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Gesellschaft

Neues Buch von Otto Brändli

Oberländer Chefarzt zieht Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg fürs Heute

Leben in Krisenzeiten: Das jüngste Werk des Oberländers Otto Brändli nimmt im Zweiten Weltkrieg seinen Anfang und landet beim jüngsten russischen Angriffskrieg.

Otto Brändli, ehemaliger Chefarzt der Höhenklinik Wald, beschäftigt sich in seinem neusten Buch auch mit aktuellen Sicherheitsfragen.

Foto: Christian Brändli

Oberländer Chefarzt zieht Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg fürs Heute

Neues Buch von Otto Brändli

Was Kartoffeln und eine starke Armee gemeinsam haben: Der einstige Walder Lungenarzt Otto Brändli schlägt den Bogen von seinem Geburtsjahr 1942 zur Gegenwart.

«Für die Buchhandlungen wird das ganz schwierig», meint Otto Brändli auf die Frage, wo sein jüngstes Buch «Als die Schweiz über sich hinauswuchs – Geboren im Zweiten Weltkrieg» einzureihen ist. Der bald 83-Jährige war von 1977 bis 2007 Chefarzt der damaligen Höhenklinik Wald. Sein neustes Werk bezeichnet er als persönliches Sachbuch.

Und im ganz Persönlichen nimmt es auch seinen Anfang. Nämlich mit der Frage, wie seine Eltern ihn mitten im Zweiten Weltkrieg zur Welt bringen konnten? In einer Zeit voller Unsicherheit. «Doch meine Eltern hatten offenbar Hoffnung, dass sie es schaffen können», meint Brändli. Sie seien gut informiert gewesen und hätten zum Zeitpunkt seiner Zeugung um die Jahreswende 1941/1942 mitbekommen, dass der Krieg eine Wende genommen habe. Der deutsche Vormarsch wurde vor Moskau gestoppt, und zudem traten die USA in den Krieg ein. Das habe Zuversicht verschafft.

Vor allem aber waren seine Eltern im Juli 1941 vom Gemeinderat in Bauma als Heimeltern des Altersheims Böndler gewählt worden, nachdem der Vorgänger an Tuberkulose verstorben war.

Ein Mann steht neben einer Hinweistafel vor einem Altersheim.
Leben in schwierigen Zeiten: In seinem jüngsten Buch schlägt Otto Brändli den Bogen vom Baumer Altersheim Böndler (im Bild), wo er aufwuchs, zur krisengeschüttelten Welt heute.

Damit hatten sie eine gesicherte Anstellung und erstmals auch eine gemeinsame Wohnung. Als Landwirt war Brändlis Vater zwischendurch auch vom Aktivdienst beurlaubt worden. Und so kam Klein Otto am 17. September 1942 auf die Welt und zu seiner Heimat im Tösstal.

Persönliches und Zeitzeugen

Über seine Jugendzeit im Altersheim und später seine beruflichen Erfahrungen in New York und der Schweiz sowie auf dem «Zauberberg» ob Wald hat Otto Brändli seit 2019 in mehreren literarischen Büchern schon berichtet. Dem Jetzt gewidmet sind sein «Corona-Tagebuch» und sein «Ukraine-Tagebuch». Mit dem jüngsten, gut 200 Seiten starken Buch schlägt er nun den Bogen von seiner frühen Kindheit in die heutige Zeit. Damals wie heute eine von Kriegen geschüttelte Welt.

Zu Wort kommen auch zwölf Zeitzeugen von damals, zum Teil Verwandte und deren Bekannte, zum Teil Freunde. Mit diesen Texten möchte Brändli die Entbehrungen und das Leiden von damals plastisch aufzeigen. «Die Jungen von heute haben gar keine Vorstellung davon, was Krieg bedeutet», meint der Buchautor. Noch bis 2023 war der Lungenspezialist immer wieder als Arzt tätig. «In der jüngsten Steuererklärung habe ich erstmals ‹Buchautor› als Berufsbezeichnung eingetragen», meint er mit einem Schmunzeln.

