Brief von Natalie Rickli wirbelt vor Abstimmung um GZO Spital Staub auf
Kurz vor der Abstimmung über die Aktienkapitalerhöhung zur Rettung des GZO Spitals Wetzikon führt ein Schreiben der Gesundheitsdirektorin bei Aktionärsgemeinden zu Verunsicherung.
Der 30. November ist ein schicksalhafter Tag für das GZO Spital Wetzikon. Dann stimmen die Aktionärsgemeinden, denen das Spital gehört, darüber ab, ob sie ihm die dringend benötigte Kapitalerhöhung über 50 Millionen Franken gewähren wollen. Ein wichtiger Schritt, damit das Spital mit seinem Sanierungsplan vorwärtsmachen kann. Seit Dezember 2024 befindet es sich in der definitiven Nachlassstundung.
Bereits im Juni stimmten drei der insgesamt zwölf Gemeinden der Kapitalerhöhung zu. Die Gemeinderäte von Rüti und Bubikon hingegen lehnen die finanzielle Unterstützung des angeschlagenen Spitals ab. Nun muss das Stimmvolk von Rüti und Bubikon sowie das der restlichen sieben Gemeinden an der Urne entscheiden.
Dokumente geleakt
Doch kurz vor der Abstimmung wirft ein Schreiben der Gesundheitsdirektion (GD) hohe Wellen. Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (SVP) adressiert darin die Aktionärsgemeinden des Spitals. Das Schreiben, deren Echtheit die GD bestätigt, wurde der Redaktion anonym zugestellt, ebenso wie der darauf folgende, interne Schriftverkehr zwischen den Gemeinden Bubikon, Rüti, dem Ausschuss der Aktionärsgemeinden sowie der Spitalleitung.
Darin wird klar: Die Gesundheitsdirektion hat den Eindruck, aufgrund der Berichterstattung im «Zürcher Oberländer», die Leitung des Spitals Wetzikon habe die Aktionärsgemeinden nicht ausreichend informiert. Und damit würde «auch die Stimmbevölkerung heute nicht über entscheidende lnformationen bezüglich der Realisierbarkeit des aktuellen Sanierungsplans verfügen», heisst es im Schreiben vom 11. November. Auf Anfrage erklärt die GD, das Schreiben richte sich an die Gemeinden, entsprechend werde es nicht in den Medien kommentiert.
GZO sondiert beim Kanton
Wie aus dem Brief weiter hervorgeht, war das GZO vor den Sommerferien mit einem alternativen Sanierungskonzept beim Amt für Gesundheit (AFG) vorstellig geworden. Konkret ging es dabei um zusätzliches Fremdkapital, das unter anderem die Fertigstellung des Neubaus sichern solle. Bei der Vorstellung des geschärften Sanierungskonzepts sprachen die Verantwortlichen davon, dass diese Finanzierung «nur unter der Bedingung gelingen würde, dass der Kanton mittels Garantie eine Besicherung des neuen Fremdkapitals übernehmen würde».
Unabhängig davon sprachen Verwaltungsratspräsident Andreas Mika und Spitaldirektor Hansjörg Herren in einem Interview mit dem «Zürcher Oberländer» Anfang November über zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten und Gespräche mit möglichen Geldgebern.
Doch die Besicherung dieses Darlehens sei noch ungeklärt.
Gesundheitsdirektion mahnt zur Transparenz
Zur Garantiefrage wird Rickli in ihrem Schreiben deutlich: Das Spital werde weiterhin nicht als «unverzichtbar» eingestuft. Der Kanton werde eine finanzielle Unterstützung «weder in Form eines Darlehens noch in Form einer Garantie» übernehmen. «Dies gilt auch für den Fall, dass das GZO nach erfolgreicher Abstimmung Ende November mit erneuten Forderungen an den Regierungsrat gelangt», schreibt Rickli.
Interessant ist, dass das AFG dem Spital anbot, diese Aussage schriftlich festzuhalten. Unter der Bedingung, dass die Aktionärsgemeinden das Schreiben in Kopie erhalten. Gemäss Rickli lehnte das GZO ab, da die Gemeinden über den alternativen Sanierungsplan noch nicht informiert seien.
In aller Deutlichkeit verweist die Gesundheitsdirektorin darauf, dass bereits dazumal Jörg Gruber von der GD den Spitaldirektor Hansjörg Herren darauf hingewiesen habe, «die Gemeinden rechtzeitig über derartige Vorgänge zu informieren und Fehler beziehungsweise entsprechende Unterlassungen der Vergangenheit nicht zu wiederholen».
Irritation bei Bubikon und Rüti
Warum also informierte die Spitalleitung die Aktionärsgemeinden vorab nicht über das Treffen und den alternativen Sanierungsplan?
