Dieser ist allerdings nur für Abfall des Typs D geeignet. Alternativ steht auch der Standort im Büelholz in Egg für Typ-B-Abfall zur Verfügung.
Für den Fall der Fälle, dass die Standorte Leerüti sowie Büelholz nicht realisierbar oder im Idealfall komplett befüllt worden sind, kann auch auf das Gebiet Erzacher in Egg/Oetwil am See zurückgegriffen werden. Dieses wird höchstwahrscheinlich aber erst in mehreren Jahrzehnten betrieben.
Volketswil hat Priorität
Die neue Priorisierung des Kantons hat auch Auswirkungen auf die Deponiestandorte in Volketswil und Lindau, wobei der Kanton Erstere priorisiert hat. «Die Erschliessung zum geplanten Abbau- und Deponiestandort erfolgt wie für den Kiesabbau über die A15 ohne Ortsdurchfahrten», heisst es in einem Bericht. Der Standort sei demnach ideal gelegen, da die bestehende Infrastruktur des Kieswerks genutzt werden könne. Als Ersatzstandort für den Brunnacher dient dabei das Gebiet Handrüti auf Lindauer Gemeindegebiet.
Gänzlich unverändert im Richtplan verbleibt der Standort Goldbach in Rüti. Die Deponie für diesen Standort befindet sich bereits in weit fortgeschrittener Planung. Der Gestaltungsplan wurde bereits öffentlich aufgelegt und wird nächstens festgesetzt.
Nach wie vor im Richtplan festgehalten ist auch das Gebiet Neuweid in Maur, welches künftig als sogenannte «Landfill Mining-Deponie» verwendet wird. In anderen Worten bedeutet das, dass sich dort ein alter Ablagerungsstandort befindet und dieser saniert und wieder als neue Deponie verwendet werden kann.