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Wer zahlt die 40 Millionen Franken für die Bahnunterführung in Uster?

Die Situation ist verfahren. Um das Projekt eines Tunnels nicht zu gefährden, springt der Kanton in die Bresche.

Der Bahnübergang Winterthurerstrasse ist ein Politikum. Eine Unterführung ist in Planung. Doch wer zahlt? (Archiv)

Foto: Eduard Gautschi

Wer zahlt die 40 Millionen Franken für die Bahnunterführung in Uster?

Differenzen zwischen Kanton und Bund

Der Doppelspurausbau der SBB zwischen Uster und Aathal kommt. Wann, ist unklar. Um das Projekt nicht zu gefährden, schiesst der Kanton jetzt 1,6 Millionen Franken vor.

Rote Lichter blinken, Barrieren schliessen sich, und dann heisst es: warten. Es ist ein Bild, das sich in Uster an den Bahnübergängen den Verkehrsteilnehmern allzu oft präsentiert. Lange Staus zum Beispiel an der Winterthurerstrasse, einer Kantonsstrasse, sind die Folge. Diese könnten in ungewisser Zukunft noch länger werden.

Die letzte umfangreiche Erhebung der Barriereschliesszeiten fand im Sommer 2019 statt. Abends sind die Barrieren zwischen 23 Minuten pro Stunde (Wermatswilerstrasse) und 34 Minuten pro Stunde (Winterthurerstrasse) geschlossen. Die maximalen einzelnen Schliesszeiten bewegen sich zwischen 3 Minuten und 12 Sekunden sowie 4 Minuten und 57 Sekunden. Aufgrund der hohen Passagierzahlen und Umsteigevorgänge am Bahnhof Uster verspäten sich einzelne Züge um einige Sekunden. Dies reicht jedoch aus, damit der Bahnübergang Winterthurerstrasse teilweise für mehrere Züge geschlossen bleibt.

Eine Einzelinitiative des SVP-Parlamentariers Daniel Schnyder forderte die Verkürzung der Barriereschliesszeiten. Die Stadt lehnt diese ab mit der Begründung, dass diese nicht mit Optimierungen, sondern nur durch den Bau von niveaufreien Bahnquerungen verbessert werden könnten. Abklärungen der Stadt Uster bei den SBB hätten gezeigt, dass die Barriereschliesszeiten bereits heute so weit optimiert seien, wie es die Mindestanforderungen zulassen. (erh)

Denn die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) planen schon lange, die Bahnstrecke zwischen Uster und Aathal doppelspurig auszubauen. In der Folge davon soll der Fahrplan verdichtet werden, was dazu führt, dass die Barrieren bei den Bahnübergängen noch länger geschlossen bleiben.

Kostenpunkt: 40 Millionen Franken

Aus diesem Grund soll dieser Bahnübergang durch eine Strassenunterführung mit beidseitig abgesetztem Rad-/Gehweg ersetzt werden. Die Gesamtkosten belaufen sich auf eine Grössenordnung von rund 40 Millionen Franken und werden für den Bau und den möglichen Landkauf veranschlagt.

Nach den Kosten fragte im Juni auch schon der Ustermer Kantonsrat Simon Vlk (FDP). Er wollte vom Regierungsrat wissen, was die Gründe für eine Verzögerung beim Entscheid über die Teilung der Kosten seien. Dieser hätte gemäss einer früheren Antwort des Regierungsrats bereits Ende 2022 vorliegen sollen. Noch ist Vlks Anfrage hängig und unbeantwortet.

Wer verursacht welche Kosten?

Es bleibt also die Frage: Wer kommt letztlich für die 40 Millionen Franken auf und in welchen Teilen? Darüber «bestehen zum heutigen Zeitpunkt zwischen dem Bundesamt für Verkehr und den SBB als Verantwortlichen für den Bahnausbau sowie dem Kanton als Strasseneigentümer grundlegende Differenzen», wie es beim Kanton heisst.

