Das sind die wichtigsten Entscheide und Infos der GZO-Gläubigerversammlung
Sachwalter bleiben
Die Gläubiger des GZO Spitals Wetzikon hatten an einer Versammlung die Möglichkeit, den weiteren Verlauf der Spitalrettung zu beeinflussen. Wir fassen die wichtigsten Punkte zusammen.
Darum ging es
Am 8. September fand im Stadthofsaal in Uster die Gläubigerversammlung des GZO Spitals Wetzikon statt. Diese ist gesetzlich vorgeschrieben, weil sich das Spital seit Dezember 2024 in der definitiven Nachlassstundung befindet. Erst ging das GZO letztes Jahr in die provisorische Nachlassstundung über, weil es eine Anleihe über 170 Millionen Franken nicht zurückzahlen konnte. Seither arbeiten die Spitalverantwortlichen an einem Rettungsplan.
>> Lesen Sie hier, was bisher in der Wetziker Spitalkrise passiert ist.
Die Versammlung diente nun dazu, die Gläubiger über den aktuellen Stand des Nachlassverfahrens und das Sanierungskonzept zu informieren. Zudem konnten die Gläubiger erstmals massgebend Einfluss auf den weiteren Verlauf nehmen. So war einerseits die Absetzung der bisherigen Sachwalter traktandiert – was bereits im Vorfeld heiss diskutiert worden war. Brigitte Umbach-Spahn und Stephan Kesselbach von der Kanzlei Wenger Plattner betreuen die Ausarbeitung der Rettungspläne und beaufsichtigen zudem den Spitalbetrieb. Andererseits stand die Wahl eines Gläubigerausschusses zur Debatte.
Anwesend oder vertreten waren über 500 Gläubiger, darunter je ein Stimmrechtsvertreter des GZO und des Investmentfonds Clearway Capital. Gewählt wurde nach gesetzlicher Vorgabe pro Kopf und nicht nach vertretenem Kapital.
Darüber informierten die Sachwalter
Mitte Juni war klar geworden, dass das Bezirksgericht Hinwil dem Spital ein weiteres Jahr einräumt, um die Sanierung weiterzuverfolgen. Die Gründe für diesen Entscheid erläuterten die Sachwalter Brigitte Umbach-Spahn und Stephan Kesselbach.
Gründe der Verlängerung
Das Spital ist nach wie überschuldet. Zudem ist aus Sicht der Sachwalter sowie des Gerichts das bestehende Sanierungskonzept dafür geeignet, eine nachhaltige finanzielle Sanierung zu erreichen. Ein Konkurs wird die Gläubiger hingegen schlechterstellen. Diesen wollte der Investmentfonds Clearway Capital gar gerichtlich erzwingen, wurde vom Gericht jedoch abgewiesen.
Der operative Betrieb, der von den Sachwaltern beaufsichtigt wird, trägt sich selbst und wird stark reguliert fortgeführt. Das sei auch eine der wesentlichen Herausforderungen dieser Nachlassstundung. «Den Spitalbetrieb weiterhin sicherzustellen, ist weiterhin zentral», sagte Umbach-Spahn. Aus ihrer Sicht gefährdet dies keineswegs die Interessen der Gläubiger.
Damit die angestrebte Sanierung gelingen kann, ist der Beitrag der Eigentümer – sprich der zwölf Aktionärsgemeinden – entscheidend. Der politische Prozess braucht jedoch viel Zeit, neun Gemeinden werden erst Ende November über die Aktienkapitalerhöhung befinden. Insgesamt sollen durch alle Beiträge 50 Millionen Franken zusammenkommen. Auch deshalb wurde die definitive Nachlassstundung verlängert. Die Zeit soll dafür genutzt werden, das Sanierungskonzept zu optimieren, weiterzuentwickeln und zu schärfen.
Honorarkosten und Gerichtsfälle
Neben den Gründen für die Verlängerung gingen die beiden zudem auf ihre Rollen ein, wiederholten für die Anwesenden ihre Funktion und ihre Tätigkeit. Auch legten sie ihre Honorare offen. Diese hat das Gericht definiert. Sie betragen 420 Franken pro Stunde.
