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Blaulicht

Feuerwehrmann und Pilot aus Fehraltorf

So hat Michael Kuhn den Brand beim Flugplatz Speck in Fehraltorf erlebt

Als das Restaurant im Speck in Fehraltorf in Flammen stand, rückte er aus: Michael Kuhn, Feuerwehrmann und Präsident der Flugsportgruppe Zürcher Oberland. Ein Einsatz, der ihm in besonderer Erinnerung bleibt.

Michael Kuhn stand beim Brand auf dem Flugplatz Speck in Fehraltorf im Einsatz. Er erinnert sich dabei auch an emotionale Momente.

Foto: Simon Grässle

So hat Michael Kuhn den Brand beim Flugplatz Speck in Fehraltorf erlebt

Feuerwehrmann und Pilot aus Fehraltorf

Als das Restaurant im Speck in Fehraltorf in Flammen stand, rückte er aus: Michael Kuhn, Feuerwehrmann und Präsident der Flugsportgruppe Zürcher Oberland. Ein Einsatz, der ihm in besonderer Erinnerung bleibt.

Es war eine Nacht, die Flugfans, Besucher, Pächter und Besitzer des Restaurants im Speck sowie Feuerwehrmänner und -frauen zugleich erschütterte. Ein Brand zerstörte frühmorgens des 13. Julis das Gebäude des Restaurants auf dem Flugplatz in Fehraltorf vollständig.

Seit der Tragödie ist etwas Zeit vergangen. Einer Person wird die besagte Nacht jedoch noch lange präsent sein: Michael Kuhn. Der 47-Jährige war als stellvertretender Kommandant der Feuerwehr Fehraltorf einer der Ersten am Einsatzort. Ein Ort, der für ihn weit mehr ist als nur eine Einsatzadresse.

Ein Mann blickt zurück auf die Brandruine des Restaurants im Speck auf dem Flugplatz Speck in Fehraltorf.
Der Flugplatz Speck mit seinem Restaurant hat für Michael Kuhn eine besondere Bedeutung. Er blickt zurück auf die Nacht des Vollbrands.

Denn Kuhn ist nicht nur Teil der Feuerwehr Fehraltorf, sondern auch Präsident der Flugsportgruppe Zürcher Oberland. Diese betreibt den Flugplatz und ist Eigentümerin des Restaurants im Speck, das den Flammen zum Opfer fiel. Wie er den Einsatz trotz emotionaler Nähe meisterte, darüber spricht Michael Kuhn im Rückblick.

Der Pager schlägt Alarm

«Am Samstagabend besuchten meine Partnerin und ich mit dem Velo das Kino Open in Pfäffikon. Der Film endete zirka um Mitternacht. Der Nachhauseweg führte vorbei am Flugplatz Speck. Wir sahen noch Mitarbeitende des Restaurants im Speck draussen miteinander sprechen. Zu diesem Zeitpunkt rechnete ich nicht damit, dass ich hier wenig später als Feuerwehrmann im Einsatz stehen würde.»

Kuhn pausiert kurz, streicht mit den Fingerspitzen über seinen Arm; das Erlebte geht ihm noch immer sichtlich nahe.

«Ich kriege gerade etwas Hühnerhaut, wenn ich daran denke.»

Zurück zur Brandnacht. Es ist 3.02 Uhr, als Kuhn von seinem Pager aus dem Schlaf gerissen wird.

«Ich lese die Stichworte ‹Brand Restaurant Flugplatz, auf dem Flugplatz brennt es›. Allerdings wird der Standort des Weilers Speck angezeigt. Der geschriebene und der angezeigte Ort sind nicht identisch. Mir war klar: Entweder brennt etwas auf dem Flugplatz oder ein Wohngebäude ausserhalb. Es muss sich vermutlich um etwas Grösseres handeln. Ich habe keine Zeit, um mir gross auszumalen, was ich vor Ort antreffen werde. Alles geht Schlag auf Schlag.»

«Rasch stehe ich auf, gehe in die Garage, ziehe zügig meine Brandschutzkleidung an und fahre mit meinem privaten Auto Richtung Einsatzort. An diesem Wochenende sind sämtliche Bahnübergänge in Fehraltorf gesperrt, weshalb ich den Weg über den Landikreisel in Pfäffikon wähle. Auf der Fahrt treffe ich auf das Tanklöschfahrzeug unserer Feuerwehr, dem ich mich hinten anschliesse. Mein einziger Gedanke zu diesem Zeitpunkt ist: Was treffe ich vor Ort an, und welche Massnahmen müssen getroffen werden?»

