Wende beim «Rosinli»: Das beliebte Ausflugsrestaurant öffnet wieder
Nach dem Konkurs im März
Die konkursbedingte Schliessung des Ausflugsrestaurants Rosinli in Adetswil hat die Menschen bewegt. Nun öffnet es wieder – mit einem vertrauten Gesicht an der Spitze.
Ursula Strickler hat intensive Tage hinter sich. Man merkt ihr das an. Die Besitzerin des Ausflugsrestaurants Rosinli in Adetswil wirkt nicht gestresst, und dennoch kriegt man den Eindruck, dass es ihr eigentlich nicht schnell genug gehen kann.
Sechs Wochen ist es her, seit über den letzten Pächter der Konkurs eröffnet und das beliebte «Rosinli» versiegelt worden ist. Sechs Wochen ohne Einnahmen, in denen sich Strickler immer mehr Details zum Geschäftsgang offenbaren – und in denen sie gleichzeitig eine Lösung für die Zukunft finden muss.
«Am Dienstag habe ich vom Amt den Schlüssel zurückerhalten, am Samstag öffnen wir. In etwas mehr als drei Tagen müssen wir also alles wieder betriebsfähig machen», sagt die 71-Jährige und klingt dabei erleichtert. Kein Wunder, die Angelegenheit hat für die Rentnerin eine existenzielle Dimension.
«Schritt für Schritt», sagt die neue Chefin
Mit «wir» meint Strickler vor allem Nadine Moreno. Die 51-jährige Buchhalterin und diplomierte Anwaltsassistentin aus Lindau wird das Restaurant ab sofort leiten. Bis im letzten Winter hatte sie auf Stundenbasis Anlässe und Events im Lokal organisiert und betreut. Nun hat sie die Eigentümerin als Geschäftsführerin angestellt.
«Ich habe Ursula einmal gesagt, dass sie an mich denken soll, wenn sie hier einmal eine Führungskraft braucht», sagt Moreno lächelnd. «Das hat sie zum Glück getan.» Vorderhand gehe es darum, den Betrieb schnell wieder zum Laufen zu bringen, mittelfristig wäre dagegen eine Pacht erstrebenswert. Ursula Strickler nickt.
Den beiden Frauen ist klar, dass ein gesunder Neustart Priorität hat. «Schritt für Schritt», sagt Nadine Moreno, die nicht nur Erfahrung mit Zahlen, sondern auch im Catering-Bereich mitbringt, wo sie mit ihrem Mann einst eine eigene Firma unterhalten hatte.


So wird sie zunächst neben dem bisherigen Küchenchef die einzige festangestellte Kraft sein und das Gros der Service- und Gastgeberarbeit selbst stemmen. An den Wochenenden wird ihr ihr Mann unter die Arme greifen, für gezielte Einsätze wird sie sich zu gegebener Zeit noch temporäre Kräfte suchen.
Dem kleineren Personalbestand entsprechend hat Moreno auch die Karte verschlankt und die Preise reduziert. «Der Gast soll im Mittelpunkt stehen», sagt sie. Und: «Letztlich sind wir alle glücklich, dass es weitergeht – und genau dieses Gefühl wollen wir vermitteln.»
Damit spricht sie Ursula Strickler aus dem Herzen. «Hoffentlich kommen die Leute schon bald wieder wie vorher», sagt sie. Wohlwissend, dass sie mit der Wiedereröffnung ein neues Kapitel aufschlagen, aber eben das letzte noch nicht abschliessen kann.
Der Schlamassel kostet Nerven – und Geld
Der Konkurs ihres Pächters ist der Frau in die Knochen gefahren. Ihr ist durchaus bewusst, dass der Geschäftsgang des «Rosinli» stark vom Wetter abhängig ist – schliesslich hat sie das Lokal, das sie mit ihrem Ex-Mann vor bald 50 Jahren gekauft hatte, zwischen 2005 und 2012 auch einmal selbst betrieben. Doch in akute Existenznot war hier bislang noch nie jemand geraten.
Dementsprechend stutzt sie, als in diesem Jahr die Pacht zweimal verspätet eintrifft. Dennoch trifft sie der Konkurs von Mitte März unvermittelt. Ein Ende just zu Frühlingsbeginn – es ist ein eigentliches Worst-Case-Szenario.
Obschon ihr der Pächter, dem sie das Restaurant Anfang 2023 anvertraut hatte, versichert, weitermachen zu wollen, stellt sich für sie schnell einmal heraus, dass das wenig realistisch ist. In den Medien wird eine alte Betrugsgeschichte aufgewärmt, es kommen Fragen bezüglich des Geschäftsgebarens auf.
Im Gespräch mit dem Konkurs- und Betreibungsamt wird Ursula Strickler schliesslich die Tragweite der finanziellen Misere klar. Der Pächter verstrickt sich ihr gegenüber in Widersprüche, sie fühlt sich getäuscht.