Umbach-Spahn und Kesselbach informierten zudem über zahlreiche Gerichtsverfahren. Im Zusammenhang mit dem unfertigen Neubau konnten 40 Verfahren mit Bau- und Subunternehmern auf 13 reduziert werden. Aber auch Clearway Capital, mit einem Anteil von 6,56 Prozent der 170-Millionen-Anleihe, hatte mehrere Verfahren angestrebt.
Neben dem gescheiterten Versuch, den Konkurs zu eröffnen, sollten die Sachwalter aufgrund von Befangenheit abgesetzt werden – ohne Erfolg. Aber auch die Aufforderung von Umbach-Spahn und Kesselbach, die Anleihetitel im Rahmen des Schuldenrufs zu hinterlegen, akzeptierte der Investmentfonds nicht. Ein noch nicht rechtskräftiges Urteil des Obergerichts stützt jedoch den ursprünglichen Entscheid. «Das gewählte Vorgehen sei für einen verlässlichen und effizienten Ablauf der Nachlassstundung geeignet und erforderlich», zitierte Umbach-Spahn aus dem Schreiben.
Den Entscheid, die an der Börse gehandelten Titel einzuliefern, habe man sich damals alles andere als einfach gemacht. Allerdings habe man nur auf diesem Weg Gewissheit, wer die einzelnen Anleihegläubiger und wie hoch ihre jeweiligen Forderungen seien.
Das sagte das GZO zum Sanierungsplan
Der Spitalbetrieb läuft. Und ist auf Kurs. Damit lassen sich die Ausführungen von Spitaldirektor Hansjörg Herren zusammenfassen.
Halbjahreszahlen
Auf das Halbjahresergebnis blickt Herren positiv. Er hebt vor allem die Einsparungen im Sachaufwand hervor. Budgetiert waren Ausgaben von 24,8 Millionen, ausgegeben wurden bisher nur 23 Millionen Franken.
Die im Gesundheitswesen viel beschworene und zitierte Ebitda-Marge – also der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen – beträgt 4,3 Prozent und liegt damit auf Vorjahresniveau. Der Zielwert der Zürcher Gesundheitsdirektion liegt bei 8 Prozent.
6022 stationäre Patienten konnte das Spital von Januar bis August dieses Jahrs behandeln und liegt damit 3,6 Prozent über dem Vorjahr. Der Ertrag bei den ambulanten Patienten entspricht mit 30,3 Millionen Franken den Erwartungen aus dem Budget.
Verworfene Sanierungsvarianten
Es war anschliessend an Finanzchef Daniel Müller, auf verworfene Sanierungsvarianten zu sprechen zu kommen:
- Eine Verlängerung der Laufzeit der Anleihe, wie ganz zu Beginn von einer Minderheit der Anleihegläubiger vorgeschlagen? Nicht nachhaltig, keine Lösung für das Bilanzproblem, schiebt das Problem nur in die Zukunft.
- Mehr Geld von den Gemeinden? Bereits jetzt sind 50 Millionen Franken für die Gemeinden, die keine grossen Städte sind, ein grosser Betrag. Nicht unumstritten – zwei von zwölf Exekutiven lehnen die Aktienkapitalerhöhung ab –, aber letztlich finanziell und politisch stemmbar.
- Neuer Eigenkapitalgeber? Auch jetzt will der ursprüngliche Investor, den das GZO an der Hand hatte, nicht mehr an Bord kommen.
- Anpassung des Geschäftsmodells? «Wenn es so einfach wäre, hätten wir das längst gemacht», erklärte Müller.
- Alternative Rechtsstruktur, sprich Gründung einer Auffanggesellschaft? Wäre vernünftig und naheliegend, nur: «Wir haben die Antwort der Gesundheitsdirektion auf eine Anfrage vorliegen, in der es heisst, dass sie über die Leistungsaufträge einer Auffanggesellschaft neu entscheiden müsse und sich zudem auch andere Spitäler offen um diese bewerben könnten.» Dies könnte zu massiver Verunsicherung im Spitalbetrieb führen.
- Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital, der sogenannte Debt-Equity-Swap? Der Vorschlag einer Übernahme durch Evolva, hinter der wiederum Clearway Capital stand, wurde von den Eigentümern deutlich abgelehnt.
Fertigstellung Neubau
Am meisten interessierte jedoch, was Verwaltungsratspräsident Andreas Mika über den geschärften Sanierungsplan zu sagen hatte. Schliesslich hat das Spital bereits in den letzten Monaten klare Rückmeldungen bekommen, dass der Schuldenschnitt zu hoch ist.