Das Gespräch mit der Gesundheitsdirektion im Sommer habe keinen Einfluss auf die Abstimmungen vom 30. November 2025, heisst es beim GZO. Denn für die in der Abstimmungsvorlage beschriebene Basisvariante des Sanierungskonzepts sei eine Fertigstellung des Neubaus nicht notwendig. «Alle Informationen zur Realisierung des aktuellen Sanierungsplans liegen den Aktionärsgemeinden und der Stimmbevölkerung vor», heisst es beim GZO.
Klar ist, Ricklis Schreiben löste bei den Gemeinden Rüti und Bubikon «Erstaunen» aus, wie aus einem weiteren Brief an den Ausschuss der Aktionärsgemeinden hervorgeht. Sie lehnen die Kapitalerhöhung ab und schreiben: Die GZO AG würde Aktivitäten vorantreiben, «über welche wir als Aktionärsgemeinden offiziell informiert sein müssten, es trotz anderslautenden Beteuerungen seitens GZO AG jedoch nicht sind». Ein Fragenkatalog, den Rüti und Bubikon ans GZO richten, wird in einem anderen Schreiben von der Spitalleitung beantwortet.
Abstimmung nicht tangiert
Aufhorchen lässt darin eine Antwort: Am 5. September sei der Ausschuss der Aktionärsgemeinden informiert worden – rund zwei Monate nach den Gesprächen und der Absage des Kantons.
Der Ausschuss vertritt die Interessen aller zehn Aktionärsgemeinden, die die Kapitalerhöhung zur Annahme empfehlen. Er setzt sich zusammen aus Wetzikon, Hinwil, Grüningen, Bäretswil und Gossau.
Doch anstatt die anderen Gemeinden zu informieren, ersuchte er das GZO, «eine detaillierte Vorstellung erst nach der Abstimmung vom 30. November 2025 vorzulegen». Da die Inhalte nicht abstimmungsrelevant seien. «Ende November wird nur über die Basisvariante des Sanierungskonzepts abgestimmt. Die Fertigstellung des Neubaus ist nicht Teil der Abstimmungsvorlage», sagt Pascal Bassu (SP), Stadtpräsident von Wetzikon und Vorsitzender des Ausschusses.

Abgestimmt wird in den neun Gemeinden über mehr Kapital, das wiederum eine von drei Säulen des Sanierungsplans ist – nicht den Sanierungsplan selbst. Bassu erklärt, damit wurde auch eine breite Information innerhalb der Aktionärsgemeinden hinfällig.
Rütis Gemeindepräsidentin Yvonne Bürgin (Die Mitte) – seit Ende Januar nicht mehr in dem Gremium vertreten – bedauert es, nicht informiert worden zu sein und nur noch aus den Zeitungsberichten an Neuigkeiten zu gelangen. «Über das alternative Sanierungskonzept haben wir aus ZO-Artikeln und den öffentlichen Informationsanlässen erfahren.»

Überrascht von Ricklis Schreiben, wollte sie beim GZO und dem Aktionärsausschuss nachfragen, ob sich die Fakten vor der Abstimmung geändert hätten. «Die Antworten, dass dem nicht so ist, haben wir zur Kenntnis genommen», erklärt die Nationalrätin.
Gläubiger entscheiden 2026
Die Vorgänge gar nicht kommentieren will Bubikons Gemeindepräsident Hans-Christian Angele (FDP). Und auch wie das Schreiben in den übrigen Gemeinden aufgenommen wurde, bleibt unklar. Entsprechende Anfragen bleiben unbeantwortet, oder es wird auf den Ausschuss verwiesen.
Klar ist hingegen, dass die Gemeinde Bubikon den Bezirksrat um eine Stellungnahme bezüglich einer möglichen Stimmrechtsbeschwerde gebeten hat, wie aus der gemeinsamen Mail von Bubikon und Rüti hervorgeht. Eine Rückmeldung des Bezirksrats sei noch ausstehend.
Ob die Stimmbevölkerung in den neun Gemeinden am 30. November zugunsten des Spitals entscheidet, wird sich zeigen. Doch selbst wenn sie der Kapitalerhöhung grünes Licht geben, wird ihr Geld erst bei einem Ja der Gläubiger zum Nachlassvertrag fliessen. Dieser besagt, wie hoch der Schuldenschnitt für die Gläubiger und damit ihr Beitrag am Sanierungskonzept ausfallen wird. Momentan stehen 65 bis 70 Prozent im Raum. Die Abstimmung der Gläubiger über den Nachlassvertrag wird allerdings erst im Frühjahr 2026 stattfinden.