Andreas Angehrn, Kantonsingenieur beim Tiefbauamt, erklärt: «Wir sind uns mit den SBB nicht einig, wer der Verursacher der Kosten ist.» Aus Sicht des Kantons führe die Verdichtung des Fahrplans zu längeren Barriereschliesszeiten. «Deshalb müssten aus unserer Sicht die SBB einen Grossteil der Kosten tragen.»

Und was sagen die SBB dazu? Die verweisen beim derzeitigen Projektstand an das Bundesamt für Verkehr (BAV), weil dieses als Auftraggeber des Projekts «Doppelspurausbau Uster–Aathal» zuständig sei.

Das BAV erklärt schriftlich auf Anfrage, dass es gemäss Eisenbahngesetz Art. 26 der Meinung sei, dass der Kanton die Unterführung finanzieren müsse. Im besagten Artikel heisst es unter Abschnitt b:

Muss ein Niveauübergang durch eine Über- oder Unterführung ersetzt oder infolge Verlegung der Strasse aufgehoben werden, so trägt die Kosten aller Änderungen an der Bahn- und Strassenanlage der Strasseneigentümer, wenn die Änderung vorwiegend durch die Bedürfnisse des Strassenverkehrs bedingt ist.

Nach Meinung des BAV führen der beschlossene Ausbau und die dadurch verursachten häufigeren und längeren Schliesszeiten des Bahnübergangs «nicht zu einer unzulässigen Situation, die eine Entflechtung erforderlich machen würde». Hingegen wünschten sich die lokalen Behörden eine Unterführung, um diese Unannehmlichkeiten zu vermeiden.

Projektierungskosten genehmigt

Die Situation klingt verfahren, die Standpunkte scheinen fest bezogen, die Meinungen gemacht. Dennoch haben die beiden Parteien vereinbart, die Verhandlungen weiterzuführen.

Um aber den weiteren Projektfortschritt nicht zu gefährden, Projektverzögerungen zu verhindern und bei der Inbetriebnahme der Doppelspur auch die Unterführung fertiggestellt zu haben, hat der Regierungsrat entschieden, die Projektierungskosten für die Unterführung bis und mit der Plangenehmigung in Höhe von rund 1,6 Millionen Franken vorzufinanzieren. Diese Vorfinanzierung erfolgt ohne Anerkennung einer Rechtspflicht für den Kostenteiler des Gesamtprojekts.

Andreas Angehrn betont, dass das Gesamtprojekt jetzt nicht blockiert sei. «Im Herbst laufen Gespräche mit den SBB und dem Bundesamt für Verkehr, um eine Lösung zu finden.» Und weil der Regierungsrat den Projektierungskredit vorgeschossen habe, hätte es auch keinen Einfluss, sollte dieses Jahr keine Lösung ausgearbeitet werden können.

Baubeginn 2028

Nur, was ist, wenn sich Kanton sowie SBB und BAV gar nicht einigen können? Was würde das für das Projekt und die Ustermer Bevölkerung bedeuten? «Stand jetzt gehen wir nicht davon aus, dass es so weit kommt. Zudem wäre es vorstellbar, dass der Kanton gewisse Kompromisse eingehen könnte.» Wie diese aussehen würden, kann Angehrn jedoch noch nicht sagen.

Auf dieselbe Frage nach einem Kompromiss angesprochen, heisst es beim Bundesamt für Verkehr nur: «Welche Lösung aus den Gesprächen hervorgeht, ist derzeit offen.»

Eine Option vonseiten des Kantons wäre zudem, dass wie bereits jetzt erneut eine Vereinbarung über eine Teilfinanzierung geschlossen werden könnte. Mit dem Risiko, dass letzten Endes die gesamten Kosten über verschiedene Teilprojekte doch gesamthaft beim Kanton liegen? «Das halte ich für unvorstellbar», so der Kantonsingenieur.

Der weitere Zeitplan ist sportlich. Baubeginn oder Bauzeit ist auf die Jahre 2028 bis 2031 festgelegt. «Das ist der Slot, den die SBB vorgeben.» Auch damit es diesbezüglich nicht zu Verzögerungen kommt, hat der Regierungsrat jetzt die 1,6 Millionen Franken gesprochen.

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