Das Restaurant brennt lichterloh

«Auf der Höhe des Flugplatzes ist es stockdunkel; nur die Flammen beleuchten die Umgebung. Ich realisiere das Ausmass – das ist ein Vollbrand.»

Er weiss, dass er eine lange Nacht vor sich hat. Beim Flugplatz angekommen, beginnt das klassische Feuerwehrhandwerk, die Einsatzleitung übernimmt sein Kollege. Kuhn wirkt gefasst und spricht von den ersten Minuten des Einsatzes. Man spürt dabei, dass er ein Herz für den Flugplatz sowie für die Feuerwehr hat.

Ein Mann steht vor einem Flugzeug in einem Hangar.
Auf dem Flugplatz Speck kennt Michael Kuhn jede Ecke, was ihm beim Feuerwehreinsatz wiederum zugutekommt.

«Ich erkunde das Gelände. Mein Vorteil: Ich weiss, was sich wo auf dem Gelände befindet und was Priorität hat – weil ich hier praktisch zu Hause bin. Ich bin aber voll in meiner Rolle als Feuerwehrmann – jedoch etwas mit der Brille des Präsidenten des Flugplatzes. Das Feuer erreicht vom Restaurant im Speck aus langsam das Dach der Werkstatt. Auf der anderen Seite, beim Hangar Ost, öffne ich die Tore und überprüfe die Halle. Rauch ist noch keiner zu sehen. Danach spreche ich mich mit dem Einsatzleiter ab, setze ihn über die aktuelle Lage in Kenntnis, empfehle erste Massnahmen.»

Zeit, den Brand zu nahe an sich heranzulassen, bleibt ihm keine. Kuhn ist vollumfänglich im Feuerwehr-Modus angekommen.

Michael Kuhn in seiner Doppelfunktion im Portrait.
Mit der Feuerwehr Fehraltorf ist er hautnah bei den Löscharbeiten dabei.

«Aufträge werden verteilt – alle wissen, was sie zu tun haben. Mittlerweile trifft der Rettungsdienst und ein Team mit der Autodrehleiter der Feuerwehr Pfäffikon ein. Letzteres schützt zusammen mit einem Bodentrupp die Fliegerwerkstatt neben dem brennenden Restaurant. Die Flammen lodern hauptsächlich auf dem Dach des Restaurants. Das Innere haben sie noch nicht gänzlich erreicht, sodass ich mittels Atemschutzgerät kurz die Räume überprüfen kann. Ein Trupp beginnt umgehend mit den Löscharbeiten.»

Die Uhr zeigt 3.11 an. Seit der Alarmierung sind bis zu diesem Zeitpunkt gerade mal neun Minuten vergangen. Dann wird klar: Die Anzahl der Einsatzkräfte reicht nicht aus, um der Fläche des brennenden Dachs Herr zu werden. Kuhns Kollege löst den Grossalarm der Feuerwehr Fehraltorf aus. Die Feuerwehren von Uster, Hinwil und Volketswil unterstützen zusätzlich mit ihren Autodrehleitern. Währenddessen behält der Präsident der Flugsportgruppe sowie stellvertretender Feuerwehrkommandant den Hangar und die Werkstatt im Blick – in beiden Gebäuden stehen nach wie vor Flieger.

«Da wird mir klar: Wir müssen handeln. Die Gefahr, dass sich Teile des Werkstattdachs lösen könnten, ist gross. Herunterfallende Teile könnten den Flieger im Innern der Werkstatt beschädigen. Also gehen wir mit einem Trupp ins stark verrauchte Innere und bereiten uns vor, den Flieger herauszutragen.»

Kuhn weiss, dass sein Vorhaben heikel ist. Das Flugzeug ist teilweise demontiert, der Motor fehlt gänzlich, der Schwerpunkt hat sich dadurch verschoben. Ein einfaches Herausziehen des Fliegers ist nicht ohne Weiteres möglich.

«Lassen wir den Flieger fallen, ist er kaputt und wir könnten ihn gleich liegenlassen.»

Doch es klappt alles reibungslos – und es ist nicht der einzige Flieger, der vorsorglich in Sicherheit gebracht werden muss.

«Gegen 4 Uhr breiten sich die Flammen auch in Richtung Hangar aus. Darin stehen noch zehn Flugzeuge – die müssen wir schützen. Ich entscheide, die Flugzeuge raus auf die Piste schieben zu lassen.»

Ein Vorgehen, das den Einsatzkräften bekannt ist. Sind doch einige Angehörige der Feuerwehr – wie auch Kuhn – Piloten.

