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Politik

Aufgeheizte Stimmung

Kirchenmitglieder streiten über Hausvertrag und Waldverkauf

An der Gemeindeversammlung der Evangelisch-reformierten Kirche in Illnau-Effretikon ging es unter anderem um die Änderung des Kaufvertrages des Hauses an der Glärnischstrasse. Doch gestritten wurde um vieles.

Drei Stunden dauerte die Kirchgemeindeversammlung am Dienstagabend im Zentrum Rebbuck. Zu diskutieren gab es einiges. (Archiv)

Foto: Simon Grässle

Kirchenmitglieder streiten über Hausvertrag und Waldverkauf

An der Gemeindeversammlung der Evangelisch-reformierten Kirche in Illnau-Effretikon ging es unter anderem um die Änderung des Kaufvertrags des Hauses an der Glärnischstrasse. Doch gestritten wurde um vieles.

Es dauerte kaum fünf Minuten, bis es an der Kirchgemeindeversammlung der Evangelisch-reformierten Kirche Illnau-Effretikon schon knallte. Ein Stimmberechtigter verliess wutentbrannt den Saal, während über einen Antrag zur Protokollgenehmigung diskutiert wurde.

Konkret ging es um eine Passage aus der Juni-Sitzung, in der Stadtparlamentarierin Simone Schädler (EVP) im Zusammenhang mit der damaligen Initiative zur massiven Reduktion der Finanzkompetenz der Kirchenpflege gesagt hatte, man könne aus der Kirchgemeinde austreten, wenn es einem nicht passe. Schädler hatte den Vorstoss zudem als «böse» bezeichnet. Die beiden Aussagen sollten ins Protokoll aufgenommen werden, was schliesslich mit 32 zu 29 Stimmen angenommen wurde.

Ein schon fast plakatives Ergebnis für das, was in der Kirchgemeinde los ist. Schon seit einiger Zeit ist die Gemeinde in zwei Lager gespalten: die Evangelikalen und die Reformierten. Das Initiativkomitee, das zu den traditionell Reformierten zählt, zog den Vorstoss zwar damals zurück, doch der Unmut über die Aussage blieb.

Votanten verzichten auf 50’000 Franken

Ein weiterer Streitpunkt an der Versammlung vom Dienstagabend war das Haus an der Glärnischstrasse, das 2020 für 1,2 Millionen Franken verkauft wurde, damit dort eine betreute Wohngemeinschaft entstehen konnte. Der Vertrag sicherte der Kirchgemeinde 50 Prozent des Gewinns zu, sollte das Haus innerhalb von zehn Jahren weiterverkauft werden.

Dieser Betrag ist eine bodenlose Frechheit

Simone Schädler (EVP), Parlamentarierin und Kirchgemeindemitglied

Da der Käufer verstorben ist und die Wohngemeinschaft aufgelöst wurde, möchte sein Bruder das Haus nun veräussern oder alternativ vermieten. Er bot der Kirchgemeinde 50’000 Franken als Verzicht auf den Gewinnanspruch an. Die Kirchenpflege könne den Entscheid nachvollziehen und empfahl, dies anzunehmen.

«Mir wurde fast schwarz vor Augen, als ich diesen Antrag gelesen habe», sagte Simone Schädler. «Dieser Betrag ist eine bodenlose Frechheit.» Auch andere Stimmberechtigte äusserten sich entsetzt über den tiefen Betrag. «Bei 200’000 Franken wäre es anders gewesen», sagte eine Stimmberechtigte. Und auch einer der lautesten Votanten im Saal wollte sich «nicht abspeisen lassen».

Meinrad Knecht, Liegenschaftsverwalter der Kirchenpflege, hatte klare Worte: «Wir können die 50’000 Franken jetzt nehmen, oder er kann das Haus die restlichen fünf Jahre vermieten, und dann gehen wir leer aus.» Diese Aussage sorgte für Aufruhr. «Wir lassen uns doch nicht erpressen», rief ein Stimmberechtigter. Die Kirchgemeindemitglieder stimmten grossmehrheitlich gegen die Änderung im Vertrag und die 50’000 Franken.

Sinkende Steuereinnahmen machen zu schaffen

In der Budgetdebatte zuvor wurde bereits deutlich, dass die Kirchgemeinde unter finanziellem Druck steht und auf Geld angewiesen wäre. Lediglich ein Plus von 7732 Franken ist für das nächste Jahr prognostiziert.

«Wir werden nächstes Jahr weniger Steuereinnahmen haben, und diese Tendenz wird anhalten, weil Mitglieder aus der Kirche austreten», erklärte Finanzvorsteher und Parlamentarier Kilian Meier (Die Mitte). Während 2023 der gesamte Steuerertrag noch bei rund 2,2 Millionen Franken lag, so wird er 2026 auf rund 2,08 Millionen Franken geschätzt.

Einsparungen bei den Personalkosten, insbesondere im Bereich Kind und Jugend, sollen die Rechnung stabilisieren. Eine Pensumsreduktion wird daher nicht ersetzt. Meier betonte: «Wir wissen, dass mit der Reduktion auch eine Leistungssenkung einhergeht. Wir wollen aber niemandem kündigen.»

Sorgen wegen Waldverkauf

Da sich die Kirchenpflege in verschiedenen Bereichen Sparmassnahmen auferlegt hatte, argumentierten die Stimmberechtigten für ihre Lieblingsposten. Ein Aspekt im Budget beschäftigte besonders: Das Waldstück Pfruendholz in Kyburg soll für mindestens 100’000 Franken verkauft werden. «Wir haben kein Know-how für den Unterhalt des Walds», sagte Meier.

«Ich weiss, dass wir Geld brauchen, aber wieso müssen wir denn unbedingt den Wald hergeben?», fragte ein Votant. Max Binder, ehemaliger SVP-Nationalrat und Präsident der Waldwirtschaft Schweiz, merkte an, dass in einem vergangenen Bericht der Kirchgemeinde festgehalten sei, dass die Gemeinde noch keinen Nutzen vom Wald erfahren hätte. «Man sieht, dass die Kirchgemeinde nicht viel Ahnung vom Wald hat. Aber man muss wissen, dass er kein Bankomat ist.» Ebenfalls regte ein Gerücht die Debatte an. So soll bereits ein Angebot eines Käufers gefallen sein, der den regulären Bodenpreis verdreifacht.

Doch über den Waldverkauf darf die Gemeinde nicht abstimmen, denn dieser liegt in der Kompetenz der Kirchenpflege. Ausserdem ist die Bewilligung noch beim Kanton hängig, der nicht nur entscheidet, ob, sondern auch an wen das Waldstück verkauft werden könnte.

Die Versammlung genehmigte das Budget mehrheitlich und stimmte für einen unveränderten Steuerfuss von 13 Prozent.

Weiterer Beschluss

2006 wurde die Gasheizung im Rebbuck-Zentrum gebaut und muss bald ersetzt werden. Die Kirchenpflege legte zwei Varianten vor: eine Erdsonden-Wärmepumpe oder einen Anschluss an die Fernwärme. Die Stimmberechtigten entschieden sich für den Fernwärmeanschluss.

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