Wieso Hinwil endlich die Politische und die Schulgemeinde vereinen will
Projekt Einheitsgemeinde
Die Schule Hinwil hat turbulente Monate hinter sich. Nun steht im Mai die Abstimmung über die Bildung einer Einheitsgemeinde an. Das sind die Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Vorlage.
Die politischen Wogen gingen in Hinwil zuletzt hoch. Erst dank dem Eingreifen des Regierungsrats hat die Schulgemeinde seit wenigen Tagen ein Budget und einen Steuerfuss für das laufende Jahr. Zuvor hatten die Stimmberechtigten zwei Budgetvorschläge abgelehnt.
Gemeindepräsident Andreas Bühler (SP) sieht seine Gemeinde wiederum vor grossen Herausforderungen durch das Wachstum und die zahlreichen Projekte, die in Hinwil realisiert werden sollen. Zuletzt kamen die Pläne für den Bau einer neuen SBB-Serviceanlage in der Wässeri dazu.
Eine Verschnaufpause erhält die Gemeinde am Fuss des Bachtels aber nicht. Denn mit der Abstimmung über den Zusammenschluss der Schul- und der Politischen Gemeinde, also der Bildung einer Einheitsgemeinde, steht bereits am 18. Mai eine wegweisende Entscheidung bevor.
Wie ist die Ausgangslage?
Der Gemeinderat von Hinwil will schon seit vielen Jahren eine Einheitsgemeinde. Doch alle Anläufe – zuletzt vor acht Jahren – scheiterten bisher. Die Schulgemeinde hatte sich dagegen gesträubt, da sie vor allem in finanziellen Fragen ihre Autonomie gefährdet sah.
Eine von der Politischen Gemeinde getrennte Schulgemeinde ist in der Region inzwischen eine rare Spezies geworden. «Wir sind bald eine Insel im Oberland – und überhaupt im Kanton», sagte Gemeindepräsident Bühler an einer Informationsveranstaltung im Mehrzwecksaal Eisweiher am Montagabend.
Im ganzen Kanton sind es noch zehn Gemeinden, die eine strikte Trennung zwischen der Schule und der politischen Gemeinde kennen. Nur Hittnau und Volketswil sind im Oberland ebenfalls noch so organisiert. Einige Gemeinden verfügen ausserdem über eine separate Primar- oder Sekundarschulgemeinde. Im Bezirk ist Hinwil sogar die letzte Gemeinde, die noch nicht in eine Einheitsgemeinde umgewandelt wurde.
Bereits jetzt arbeiten die Schule und die Politische Gemeinde in Hinwil in vielen Gebieten zusammen – beispielsweise in den Bereichen Liegenschaften und Finanzen. Im Dezember 2023 starteten die Behörden darum einen neuen Anlauf für einen Zusammenschluss.
Was würde sich mit der Einheitsgemeinde ändern?
Vorgesehen ist eine Totalrevision der Gemeindeordnung. Die Schulverwaltung wird komplett in die Politische Gemeinde integriert. Der Schulpräsident oder die Schulpräsidentin wird neu Teil des Gemeinderats. Die Mitgliederzahl wird aber nicht erweitert. Der Gemeinderat besteht nach den Neuwahlen im Frühling 2026 weiterhin aus insgesamt sieben Mitgliedern.
Durch die Neuorganisation erhoffen sich die beiden Gemeinden schlankere Strukturen. Die Zuständigkeiten sollen klarer definiert werden. Dabei behält die Schulpflege innerhalb ihres Aufgabenbereichs die operative Autonomie. Sie verfügt trotz eines gemeinsamen Budgets auch weiterhin über gewisse finanzielle Kompetenzen, kann ihre Mitarbeitenden selbst wählen sowie direkt Anträge an die Gemeindeversammlung stellen.
Was erhoffen sich die beiden Behörden vom Zusammenschluss?
Die Liste der präsentierten Vorzüge war am Montag lang. Ihre Einigkeit unterstrichen Gemeindepräsident Andreas Bühler und Schulpräsident Thomas Ludescher (parteilos), indem sie der Bevölkerung die Vorteile demonstrativ gemeinsam präsentierten.
Dazu gehören etwa der Abbau von Doppelspurigkeiten, eine Stärkung des Wir-Gefühls durch einen Gesamtauftritt der Gemeinde, eine Entlastung in verschiedenen Verwaltungsbereichen sowie die Förderung des gegenseitigen Verständnisses oder der Austausch von bestehendem Know-how.
