Der Konflikt in der Reformierten Kirche Illnau-Effretikon ist noch lange nicht beigelegt
Eine Versammlung mit Biss
Ob über den Jahresbericht oder die Kirche in Kyburg: Die Anwesenden nahmen bei der Kirchgemeindeversammlung kein Blatt vor den Mund.
Kaum waren die 87 Stimmberechtigten an der Versammlung vom Dienstagabend der Kirchgemeinde Illnau-Effretikon begrüsst worden, ging es auch schon ums Eingemachte. Ein Votant stellte gleich einen Antrag, dass der zweite und inoffizielle Teil protokolliert werden solle. «Es sind zwei wichtige Geschäfte», betonte dieser.
Damit bezog er sich auf zwei Dinge, die zuvor schon für rauchende Köpfe gesorgt hatten: das Debakel mit der Kirche Kyburg, wo die Kirchenbänke ohne Genehmigung demontiert wurden, und den künftigen Umgang mit den Kirchengebäuden.
Auch wenn vom Präsidium der Kirchenpflege versichert wurde, dass es sich beim genannten Teil bloss um eine Information handeln werde, so schien der Redebedarf der Anwesenden doch enorm. Der Antrag wurde von einer grossen Mehrheit genehmigt.
Die offiziellen Geschäfte
Die offiziellen Geschäfte waren der Jahresbericht 2023, die Jahresrechnung 2023 und die Ersatzwahl für die Rechnungsprüfungskommission (RPK).
– Beim Jahresbericht gab es ein paar Unstimmigkeiten über dessen Bekanntmachung. So wurde bemängelt, dass sich der volle Bericht nur im Internet finden lasse und somit in der «Güggelpost», der Zeitung der Reformierten Kirche Illnau-Effretikon, nicht vollständig sei. Die Kirchenpflege sagte, dass man so Akzente setzen wolle, dies aber nicht heisse, dass es Projekte gebe, die sich nicht bewährt hätten.
– Die Kirchgemeinde hat bei einem Gesamtaufwand von 2,6 Millionen einen Überschuss von rund 26’000 Franken erzielt, was einen Gewinn von 5650 Franken bedeutet. Die Gemeinde konnte 70’000 Franken sparen, hauptsächlich mit Personalkosten, die höher budgetiert waren. Gleichzeitig machte sie 50’000 Franken tiefere Einnahmen, unter anderem wegen der Abgänge in der Kirchgemeinde. Die Jahresrechnung wurde einstimmig angenommen.
– Markus Büchel trat als RPK-Mitglied zurück und wechselte ins Sekretariat. Deshalb wurde ein Ersatz für die restliche Amtsdauer bis 2026 gewählt. Ursprünglich hatte die Kirchenpflege Patrick Leemann vorgeschlagen. Zudem kandidierte Maxim Morskoi (SP), Mitglied des Stadtparlaments und ehemaliges Mitglied der parlamentarischen RPK. «Ich bin ein Freund der Demokratie und kandidiere, damit die Menschen wählen dürfen», sagte Morskoi. Er gewann mit 48 zu 35 Stimmen.
Das Projekt «Kirche am Weg» ist gestoppt
Im Frühjahr hatte die Kirchenpflege die Sitzbänke aus der Kirche Kyburg temporär entfernen lassen, damit diese zur «Kirche am Weg» umgestaltet werden könnte – eine Umnutzung, die mancher Person ein Dorn im Auge war.
Nur hatte die Kirchenpflege dafür kein Baugesuch eingereicht. Die Kirche ist denkmalgeschützt, und die kantonale Baudirektion hat einen Baustopp veranlasst. «Es sieht aus, als hätte man die Kirche verletzt, mir kamen die Tränen», erzählte eine Votantin. Und ihrer Meinung waren auch andere Anwesende.

Die Kirchenpflege sah sich mit vielen Vorwürfen konfrontiert, wie etwa, dass sie nicht zum Wohl der Gemeinschaft und rechtswidrig gehandelt habe, ohne die Gemeinde überhaupt zu konsultieren. «Es war nie unsere Absicht, gegen ein Recht zu verstossen. Ausserdem haben wir nichts beschädigt», sagte Patrick Stark, Präsident der Kirchenpflege.
Ambivalente Meinungen
Allein war Stark nicht. Es gab auch Stimmen, die den Umbruch in der Kirche Kyburg befürworteten. «Wir müssen Veränderungen zulassen können, und die Bänke waren sehr unbequem», sagte eine Anwesende.
Eigentlich hätte die «Kirche am Weg» im Mai wiedereröffnet werden sollen. Jetzt ist für das weitere Vorgehen ein Baugesuch eingereicht worden. «Das könnte aber lange dauern», sagte ein Votant. Ein solcher Prozess dauere nun mal.
Eine Anwesende, die sich während der ganzen Versammlung immer wieder kritisch äusserte, war die pensionierte Pfarrerin Elisabeth Wyss-Jenny. Kritisch war sie nicht nur bei der Kirche Kyburg, sondern auch bei anderen Entscheiden, die der Rat getroffen hatte: die neue Teilzeitstelle im Pfarramt, die Sanierung der Heizung beim Rebbuckzentrum – oder dass der Gottesdienst in der Kirche Kyburg eingestellt wurde. «Ich kritisiere das Vorgehen der Kirchenpflege. Die Gemeinde wird einfach über viel zu wenig informiert», sagte die ehemalige Pfarrerin.
Das führte dazu, dass sich auch andere Anwesende mit Wortmeldungen äusserten – oder mal den Kopf schüttelten. «Ich will nicht in einer Kirche dabei sein, die sich nicht an ihr Wort hält», sagte ein Votant.
Es braucht einen Diskurs, so oder so
Für den künftigen Umgang mit den drei anderen Kirchengebäuden – der Kirche Illnau, der Kirche Effretikon und der Kapelle Rikon – braucht die Gemeinde einen konkreten Ansatz. Der Unterhalt kostet zu viel, und die Einnahmen werden immer weniger, verschuldet durch den konstanten Rücktritt der Mitglieder, von dem viele Kirchgemeinden betroffen sind.
Mit dem Hagi-Areal, das 2021 gekauft wurde, werden ab August zwar Mieteinnahmen generiert, doch es muss eine langfristige Lösung her. Dafür hat die Gemeinde bereits Workshops mit verschiedenen Altersgruppen gemacht, um Ideen zu sammeln. Die Ausführung dieser wurde damals aber auch kritisiert.
Denn die Ansätze in diesen Workshops waren unter anderem die Umnutzungen der Kirchen, was viele der Mitglieder nicht hören wollen. Mit neuen Konzepten für Gottesdienste macht sich die Kirchenpflege in Illnau-Effretikon nicht nur beliebt, sondern musste bereits in der Vergangenheit mit dem Vorwurf umgehen, dass sich die Werte immer mehr von der Landeskirche entfernten.
Trotz kritischen Stimmen war die Kirchenpflege mit der Versammlung zufrieden. «Es war sehr lebendig. Das wird uns weiterbringen», sagte Kilian Meier, Finanzvorsteher der Kirchgemeinde.