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Gesundheit

Er leitete über 30 Jahre die Geschicke am Faltigberg

In seinem Buch steht alles, was man über eine der bekanntesten Rehakliniken des Kantons wissen sollte.

Otto Brändli, ehemaliger Chefarzt der Höhenklinik Wald, hat ein Buch über seine frühere Wirkungsstätte geschrieben.

Foto: PD

Er leitete über 30 Jahre die Geschicke am Faltigberg

Dr. Otto Brändli

Von 1977 bis 2007 war der Lungenspezialist Otto Brändli als Chefarzt der Höhenklinik Wald tätig. Nun hat er mit dem Buch «Der Zauberberg in Wald» ein Sachbuch und eine Biografie in einem veröffentlicht.

Für einen 80-jährigen Pensionär hat er noch grossen Lebenshunger. Seine Zeit ist knapp bemessen. Er sitzt im Wohnzimmer seiner Dachwohnung in der Zürcher Altstadt, die direkt neben dem Grossmünster liegt. Nach über 30 Jahren als Chefarzt der Höhenklinik Wald wollte er nach seiner Pensionierung im Jahr 2007 noch einmal woanders wohnen. In den 1970er Jahren lebte er mit seiner Familie im Chefarzthaus direkt neben der Klinik – damals noch eine Anstellungsbedingung.

Die Rede ist von Dr. Otto Brändli, dem Arzt und Lungenspezialisten, der weit über die Grenzen von Wald hinaus einen gewissen Bekanntheitsgrad geniesst und das Arbeiten noch immer nicht ganz lassen kann. Unter anderem deshalb hat er ein Buch über die geschichtsträchtige Walder Höhenklinik geschrieben und arbeitete bis vor zwei Monaten noch als Hausarzt in einer Gemeinschaftspraxis in der Zürcher Innenstadt. Zudem ist er weiterhin Präsident der Schweizerischen Lungenstiftung.

Arzt statt Mathematiker

Geboren wurde Otto Brändli 1942 in Bauma, wo er auch seine Jugend verbrachte und das Schicksal seiner Laufbahn bereits entschieden werden sollte. Nach dem Gymnasium wollte er Mathematiker werden und begann ein Studium an der ETH Zürich.

Dann aber erkrankte sein Vater an Tuberkulose, weshalb er sich umentschied und sein Studium abbrach, um in Zürich, Wien und Montpellier Medizin zu studieren. «Als mein Vater erkrankte, fühlte ich mich hilflos und wollte dagegen ankämpfen», sagt Brändli.

Diesen Weg eingeschlagen zu haben, bereute er bis heute kein einziges Mal. «Sonst hätte ich wohl bei einer Versicherung irgendwelche langweiligen Berechnungen erstellt», meint er schmunzelnd. Die Tuberkulose-Krankheit ist im Übrigen nach wie vor allgegenwertig. Weltweit sterben jährlich 1,6 Millionen Menschen wegen dieses Bakteriums, das sich wie Covid-19 über Tröpfchen in der Atemluft überträgt.

Mehr teilen, weniger herrschen

Nachdem Brändli sein Studium 1968 abgeschlossen und während zweier Jahre am Bellevue Spital in New York eine Weiterbildung im Bereich der Pneumologie absolviert hatte, kam unverhofft das Angebot der Höhenklinik Wald, wo ein Chefarzt gesucht wurde. Mit gerade einmal 35 Jahren startete er eine 31 Jahre andauernde Laufbahn, wie sie heute wohl kaum mehr möglich wäre.

Chefärzte herrschen heute nicht mehr allein, was manchmal gut und manchmal schlecht ist.

Otto Brändli, ehemaliger Chefarzt Höhenklinik Wald

Denn heutzutage werden die Verantwortlichkeiten geteilt. Spitäler und Kliniken haben einen CEO, Leitende im Bereich der Pflege und Finanzexperten. «Chefärzte herrschen heute nicht mehr allein, was manchmal gut und manchmal schlecht ist.» Ärzte würden ihre Autonomie jedoch zunehmend verlieren und immer mehr eingeengt. Deshalb komme es auf den Posten von Chefärzten vermehrt zu Rochaden.

Profit im Vordergrund

«Die Gesundheitsbranche hat sich in den letzten Jahrzehnten rasant verändert», sagt Brändli. In der Forschung wie in der Technik seien die Fortschritte zwar bemerkenswert. Hingegen würden die Hürden der Bürokratie immer höher. Rund 30 Prozent ihrer Arbeitszeit verbringen Mediziner mit Papierkram, um stets alles zu dokumentieren. Dies führe dazu, dass die Kosten weiter in die Höhe schnellten.

