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Wirtschaft

Was Hinwil mit dem Trevi-Brunnen in Rom gemein hat

Im Bezirk Hinwil sind die Immo-Preise in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Jetzt sind die Mieten dran, sagt Experte Scognamiglio.

«Wer Arbeitsplätze und bezahlbaren Wohnraum sucht, der ist in Hinwil sicher an einem guten Ort»: Donato Scognamiglio stellt fest, dass die Eigenheimpreise im Bezirk Hinwil kräftig angezogen haben.

Foto: Eliano Davide

Was Hinwil mit dem Trevi-Brunnen in Rom gemein hat

Serie: Wohnen im Zürcher Oberland

«Wer sich die Stadt Zürich nicht leisten kann oder leisten will, zieht aufs Land», sagt Immobilienexperte Donato Scognamiglio. Ein gutes Beispiel dafür ist der Bezirk Hinwil.

Donato Scognamiglio ist der Sohn eines italienischen Einwanderers. Vor diesem Hintergrund darf sicher sein Vergleich von Hinwil mit der «Fontana di Trevi» in Rom gesehen werden.

Der monumentale Barockbrunnen zieht viel von seiner Wirkung aus seinen Wasserbecken, die in verschiedenen Höhen angebracht sind. Der Überlauf der oberen Becken füllt die darunterliegenden, bis das Wasser schliesslich im Hauptbecken ankommt und von Millionen Touristen mit 1- oder 2-Cent-Münzen beworfen wird.

Was aber hat der Trevi-Brunnen mit dem architektonisch weit weniger herausragenden Hinwil zu tun?

«Die Leerwohnungsziffern in der Stadt Zürich und in den angrenzenden Gemeinden tendieren gegen Null. Im übertragenen Sinn ist das Becken gefüllt. Also suchen die Leute in den nächstgelegenen Becken einen Platz – und eines dieser Becken liegt auch im Bezirk Hinwil», erklärt der Immobilienexperte.

Leerwohnungsquote rapid gesunken

In der Tat betrug die Leerwohnungsziffer in Hinwil vor vier Jahren noch 1,9 Prozent. Mittlerweile ist sie auf 0,97 Prozent gefallen, nur noch 0,44 Prozentpunkte über dem kantonalen Durchschnitt.

Mieten ist noch erschwinglich im östlichsten Bezirk des Kantons. Die Angebotsmieten für eine 20 Jahre alte 3,5-Zimmer-Wohnung mit 90 m2 Wohnfläche liegen zwischen rund 1400 Franken (Fischenthal) und 1750 Franken (Bubikon).

Zum Vergleich: In Zürich muss man für eine solche Bleibe mehr als 2500 Franken hinblättern, jeweils ohne Nebenkosten. Wer gerne eine neue Wohnung gleicher Grösse hätte, zahlt in Fischenthal 1600 Franken, in Bubikon 2030 Franken und in der Stadt Zürich 4190 Franken.

«Viel mehr als nur Kühe und Dampfbahn»

Der Grund für die tieferen Preise ist schnell erklärt: Von Hinwil fährt man mit der S-Bahn in 27 Minuten an den Zürcher Hauptbahnhof, Umsteigen in Wetzikon inbegriffen. Die Zugfahrt nach Winterthur dauert 41 Minuten, am Flughafen ist man in 43 Minuten. Scognamiglio: «Das lässt sich nicht vergleichen mit Uster oder Dübendorf

Der Bezirk Hinwil ist ländlich geprägt – trotz Wetzikon, das mit 26'000 Einwohnern die sechstgrösste Stadt des Kantons ist. Aber man dürfte die Gegend nicht unterschätzen, meint Scognamiglio: «Es gibt hier viel mehr als nur Kühe und eine Dampfbahn.»

Hier finden sich viele innovative Firmen.» Scognamiglio nennt Unternehmen wie Reichle & De-Massari, Sauber Motorsport oder auch die Juckerfarm, die in ihren Bereichen sehr innovativ seien.

Dynamik, Lebensqualität und Arbeitsplätze

Spannend ist ein Blick in die Steuerstatistik. So liegt das durchschnittliche steuerbare Einkommen in der Gemeinde Hinwil mit rund 70'000 Franken nicht nur deutlich unter jenem des Kantons Zürich (rund 90'000), sondern auch unter dem Schweizer Durchschnitt (zirka 80'000).

Die damit verbundenen, vergleichsweise tieferen Löhne können durchaus ein Standortvorteil für die zahlreichen Unternehmen in der Region sein, so Scognamiglio.

