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Schleichweg wird gekappt

Bald ist es in Gossau vorbei mit der Umfahrung der Umfahrung

3000 Autos pro Tag sind zu viel: Ab nächstem Montag gibt es für den Durchgangsverkehr in Gossau kein Durchkommen mehr. Anwohner atmen auf, andere regen sich auf.

Auto an Auto geht es diese Woche noch zu Stosszeiten die Haldenstrasse hoch. Der Schleichweg in Gossau wird nun für den Durchgangsverkehr gesperrt.

Foto: Christian Brändli

Bald ist es in Gossau vorbei mit der Umfahrung der Umfahrung

Schleichweg wird gekappt

Anwohner der Schleichwege durch Gossau sind froh, dass der Gemeinderat der Verkehrslawine nun einen Riegel schiebt. Viele Gossauer wollen aber eine Ausnahmebewilligung.

Es ist kurz nach 17 Uhr am Dienstag dieser Woche. Auto um Auto rollt vom Kreisel beim Industriequartier her die Haldenstrasse hoch. Seit Mitte Januar gibt es auf der Hauptstrecke durch Gossau kein Durchkommen mehr, da die Grütstrasse während zweier Jahre saniert wird.

Wenn es nach der offiziellen Ausschilderung geht, sollten diese Autofahrer Gossau über die Forchautostrasse und Mönchaltorf weiträumig umfahren. Viele machen das aber nicht. Sie bevorzugen kleinräumigere Schleichwege. Die Haldenstrasse ist so einer. Zwar nicht gerade ein Weg, aber doch eine schmalere Strasse.   

Ein Schild und ein Strassendreieck an der Haldenstrasse in Gossau.
Mit Schildern machen Anwohner der Haldenstrasse auf den dichten Ausweichverkehr aufmerksam.

«Es sind über 3000 Fahrzeuge am Tag! Mit Lärm und Abgasbelastung für die Anwohner! Bitte unbedingt Umfahrung benutzen. Mehraufwand 2 Minuten. Danke!» Auf kleinen Schildern machen Anwohner die Passanten auf ihre Situation aufmerksam.

Diese Zahlen wurden durch die Gemeinde in mehreren Messungen erhoben. Unter dem zusätzlichen Verkehr besonders zu leiden hat die Siedlung, die in der Ecke Haldenstrasse/Austrasse liegt. Alle Autos machen fast eine Spitzkehre um diese Häuser.  

Staus und Tempoüberschreitungen

«Wir spüren hier besonders auch den Rückstau, der sich zu den Stosszeiten auf der Austrasse bildet», meint Rahel Glauser, die in einer betroffenen Siedlung wohnt. «Gleichzeitig wird die Tempo-30-Beschränkung nicht immer eingehalten, und Autos weichen aufs Trottoir aus. Das gibt heikle Situationen», findet sie.

Aktuell ist eine Speedy-Geschwindigkeitsmessanlage an der Austrasse aufgestellt, die ein Smiley oder einen Lätsch zeigt. In der abendlichen Stosszeit blinkt sie bei den allermeisten grün auf, und es gibt ein elektronisches Lächeln.

Wie Rahel Glauser betont, sind sie und andere Bewohner der Siedlung froh um den Entscheid des Gemeinderats, die Haldenstrasse ab dem kommenden Montag, 26. Mai, für den Durchgangsverkehr zu sperren. Das werde zu einer Entlastung führen.

Gleichwohl haben sie noch einen Wunsch an den Gemeinderat: Sie möchten Bodenschwellen auf der Austrasse, damit auch wirklich nur noch 30 km/h gefahren wird. Denn diese Strecke wird auch nach der Teilsperrung der Haldenstrasse für alle passierbar bleiben.   

Doch längst nicht alle Anwohner der Haldenstrasse stören sich am Mehrverkehr. Einige Befragte haben für die vielen Autofahrer durchaus Verständnis, die jetzt noch bei ihnen vorbeirollen. «Wenn ich im Haus bin, stört mich der Verkehr überhaupt nicht», meint etwa ein älterer Herr.

Heikle Situationen habe er selbst noch keine miterlebt. Doch es sei schon zu Unfällen gekommen. Und bevor das Lastwagenfahrverbot eingeführt worden sei, hätten selbst Sattelschlepper hier eine Passage gesucht. Erst nach längerem Manövrieren hätten diese die enge Kurve gemeistert.

Schon 500 Ausnahmebewilligungen

Auf der Gemeinde sind sowohl positive wie auch negative Rückmeldungen zur baldigen Sperrung eingetroffen, bestätigt Gemeindeschreiber Thomas-Peter Binder. Die Exekutive habe sich den Entscheid nicht leicht gemacht.

«Gerade für die lokalen Läden und Betriebe – insbesondere auch entlang den betroffenen Achsen – ist es entscheidend, dass die Einschränkungen so gestaltet sind, dass deren Erreichbarkeit möglichst gut erhalten bleibt.» Für kleinere Geschäfte könne eine solche Situation rasch existenzbedrohend werden. «Entsprechend versuchen wir, im Rahmen unserer Möglichkeiten auch für sie das Maximum herauszuholen», hält Binder fest.

Letztlich sei es «ein ständiges Ringen um die richtige Balance zwischen dem berechtigten Schutz der Wohnquartiere und dem Ermöglichen von wirtschaftlichem Überleben». Laut dem Gemeindeschreiber ist diese Abwägung zentral für den Entscheidungsprozess der Exekutive.

Von der Sperrung ausgenommen sind Zubringer, also Anwohner und deren Besucher, sowie Velofahrende. Aber nicht nur die. Der Gemeinderat anerkenne, dass ein Umweg über die Forchautostrasse für gewisse Einwohnerinnen und Einwohner sowie Betriebe in Gossau nicht zumutbar sei.

Diese können bei der Sicherheitsabteilung eine Fahrgenehmigung beantragen. «Bisher wurden rund 500 Ausnahmebewilligungen erteilt», hält Binder fest.

Die Polizei wird laut Binder Verkehrskontrollen durchführen und Verstösse ahnden. «Die Höhe der Busse wird vom konkreten Einzelfall abhängen.»

Baustelle blockiert zweiten Schleichweg

Szenenwechsel zum anderen potenziellen Schleichweg nördlich der gesperrten Hauptachse durchs Dorf: Um 18 Uhr ist auf der Bölstrasse vor der Schulanlage Rooswis wenig los.

Auch dort wurden in Erwartung des Mehrverkehrs Tempo-30-Tafeln aufgestellt und Bodenschwellen montiert. Zusätzlich musste neben einer Schwelle ein Betontrog hingestellt werden. «Ein Autofahrer versuchte den Schwellen übers Trottoir auszuweichen», meint ein Hauswart.

Der Autoverkehr hat laut dem Hauswart auch hier zugenommen. Da die Lastwagen zur Anlage der Frischbeton und Baustoff AG aber nun nicht mehr bei der Schulanlage vorbei, sondern über eine Sonderzufahrt zur Kiesgrube gelangten, sei die Verkehrssituation entlastet worden.     

Dass es auf dieser Route so ruhig ist, liegt auch daran, dass die Galtbergstrasse zurzeit wegen einer Baustelle gesperrt ist. «In Kürze sind die entsprechenden Bauarbeiten zwar abgeschlossen. Doch es wurde auch an der Galtbergstrasse in Gossau-Dorf ein Fahrverbot verfügt, um den Durchgangsverkehr fernzuhalten», erklärt Gemeindeschreiber Thomas-Peter Binder. Also auch hier wird es für Schleichwegbenutzer kein Durchkommen geben.

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