Frauen Sicherheit verleihen

Wie Brändli beobachtet hat, führt die fehlende persönliche Erfahrung mit Krisensituationen gerade bei Frauen zu grosser Angst. «Ich möchte den Frauen mehr Sicherheit geben, wie sie in Krisen bestehen können», umschreibt der nun endgültig pensionierte Arzt seine Motivation für das jüngste Buch.

Als ein probates Mittel hat er den «Service citoyen» ausgemacht. Über die Initiative zur Einführung eines solchen Diensts für Frauen und Männer soll Ende dieses Jahrs abgestimmt werden. Sie verlangt, dass jeder junge Mensch als Teil der Grundausbildung einen zeitgemässen Einsatz zugunsten der Allgemeinheit und der Umwelt leistet, sei es in Armee, Zivilschutz, Zivildienst oder in einem anderen Milizbereich. «Ich will mit meinem Buch im Abstimmungskampf helfen», hält Brändli fest, der vor zwei Jahren erstmals einer Partei beigetreten ist, der GLP.

Ein Mann posiert mit einem Buch.
Mit dem Buch «Als die Schweiz über sich hinauswuchs» will Otto Brändli unter anderem die Debatte über den «Service citoyen» anregen.

Und so schneidet er im Buch denn auch einige Themen an, die diese Partei und eben auch ihn selbst besonders beschäftigen: die Klimaerwärmung, die Landesversorgung, den inneren Zusammenhalt, Pandemien, aber auch Migration, Medienkonsum und Sicherheit, immer wieder und vor allem Sicherheit.

Liebe zu Kartoffeln ist geblieben

Der einstige Militärarzt im Rang eines Oberstleutnants plädiert für eine rasche Wiederausrüstung der Armee, eine Integration der Schweiz in Europa mit einer flexiblen Neutralität und Kooperationen. Und auch für eine sichere Lebensmittelversorgung.

Am Schluss seines neuen Buchs führt Brändli einen ganzen Katalog von Diskussionsvorschlägen an. Er will diese explizit nicht als Ratschläge verstanden wissen, aber immerhin als Anregungen. Denn hier drückt der Arzt bei ihm durch: «Ich möchte ja nicht nur Medikamente abgeben, sondern auch die Lebensweise beeinflussen.»

«Kartoffeln und Gemüse selbst pflanzen und lagern können» lautet der erste Punkt. Die Anbauschlacht während des Zweiten Weltkriegs hat den Oberländer geprägt. Auf dem Umschlag seines Buchs prangt denn auch ein Bild vom Zürcher Sechseläutenplatz, der zu einem Kartoffelacker umfunktioniert wurde.

Kann er bei so vielen Kartoffeln in seiner Jugend dieser Hackfrucht noch etwas abgewinnen? «Kartoffelstock mit einem Seeli ist noch heute meine Leibspeise», betont Brändli. Doch es geht ihm nicht nur um die persönliche Vorratshaltung, sondern auch um eine nachhaltige und vielfältige Landwirtschaft.

In der 14 Punkte umfassenden Liste mit dem Titel «Was können wir alle tun» figuriert ganz am Schluss «unsere Jungen trotz Sorgen und Ängsten zuversichtlich in die Zukunft blicken lassen». Damit schliesst er wieder bei den Gedanken an, die damals seine Eltern bei der Familiengründung beschäftigt hatten – und zu einem auch für Otto Brändli positiven Ergebnis geführt haben.

Das Buch «Als die Schweiz über sich hinauswuchs – Geboren im Zweiten Weltkrieg» von Otto Brändli ist in der Edition Königstuhl erschienen. Es kann über die Internetbuchhandlung von Therese Brändli (info@buchland.ch) für 25 Franken plus Versandkosten bestellt werden.

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