«Leute mit sehr hohen Einkommen wohnen eher in den steuerlich attraktiveren Gemeinden am Zürichsee näher bei der Stadt Zürich und bezahlen entsprechend mehr für Mieten und Eigenheime. Wer Dynamik will, Lebensqualität, Arbeitsplätze und bezahlbaren Wohnraum, der ist in Hinwil sicher an einem guten Ort.»

Einfamilienhaus für 1 Million? Gibts in Fischenthal

Es ist schwierig, in Immobilienfragen verallgemeinernd vom Bezirk Hinwil zu schreiben. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Gemeinden sind teilweise sehr gross.

So kostet ein durchschnittliches, freistehendes Einfamilienhaus mit 5,5 Zimmern in Fischenthal gerade mal 1,05 Millionen. In Wetzikon sind es 1,63 Millionen oder 60 Prozent mehr.

Während die Eigenheimpreise in Hinwil deutlich höher liegen als im Schweizer Durchschnitt, sind die Mieten praktisch deckungsgleich.

Donato Scognamiglio erklärt: «Wer es sich in den letzten Jahren leisten konnte, der kaufte ein Haus. Bei einem Zins von 1 Prozent kostete eine Hypothek (ohne Amortisation) von 1 Million nur 10'000 Franken im Jahr. Und wo konnte man sich dafür noch ein Haus kaufen? In Hinwil und Umgebung. Das hat die Preise in den letzten Jahren nach oben getrieben.»

Die Zeiten mit den tiefen Zinsen sind mittlerweile vorbei. Eine Million zu finanzieren, kostet heute rund dreimal mehr als noch vor zwei Jahren. Und das hat Folgen.

«Die Mieten dürften in den nächsten Jahren deutlich mehr zulegen als die Eigenheimpreise», sagt Donato Scognamiglio. Er rechnet mit Mietpreissteigerungen um 15 Prozent bis Ende 2024.  «Gleichzeitig sehe ich ein Ende der überproportionalen Preissteigerungen beim Wohneigentum.»

Sind das nun gute Nachrichten für potenzielle Hauskäufer? Nur bedingt. Eine durchschnittliche Eigentumswohnung mit 4,5 Zimmern kostet in Hinwil ziemlich genau 1 Million Franken. 200'000 Franken müssen als Eigenkapital eingebracht werden.

Und um bei der Bank einen Hypothekarkredit von 800'000 Franken zu erhalten, muss das Haushaltseinkommen zwischen 120'000 und 150'000 Franken betragen.

Auch für jene, die als Hausbesitzer die Preissteigerungen der letzten Jahre mitgemacht haben, hat Donato Scognamiglio eine Warnung: «Natürlich sind sie auf dem Papier reich geworden. Aber man darf nicht vergessen, dass auch alles in der Umgebung teurer geworden ist.»

Mit anderen Worten: Wer sein Haus verkaufen und etwas Günstigeres erwerben will, der findet das nicht im Zürcher Oberland.

Serie «Wohnen im Zürcher Oberland»

Dieser Beitrag ist der zweite Teil der dreiteiligen Serie zum Immobilienmarkt in der Region. Prof. Dr. Donato Scognamiglio nimmt die Bezirke Uster, Hinwil und Pfäffikon unter die Lupe – unter besonderer Berücksichtigung des Wohneigentums.

Teil 1 (Bezirk Uster) ist am 5. September erschienen, Teil 3 (Bezirk Pfäffikon) erscheint am 4. Oktober.

Der Unternehmer und Zürcher Kantonsrat Donato Scognamiglio gilt als einer der namhaftesten Experten in der Schweiz für Wohnungsfragen. Unter anderem ist er Verwaltungsratspräsident der von ihm mit aufgebauten Firma IAZI (Immobilienberatung und -bewertung) sowie der Bank Avera. An den kommenden eidgenössischen Wahlen kandidiert er für die EVP für einen Sitz im Nationalrat.

Im Herbst referiert und diskutiert Donato Scognamiglio an verschiedenen Standorten im Zürcher Oberland zum Thema Immobilien.

Mittwoch, 27. September: Turbenthal, Schützenstube ASV, 19.30 Uhr

Donnerstag, 12. Oktober: Dübendorf, Saal Obere Mühle, 18 Uhr

Dienstag, 17. Oktober: Hinwil, KGH Felsenhof, 18 Uhr

Mittwoch, 18. Oktober: Effretikon, reformierte Kirche, 18 Uhr

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