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Wie die Wetziker Basketballerinnen ihren einzigen Titel gewannen

Denkwürdiges, Erheiterndes und Historisches aus dem Oberländer Sportgeschehen. Heute: Der grosse Sieg der Wetziker Basketballerinnen.

Die US-Amerikanerin Stephanie Howard (links) und Myriam Gex-Fabry (Mitte, rechtes Bild) waren Wetziker Leistungsträgerinnen. (Archiv)

Fotos: Zürcher Oberländer

Wie die Wetziker Basketballerinnen ihren einzigen Titel gewannen

Oberländer Sportmomente (9)

Die Basketballerinnen der KZO Wetzikon gehörten in der höchsten Liga einst zur Spitze. Meister wurden die Oberländerinnen zwar nie, mit dem Cup-Sieg 1996 aber schrieben sie Geschichte.

Würden die Wetziker Basketballerinnen ihre gute Ausgangslage tatsächlich noch vergeigen? Es macht an jenem Samstag im März 1996 ganz den Anschein. Vom zuvor zweistelligen Vorsprung der KZO Wetzikon ist im Cup-Final gegen Bellinzona lediglich ein kleiner Rest übrig geblieben. 64:62 führen die Oberländerinnen drei Minuten vor Schluss, die Spannung in der mit 1500 Zuschauerinnen und Zuschauern gut gefüllten Zürcher Saalsporthalle ist zurück.

Doch dann passiert das, was in heiklen Momenten im Idealfall passiert: die Teamleaderin nimmt das Heft in die Hand. Bei der KZO Wetzikon heisst diese Stephanie Howard. Und die US-Amerikanerin liefert, wie bestellt.

«Omnipräsent holte sie in der Abwehr die Bälle runter und lancierte die Gegenstösse, die am Ende für den Sieg reichten», steht danach im «Zürcher Oberländer» über die starke Schlussphase der ausländischen Verstärkung.

Die Aufbauspielerin, die je nach Quelle zwischen 1,65 m und 1,67 m misst, trägt grossen Anteil daran, dass die KZO Wetzikon den Titelverteidiger aus Bellinzona 73:63 bezwingt. Am Schluss stehen 30 Punkte auf ihrem Konto. «Ein Sieg des gesamten Teams», ist es aus ihrer Sicht. Der «Zürcher Oberländer» rückt sie gleichwohl in den Fokus und titelt: «Mit Howard ans Ziel der Wetziker Träume.»

Für die KZO Wetzikon ist es der erste Titelgewinn der Vereinsgeschichte. Das Team von Trainer und Präsident Fridolin Stauffacher schreibt gleichzeitig ein kleines Stück Schweizer Sportgeschichte. Erstmals überhaupt gewinnt ein Zürcher Basketballteam einen nationalen Titel. Dazu beenden die Oberländerinnen die siebenjährige Durststrecke von Deutschschweizer Teams.

Letztere nehmen im Schweizer Frauenbasketball im Cup nicht nur vor, sondern auch nach dem Wetziker Titelgewinn eine Nebenrolle ein. Von den seit 1996 vergebenen 26 Titeln werden ganze drei von Deutschschweizer Teams erobert.

Einmal gewinnt der BC Brunnen (2006), zweimal jubeln die Winterthurer Frauen (2017/2019). Seither herrscht Dürre. Der BC Wetzikon, wie der Verein mittlerweile heisst, wird in absehbarer Zeit nicht in die Bresche springen können. Die Wetziker haben derzeit keine Aktivteams gemeldet.

Der Bruch tut gut

In seiner erfolgreichsten Phase aber ist der Oberländer Verein die wohl beste Deutschschweizer Basketballadresse und im nationalen Fokus. Er stellt gleichzeitig ein Männer- und ein Frauenteam in der höchsten Liga. Was damals niemand ahnt: Für den in den 1970er Jahren an der Kantonsschule Wetzikon gegründeten Klub ist der Cup-Sieg nicht der Anfang einer Titelsammlung, es bleibt der einzige Triumph.

Sieben Jahre vor dem denkwürdigen Finalspiel in Zürich ist das Frauenteam der KZO Wetzikon 1989 in die Nationalliga A aufgestiegen. Es folgen einige harte Jahre der Bewährung, ehe die Wetzikerinnen in der Saison 1991/1992 erstmals die Playoffs erreichen.

Die Zeit scheint danach reif für ein erstes nationales Ausrufezeichen. In zwei aufeinanderfolgenden Saisons steht Wetzikon im Final, scheitert aber jeweils an Dominator Bellinzona. Die Tessinerinnen schaffen es damals, die schier unfassbare Anzahl von 75 Spielen hintereinander zu gewinnen. Dabei übertreffen die Wetzikerinnen laut NZZ in den Finals beide Male Bellinzona «an spielerischer Klasse». In den entscheidenden Momenten aber gelingt es ihnen nicht, ihre Stärke in zählbare Ergebnisse umzumünzen.