Sie sagt: «Ich will ihm nichts Böses. Er war ein toller Gastgeber und bei den Gästen sehr beliebt. Auch mir war er immer extrem sympathisch. Aber heute sehe ich ihn anders.» Deshalb entscheidet sie sich, den Pachtvertrag aufzulösen und einen Neuanfang zu wagen.

Die Bedingungen sind allerdings schwierig. Zwar kann sie einen grossen Teil der offenen Rechnungen, die Stück für Stück eintreffen, ans Konkursamt weiterleiten. Doch gleichzeitig muss sie den Pachtausfall verkraften und in die Wiederinbetriebnahme investieren. Ins Detail will sie nicht gehen. Sie spricht von einem «beträchtlichen fünfstelligen Betrag», den sie der ganze Schlamassel kosten werde.
Crowdfunding läuft immer noch
Auch technisch steht sie vor beträchtlichen Herausforderungen. So sagt Strickler, dass das Tablet fehle, um das Kassensystem zu betreiben – weshalb man nun zu Beginn nur Twint- und Barzahlungen entgegennehmen könne.
Und nach wie vor fehlt ihr auch der Zugang zur Website, auf der immer noch das vom Pächter initiierte Crowdfunding beworben wird. 6210 Franken wurden dort gesammelt, die letzte Spende wurde vor 20 Tagen getätigt. Was mit dem Geld passiert, weiss sie nicht. «Ich könnte es gut selbst gebrauchen», sagt sie hörbar verärgert. Den Pächter selbst erreiche sie derzeit nicht.
Noch ist die Sache nicht ausgestanden. Das zeigt auch die Tatsache, dass sich der Pächter gegen die Vorwürfe vehement wehrt (siehe Box). Doch erst einmal erfreut sich Ursula Strickler an der Aussicht, dass der Betrieb wieder anläuft, die Kundschaft zurückkehren und das «Rosinli» einen zweiten Frühling erleben kann.
Das sagt der Pächter
Im Nachgang des Treffens hat diese Redaktion auch noch mit dem Pächter Paul Buchs gesprochen. Dieser sagt, dass er erst am Freitagmorgen durch die Kontaktaufnahme des ZO-Autors erfahren habe, dass das «Rosinli» wieder öffne.
Der Pachtvertrag sei zuvor nicht rechtsgültig gekündigt worden: «Mir wurde per sofort gekündigt. Mit dem Zahlungsausfall, in dem Fall der Konkurs, hätte man mir erst noch 30 Tage Verzug gewähren und mir dann per Ende Monat kündigen müssen.»
Weiter will Buchs festhalten, dass er seine Pacht, mit Ausnahme der zwei Wochen im Monat März 2025, immer bezahlt habe. Zur Eigentümerin habe er «von Anfang bis zum Schluss ein gutes, einvernehmliches Verhältnis unterhalten». Auch sei er für sie «wenn immer nötig erreichbar» gewesen.
Paul Buchs sagt, dass er Ursula Strickler von Beginn sofort über die Konkurssituation informiert habe. Über Bertreibungen und Schulden könne er keine Auskunft geben, da es sich um ein laufendes Konkursverfahren handle.
Das Tablet, mit dem die Bestellungen aufgegeben würden, liege bei ihm zu Hause. Die Eigentümerin habe nicht danach gefragt. Dasselbe gelte für die Website: «Sie hat es offenbar nicht für nötig gehalten, sich mit mir in Verbindung zu setzen.»
Die 6210 Franken aus dem Crowdfunding habe derweil das Konkursamt beschlagnahmt, um Forderungen von Gläubigern zu bezahlen. Dagegen habe er Beschwerde eingelegt: «Es ging darum, die finanzielle Situation des ‹Rosinli› zu überbrücken. Das Geld muss an die Spender zurückfliessen», sagt er. Durch die neue Situation mit der Wiedereröffnung sei das Crowdfunding nun obsolet, er werde es deshalb schliessen.
Zur Betrugsgeschichte im Rahmen des Gurten-Festivals, die «20 Minuten» Ende März publiziert hatte, will er keine Stellung beziehen. «Das ist über acht Jahre her und hat absolut nichts mit dem ‹Rosinli› zu tun», sagt er.
Stattdessen ist es Paul Buchs wichtig zu betonen, dass er seit seinem Pachtantritt von Anfang 2023 viel Geld ins «Rosinli» investiert hat. Er sagt: «Ich habe Terrassenbestuhlung und diverse Deko-Materialien gekauft, die Gästeterrasse neu aufgebaut, drei LCD-Bildschirme und neue Kühlschränke angeschafft. Da gäbe es noch viel mehr aufzuzählen. Alles in allem habe ich über 100’000 Franken ins ‹Rosinli› gesteckt.»
Umso mehr befremde ihn, dass das Konkursamt dieses Inventar der Eigentümerin für «lächerliche» 5000 Franken überlassen habe: «Dass das Konkursamt Pfäffikon ohne mein Wissen mein Inventar von über 100’000 Franken für nur 5000 Franken der Eigentümerin verkauft hat, schadet den Gläubigern und mir massiv. Ich habe seit Januar 2023 viel Geld, Energie und Herzblut ins ‹Rosinli› investiert.» (mmu)