«Wir müssen diverse, sich zum Teil widersprechende Interessen in Einklang bringen, um ausreichend Stimmen für den Nachlassvertrag im Frühjahr 2026 zu sichern. Nur, wir können keine Wunder vollbringen», erklärte Mika.
Kurz und bündig geht es darum: Eine Möglichkeit suchen, um die Fertigstellung des Neubaus vorzuziehen. Ins Detail ging Mika dabei nicht. Er versprach eine Information im Oktober, welche juristisch so ausgearbeitet sein soll, dass sie die Urnenabstimmungen in den Aktionärsgemeinden nicht tangiert.
Wie soll die Fertigstellung des Neubaus einen besseren Schuldenschnitt begünstigen? Zwischen den Zeilen geht es wohl darum, mit einem fertigen Neubau bessere Verhandlungen und Gespräche für die Zukunft, auch was einen möglichen Spitalverbund betrifft, führen zu können. Klarere Zuständigkeiten, Ideen, wer den Neubau im Verbund wie bespielt, könnten für eine bessere finanzielle Situation sorgen. Eine neue Komponente soll die Barauszahlung an die Gläubiger ergänzen und den Schuldenschnitt vermindern. Aufgrund noch fehlender Details bleibt viel Spielraum für Spekulationen und Interpretationen.
Bekannt ist: Im aktuellen Sanierungskonzept ist vorgesehen, dass etwa 20 Millionen Franken – eingeschossen per Aktienkapitalerhöhung der Gemeinden – für die Fertigstellung der Gebäudehülle inklusive haustechnischer Basisausstattung benötigt werden.
Das wurde entschieden
Nach stundenlanger Debatte und emotionalen Voten folgten letztlich mehrere Abstimmungen.
Pro Status quo
Der Gläubiger von Clearway Capital hatte beantragt, die beiden Sachwalter durch den Zuger Rechtsanwalt Michael Endres zu ersetzen. Das Vorhaben blieb chancenlos. Mit 319 zu 164 Stimmen und 20 Enthaltungen, die als Nein-Stimmen zählten, sprachen sich die Gläubiger klar für die bisherigen Sachwalter aus.
Es blieb allerdings nicht der einzige Antrag, der auf Brigitte Umbach-Spahn und Stephan Kesselbach abzielte. Vor der Abstimmung verlangte ein Anleihegläubiger mit offenen Forderungen von 20’000 Franken ihren freiwilligen Rücktritt. Diese lehnten ab.
Nachdem sich die Versammlung für Umbach-Spahn und Kesselbach ausgesprochen hatte, stellte die Gruppe um Clearway Capital einen weiteren Antrag. Der Zuger Rechtsanwalt sollte nun nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung gewählt werden. Die stimmberechtigten Gläubiger wiesen dies mit 321 zu 135 Stimmen und bei 39 Enthaltungen ebenfalls deutlich ab.
Neu eingesetzter Gläubigerausschuss
Einig waren sie sich bei der Frage, ob sie einen Gläubigerausschuss ins Leben rufen möchten. Dieser beaufsichtigt die Sachwalter und kann Empfehlungen aussprechen. Im Gegenzug informieren die Sachwalter regelmässig über den aktuellen Stand des Sanierungskonzepts.
Das Gremium setzt sich für die Interessen der Gläubiger ein, weshalb die gewählten Vertreterinnen und Vertreter die verschiedenen Gläubigergruppen angemessen repräsentieren sollten. Im Fall des GZO sind dies Anleihe- und Finanzgläubiger, Mitarbeitende, Lieferanten und Zuweiser. Zur Debatte stand, ob das Gremium aus fünf oder sieben Personen zusammengesetzt sein soll. Die Gläubiger sprachen sich für die kleinere Variante aus.
Zur Wahl stellten sich sieben Personen, vier von Clearway Capital vorgeschlagen. Zwei Kandidaten wurden vom Investmentfonds aber zurückgezogen. Das Gremium setzt sich nun wie folgt zusammen: Maurice Faesch (Finanzgläubiger), Markus Eberle (Anleihegläubiger), Marc Meili (Anleihegläubiger), Markus Karzig (Hausarzt/Zuweiser) und Alexandra Kochanowski (Mitarbeitende).