Dann kommt ein Bruch. Statt in der Meisterschaft 1994/1995 erneut um den Titel mitspielen zu können, stürzt das Oberländer Team in die Abstiegsrunde. Eine Rolle spielt das Verletzungspech. So fallen mit den Zwillingsschwestern Estelle und Colette Rohrer zwei Nationalspielerinnen die komplette Saison aus.

Im Aufbautraining zieht sich Colette einen Kreuzbandriss im linken Knie zu. Dann geschieht, was man höchstens in einem billigen Film, aber nicht in der Realität erwarten würde: Eine Woche später erleidet ihre Schwester Estelle dieselbe Knieverletzung – allerdings im rechten Bein. Im Nachgang bezeichnet Trainer Fridolin Stauffacher den Fall in die Abstiegsrunde als wichtige Zeit. Seine Argumentation: Das Team hat sich in dieser unter Druck bewähren müssen.

Dieses Konstrukt ist speziell

In der Saison 1995/1996 scheinen die nötigen Puzzleteile bei der KZO Wetzikon dann erneut zusammen, um bei der Vergabe des Meistertitels ein Wort mitreden zu können. Schlüsselrollen inne haben beispielsweise die überragende Stephanie Howard, die Westschweizer Nationalspielerin Myriam Gex-Fabry oder die nach der langen Verletzungspause zurückgekehrten Rohrer-Schwestern. Die Wetzikerinnen legen einen Traumlauf hin, ihre erste Meisterschaftsniederlage erleiden sie erst im 17. Spiel. In den Wochen vor dem Cup-Final aber nistet sich der Wurm bei der KZO Wetzikon ein. Das Team fällt nun plötzlich durch Inkonstanz und zahlreiche Niederlagen auf. An diese Phase denkt Trainer Stauffacher, als er nach dem Cup-Sieg sagt: «Ich bin natürlich überglücklich, dass es uns nach den Resultaten der vergangenen Partien gelungen ist, im entscheidenden Moment wieder zu alter Stärke zurückzufinden.»

Basketball
So berichtete der «Zürcher Oberländer» am 25. März 1996 über den Cupsieg der Wetzikerinnen. 

Die Oberländerinnen mögen zwar im Cup die Erfolgsserie von Bellinzona nach vier aufeinanderfolgenden Triumphen zu durchbrechen. Den Meistertitel gewinnt jedoch erneut das Tessiner Team. Laut NZZ operiert die KZO Wetzikon in jener Saison 1995/1996 mit einem Budget von 265’000 Franken. Finanziell ist er nicht auf Rosen gebettet.

Bald einmal ist die Hochphase vorbei. 2001 verliert Wetzikon sportlich eigentlich bereits seinen NLA-Platz. Das Team profitiert von Badens Rückzug, bleibt in der Liga und wird gleich auch noch vom ehemaligem Sponsor der Aargauerinnen unterstützt. Das neue Konstrukt mutet aus heutiger Sicht indes speziell an. Das KZO-Team tritt unter dem wenig eingängigen Namen «ABB Baden Wetzikon Blue Wave» an, sieben der neun «Heimspiele» werden in Baden ausgetragen.

Erneut steigen die Wetzikerinnen ab. Es ist der Anfang vom Ende des grossen KZO Wetzikon, wie man ihn lange kennt.

In der Zwischenzeit hat er nicht nur den Namen geändert. Seit rund drei Jahren spannt der BC Wetzikon auch mit den Basketballklubs aus Rüti und Greifensee im neu gegründeten Verein Basketball Züri Oberland zusammen. Von einer Zukunft in der NLA träumt da derzeit allerdings niemand.

Oberländer Sportmomente

Denkwürdiges, Erheiterndes und Historisches aus dem Oberländer Sportgeschehen: In loser Reihenfolge blicken wir zurück auf besondere Sportmomente. Bisher erschienen:

(1) Der grösste Triumph: Wie die Silberpfeile Sauber-Geschichte schrieben

(2) Oliver Zaugg: Wie der Edelhelfer aus Pfäffikon die Radwelt verblüffte

(3) Sensation im Cup: Wie der EHC Dübendorf den Schweizer Meister übertölpelte

(4) Der einzige Meistertitel: Wie die Frauen des FC Schwerzenbach ihren grossen Coup landeten

(5) Die Radquer-WM in Wetzikon: Als ausgerechnet an der Heim-WM die Titelserie von Albert Zweifel endete

(6) Das Schoch-Duell: Wie zwei Tösstaler Brüder Olympia-Gold unter sich ausmachten

(7) Glattler Höhenflug: Wie sich der EHC Dübendorf neun Jahre lang in der Nationalliga B hielt

(8) Brigitte Oertli: Sie war die Schnellste – und wurde doch wieder nur Zweite

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