Ebenso schmerzt ihn die Tatsache, dass alles nur noch auf den Profit ausgerichtet ist. «Wobei ich eingestehen muss, dass bereits vor meiner Zeit in der Höhenklinik klar war, dass jedes Bett besetzt sein muss, damit der Betrieb rentieren kann.» Dennoch habe sich etwas markant geändert: Früher habe man den Erfolg an der Genesung des Patienten gemessen. Heute stehe der Ertrag im Vordergrund.

Das Reha-Zentrum Wald aus der Luft
Derzeit ist noch ungewiss, ob der bisherige Standort der Höhenklinik auf dem Faltigberg bestehen bleibt.

Dies hänge auch mit dem derzeitigen Krankenversicherungsgesetz (KVG) und den Fallpauschalen zusammen. «Ein Spital erhält von der Krankenkasse genauso viel Geld, ob ein Patient nun drei oder fünf Tage im Bett liegt», sagt Brändli. Dies führe dazu, dass die Spitäler unter Druck gerieten und den Patienten kaum Zeit und Raum zur Erholung bieten könnten.

Weniger Zeitdruck

Anders sei die Lage in Reha-Kliniken. So auch in der Höhenklinik Wald. «Die Klinik hat sich erst in den 1970er Jahren zu einer Reha-Klinik entwickelt», sagt Brändli. Gegründet wurde die Klinik 1898 als Tuberkulose-Sanatorium.

«Als die Tuberkulose ab den 1960er Jahren plötzlich mit Medikamenten behandelt werden konnte, hätte sich die Klinik schon bald geleert, weshalb sie zu einer Lungen- und Rehabilitationsklinik umfunktioniert wurde.»

Die Zeit als grosses Plus sei in der Reha sowohl für die Patienten als auch für die Klinik selbst ein wichtiger Faktor. Reha-Kliniken sind weniger unter Zeitdruck als Spitäler. So ist auch der Kostendruck geringer und eine Reha-Klinik heute rentabel. Die Höhenklinik habe sich auch in der Corona-Pandemie bewährt und zeitweise viele Covid-Patienten behandelt. «Auf dem Faltigberg ist die vollständige Abschottung problemlos möglich», so Brändli.

Neue Behandlungsmethoden

Die Rehabilitation ist eine eher neue Behandlungsmethode in der Medizin – wie auch die Geriatrie oder die Palliativmedizin. «Primär geht es darum, die Beschwerden der Patienten zu lindern, wo eine vollständige Heilung nicht mehr möglich ist.»

Es wird immer weniger auf Chemie gesetzt.

Otto Brändli, ehemaliger Chefarzt Höhenklinik Wald

Die Wiedereingliederung in den Alltag stehe dabei im Vordergrund. «Es gibt beispielsweise Langzeitraucher, deren Lungen nicht mehr geheilt werden können, die sich aber mittels Atemübungen im Alltag selbst erfolgreich Abhilfe schaffen können», erklärt Brändli. Es werde immer weniger auf Chemie gesetzt.

Ein Nebelmeer im Zürcher Oberland, dahinter die Alpenkette der Schweiz.
Für Otto Brändli ist der Faltigberg in vielerlei Hinsicht ein magischer Ort. Die Naturschauspiele seien oftmals atemberaubend.

Sanfte Heilungsmethoden seien im Trend. «Dank der Reha-Klinik in Wald konnten über Jahrzehnte viele Studien und neue Behandlungsmethoden entwickelt werden.»

Zweifel am neuen Standort

All diese Problematiken sowie medizinischen Errungenschaften hat Otto Brändli in einem 263 Seiten starken Buch zusammengefasst. In seinen Texten reflektiert er, schildert längst vergangene Umstände und zieht Vergleiche mit der heutigen Zeit.

Da ihm die Höhenklinik noch immer am Herzen liegt, verfolgt er ihre Geschichte weiterhin und fragt sich, ob die neu geplante Höhenklinik überhaupt auf dem Faltigberg gebaut wird. «Es geht mit über 400 Arbeitsplätzen auch für die Gemeinde Wald um viel», sagt Brändli. An den für das Jahr 2026 geplanten Neubau will er noch nicht so richtig glauben. «Es handelt sich noch um ein Potemkinsches Dorf, aber wer weiss.»

Das Buch «Der Zauberberg in Wald» von Otto Brändli ist im Verlag Edition Königstuhl erschienen. Es schildert die Geschichte der Zürcher Höhenklinik von 1977 bis 2023. Erhältlich ist es im ZO-Shop oder im Online-Buchhandel von Therese Brändli, www.buchland.ch.

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