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Neuer Abschnitt für Handballerin

Zurück in der Heimat, ist sie doppelt gefordert

Nach fünf Jahren im Ausland spielt Kerstin Kündig wieder in der Schweiz. Für die Wetzikerin heisst das: Sie treibt neben ihrer sportlichen nun auch ihre berufliche Karriere vorwärts.

Kerstin Kündig ist im Schweizer Nationalteam seit Jahren eine Führungsfigur und trägt grossen Anteil am Aufschwung.

Foto: Keystone

Zurück in der Heimat, ist sie doppelt gefordert

Nach fünf Jahren im Ausland spielt Kerstin Kündig wieder in der Schweiz. Für die Wetzikerin heisst das: Sie treibt neben ihrer sportlichen nun auch ihre berufliche Karriere vorwärts.

Ihre Tage sind länger geworden, der Schlaf weniger. Gewöhnungssache, findet Kerstin Kündig. Und hält fest: «Es geht mir gut mit der Doppelbelastung.»

Fünf Jahre lang spielte die Wetzikerin in Deutschland und Dänemark. Der Handball stand im Zentrum ihres Lebens. Mit Bietigheim gewann die wohl prägendste Schweizer Handballerin des letzten Jahrzehnts den deutschen Meistertitel sowie den Cup, mit dem Thüringer HC triumphierte sie im Mai in der European League.

Es war der perfekte Schlusspunkt. Die 106-fache Nationalspielerin hatte sich schon zuvor entschieden, heimzukehren, um den beruflichen Einstieg zu realisieren. Jetzt wohnt sie wieder im Zürcher Oberland. In Pfäffikon hat sie alles, was sie schätzt. Mutter und Grossmutter wohnen hier, die Schwester ebenfalls in der Nähe. «Und man ist schnell in der Natur, um herunterzufahren.»

Seit dieser Saison steht Kündig bei GC Amicitia Zürich unter Vertrag. Die 32-Jährige ist damit wieder in der höchsten heimischen Liga engagiert, in der sie schon weit über 200 Spiele absolviert und mehr als 850 Tore erzielt hat.

Handball ist indes nicht mehr ihr Beruf. Kündig, die einen Masterabschluss an der ETH in Medizintechnik machte, ehe sie den Schritt ins Ausland unternahm, arbeitet als Datenanalystin bei einer Versicherung. Und sagt übers 80-Prozent-Pensum mit einem Lachen: «Das ist ‹vörig› genug.»

Der vorläufige Höhepunkt

Seit dem Saisonbeginn Ende August ist Kündig ebenfalls sportlich gefordert. Mit dem Klub ist sie in drei Wettbewerben dabei. Dazu standen Spiele mit dem Schweizer Nationalteam in der EM-Qualifikation an. Die Schlagzahl bleibt in den nächsten Wochen hoch.

Vier Meisterschaftspartien stehen in 18 Tagen für GC Amicitia Zürich auf dem Programm. Am 17. November beginnt für Kündig die Vorbereitung auf die Weltmeisterschaften. Erstmals haben sich die Schweizer Frauen für die WM qualifiziert. Es ist der vorläufige Höhepunkt einer enormen Entwicklung. 2022 feierten die Schweizerinnen ihre EM-Premiere, zwei Jahre später überstanden sie erstmals eine EM-Vorrunde. Nun wartet ab dem 27. November die WM-Feuertaufe.

«Wir sind an einem Punkt, von dem man sich vor zehn Jahren nicht vorstellen konnte, zu sein. Es macht Spass, Teil davon zu sein», sagt Kündig. Sie blickt positiv in die Zukunft, glaubt aber: «Die Schritte werden viel kleiner.»

Beim Aufschwung des Nationalteams spielte Kündig eine zentrale Rolle. Kein Wunder, bezeichnete GC Amicitia Zürich ihren Zuzug als Coup. Im Klub ist die Rückraumspielerin umgeben von vielen sehr jungen Handballerinnen.

Es ist eine Situation, die Kündig in der Landesauswahl in ähnlicher Form erlebte. Speziell unter Druck sieht sich die Kapitänin des Nationalteams aufgrund ihrer Rolle als Aushängeschild und Hoffnungsträgerin nicht. Für sie hat es mit der grundsätzlichen Einstellung zu tun. «Wenn man etwas als Herausforderung ansieht und nicht als unüberwindbare Hürde, kommt es gut», ist sie überzeugt.

Mit Erwartungen hat Kündig schon in ihren sechs erfolgreichen Saisons beim LC Brühl umgehen müssen, nicht erst im Ausland. «Da aber habe ich extrem gelernt, dass ich als Sportlerin so viele Dinge nicht beeinflussen kann.» Kündig sagt: «Je stärker man sich auf sich selbst konzentriert, desto einfacher ist es.» Und am Schluss sei Handball noch immer ein Spiel. «Du kannst es gewinnen, du kannst es verlieren.»

Lange weg, schnell drin

Fünf Jahre war Kündig weg. Das ist eine lange Zeit. Und trotzdem hat sie nach ihrer Rückkehr festgestellt: «Man ist schnell wieder drin.» Privat und sportlich.

Die Spielerinnen in der Liga dürften in der Zwischenzeit tendenziell im Schnitt jünger geworden sein. Kündig trifft in den Hallen derweil auf viele bekannte Gesichter. Langjährige Funktionäre, aber auch Personen auf den Zuschauerrängen. Diese sind in der Schweiz spärlicher besetzt als in Dänemark und Deutschland.

Letzte Saison verfolgten durchschnittlich 1200 Fans die Spiele in der 1. Bundesliga. In der höchsten Schweizer Liga waren es fast fünfmal weniger. Überraschend ist das nicht. Der Stellenwert des Handballs in Deutschland und Dänemark ist deutlich höher als hier.

«Schon beim Aufwärmen herrscht eine gute Stimmung in der Halle, alle tragen ein Fan-Shirt», sagt Kündig. Sie hat die Handballbegeisterung und die vollen Hallen genossen. Und wertet dies im Rückblick sehr hoch, wie sie sagt: «Ich würde die Atmosphäre gar über die gewonnenen Titel stellen.»

Bei GC Amicitia Zürich hat sie für eine Saison mit der Option auf eine Verlängerung unterschrieben. «Einen Zehnjahresplan habe ich keinen mehr», sagt sie und lacht. Wie lange sie noch weiterspielt, macht Kündig primär von der Gesundheit und der Freude abhängig. Stand jetzt gilt: «Es geht mir gut und macht mir Spass.»

Mit GC Amicitia Zürich hat sie einen starken Saisonstart hingelegt. «Ich bin überzeugt, wir können mit der Mannschaft etwas gewinnen», sagt sie. Die WM ist zugleich ein weiterer Karrierehöhepunkt – dafür nimmt Kündig gerne intensive Tage in Kauf.


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