Der emotionalste Moment der Nacht

Als sich die Lage nach und nach entspannt, gibt es für Kuhn das erste Mal etwas Luft, das Ereignis gedanklich Revue passieren zu lassen. Er senkt die Stimme, als er sich daran erinnert. Die Augenbrauen heben sich leicht, die Worte wählt er mit Bedacht.

«Einerseits bin ich sehr dankbar, dass es keine Verletzte gibt. Andererseits geht mir der Gedanke durch den Kopf, was dies für Sabrina und Markus bedeutet – das Pächterpaar des abgebrannten Restaurants im Speck. Noch in der Nacht versuche ich, sie über den Vorfall zu informieren. Erst Anfang Jahr hatten sie den Betrieb übernommen. Ich war damals stark in den Prozess involviert und pflegte einen engen Kontakt zu den beiden. Noch wenige Tage vor dem Ereignis erhielt ich eine Mail, dass sie sehr zufrieden mit dem Start des Restaurantbetriebs waren. Der Verlust hat mir für sie extrem leidgetan. Als Sabrina und Markus sowie die Mitarbeitenden letztlich vor Ort auftauchen, gehen mir ihre Reaktionen sehr nahe. Es ist für mich der emotionalste Moment in dieser Nacht.»

Wehmut dürfte wohl der treffendste Begriff dafür sein, wie Kuhn sich beim Gedanken an jenen Moment fühlt. Weiter darauf eingehen will er aber nicht – auch aus Rücksicht auf die Betroffenen.

Die Speck-Familie rückt noch näher zusammen

«Mittlerweile ist es 5 Uhr, und wir haben den Brand unter Kontrolle. Damit beginnt eine weitere sehr aufwendige, kräftezehrende Arbeit. Wir müssen in den Dächern und Isolationen nach Glutnestern suchen, damit nicht nochmals Flammen auflodern. Zur Hilfe bieten wir einen sogenannten Greifbagger auf, um das Brandgut in Absprache mit den Brandermittlern abzutragen. Zwei Drohnenpiloten von Schutz & Rettung Zürich und der Kantonspolizei suchen mittels Infrarotkameras nach Glutnestern, um den Löschtrupps am Boden Anweisungen geben zu können. Die Löscharbeiten dauern am Sonntag bis in die frühen Nachmittagsstunden. Erst gegen 16 Uhr kann der Grossteil der Feuerwehrleute nach dem 13-stündigen Einsatz abrücken.»

Der Tag nimmt für Kuhn aber noch kein Ende. Es ist ihm ein grosses Anliegen, zu klären, wie es beim Flugplatz Speck mit dem Restaurant konkret weitergehen soll.

«Wir treffen uns abends von 21 bis 23 Uhr mit dem Verein Flugsportgruppe Zürcher Oberland zu einer ausserordentlichen Vorstandssitzung. Der gemeinsame Austausch hilft mir, das Geschehene zu verarbeiten. Auch der Adrenalinspiegel lässt langsam nach. Die nächsten konkreten Schritte, wie der Wiederaufbau des Restaurants gelingen kann, werden definiert. Deshalb kann ich am späten Abend auch mit einem guten Gefühl zu Bett gehen. Und so tragisch der Brand letztlich für alle Beteiligten ist: Das Ereignis hat die ganze Speck-Familie noch näher zusammengebracht.»

Wie geht es mit dem «Speck» weiter?

Nach dem Brand auf dem Flugplatz Speck verging keine Woche, bis die Pächter den Betrieb des betroffenen Restaurants im Speck und des «Windy Corner» wieder hochfahren konnten – vorübergehend in einem Zelt. Das niedergebrannte Gebäude wurde mittlerweile rückgebaut. Für die Eigentümerin, die Flugsportgruppe Zürcher Oberland, ist indessen klar, dass ein Neubau entstehen soll. Eine Arbeitsgruppe hat sich deshalb der Frage angenommen, wie das neue Gebäude aussehen soll.

Der Grundriss des Restaurants im Speck auf dem Flugplatz Speck in Fehraltorf.
Wo einst das Restaurant im Speck Flugbegeisterte empfing, ist heute nur noch der Grundriss zu erkennen.

Dieser gesamte Prozess dürfte Monate bis Jahre beanspruchen. Eine zweite Arbeitsgruppe kümmert sich deshalb um die Beschaffung eines Provisoriums, welches über die kalte Jahreszeit hinweg genutzt werden kann. Zurzeit befindet sich der Verein in Gesprächen mit potenziellen Anbietern für besagtes Provisorium. (jgu)

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