Letztlich würde die Gemeinde Hinwil als Bildungsstandort gestärkt, sind die beiden Präsidenten überzeugt. Ein Vorteil sei zudem der gemeinsame Finanzhaushalt, der einen grösseren Spielraum erlaube.
Was bedeutet eine Einheitsgemeinde für die Budgetplanung?
Spätestens seit den Turbulenzen um das Schulbudget und den neuen Steuerfuss von 119 Prozent sind die Gemeindefinanzen in Hinwil ein brennendes Thema. «Es hinterlässt Spuren, wenn ein Budget zweimal abgelehnt wird», sagte Gemeindepräsident Bühler. «Die Message ist bei beiden Behörden angekommen.»
Der Austausch ist bereits jetzt enger. Schulpräsident Thomas Ludescher hat kürzlich an einer ersten Gemeinderatssitzung teilgenommen. Allerdings tauchen mit einer Einheitsgemeinde und einem gemeinsamen Budget nicht plötzlich neue Einnahmequellen auf.
Bereits im Dezember hatte Andreas Bühler erklärt, dass auch die Politische Gemeinde keine finanziellen Reserven mehr hat. Allzu grosse Hoffnungen macht der Gemeindepräsident darum nicht: «Ich kann nicht versprechen, dass eine bestimmte Steuerfussreduktion möglich ist.»
Wie viel kostet die Bildung einer Einheitsgemeinde?
Konkrete Zahlen nannten die Vertreter nicht. Stefan Hunger, der als externer Berater das Projekt begleitet und die Gemeinden beraten hatte, wurde jedoch deutlich: «Kurzfristig ist es keine Sparübung.» Dies habe die Erfahrung anderer Gemeinden gezeigt, die bereits fusioniert haben.
Bei der Bildung einer Einheitsgemeinde würden vor allem organisatorische Fragen im Vordergrund stehen. Es gehe um eine Professionalisierung der Strukturen. Erst mittel- und langfristig sieht Hunger Sparmöglichkeiten.
Hinwil sei jedoch personell in der Verwaltung gut aufgestellt. Das sei ein Vorteil, da voraussichtlich keine zusätzlichen Stellen für die Integration nötig sind.
«Ich sehe das Problem nicht, dass die Zusammenführung Mehrkosten auslöst», sagte auch Gemeindepräsident Andreas Bühler. Für ihn sei wichtiger, dass die Gemeinde künftig als Einheit auftreten und dadurch beispielsweise ihre Interessen gegenüber dem Kanton besser vorbringen könne.
Wer unterstützt das Vorhaben?
Die Schulgemeinde und die Politische Gemeinde stehen inzwischen geeint hinter der Bildung einer Einheitsgemeinde. Gemäss den Rückmeldungen, die Andreas Bühler präsentierte, geniesst das Vorhaben offenbar auch von den Parteien eine breite Unterstützung.
Positiv äusserte sich stellvertretend Mitte-Präsident Osi Achermann, der gleichzeitig der Rechnungsprüfungskommission vorsteht. Achermann ist schon seit Jahren ein prominenter Unterstützer der Einheitsgemeinde. Für ihn ist klar: «Es ist einfach Zeit.»
Wie sieht der Fahrplan aus?
«Es gibt noch viel zu tun», räumte Schulpräsident Ludescher in einem Fazit ein. Die Abstimmung am 18. Mai sei ein erster grosser Schritt. Sprechen sich die Stimmberechtigten für die Einheitsgemeinde aus, geht es aber schnell.
Das Budget für 2026 wollen der Gemeinderat und die Schulpflege schon gemeinsam erarbeiten. Am Ablauf der Integration arbeiten bereits jetzt Gruppen in mehreren Teilprojekten. Die Fusion wird ab Januar 2026 gestaffelt umgesetzt, bis dann am 1. Juli die neue Gemeindeordnung voraussichtlich in Kraft tritt.
Sollte das Vorhaben an der Urne scheitern und keine Einheitsgemeinde zustande kommen, würden die Schulgemeinde und die Politische Gemeinde als separate Behörden weiterbestehen. Damit würden auch die Budgets weiterhin getrennt ausgearbeitet.
