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Justiz

Verwaltungsgericht entzieht Casa Almeida die Bewilligung

Die Gemeinde Turbenthal hat der SRF-Auswandererfamilie Almeida 2019 nachträglich die Umnutzung ihres Gebäudes zu einem Bed and Breakfast bewilligt. Das Verwaltungsgericht entzieht diese Bewilligung nun wieder, weil das Grundstück mangelhaft erschlossen ist.

Das Bed and Breakfast Casa Almeida in Turbenthal ist mangelhaft erschlossen. , Die einzige legale Zufahrt ist ein schmaler Flurweg, der aber nicht verkehrssicher ist., Man könnte auch via Heerwiesweg fahren. Das ist aber ein Privatweg und nicht erlaubt.

Fotos: Bettina Schnider

Verwaltungsgericht entzieht Casa Almeida die Bewilligung

Die Unterkunft Casa Almeida in Turbenthal beherbergt jährlich zig Gäste. Um mit dem Auto zum Bed and Breakfast (B&B) zu gelangen, kann man über einen Flurweg oder über den Heerwiesweg fahren. Doch Letzteres wäre gar nicht erlaubt.

Das zeigt ein kürzlich publiziertes, rechtskräftiges Urteil des kantonalen Verwaltungsgerichts. Denn das Grundstück des Casa Almeidas besitzt kein Nutzungsrecht am Heerwiesweg. Es handelt sich um einen Privatweg, der einem Kreis anderer Anwohner gehört.

Der namenlose Flurweg, der in die Wiesentalstrasse mündet, ist wiederum wegen seiner geringen Breite für die Zufahrt ebenso ungenügend und nicht verkehrssicher. Die Unterkunft ist laut Verwaltungsgericht folglich mangelhaft erschlossen.

Nachträglich bewilligt

Doch wie kam es zu diesem Verwaltungsgerichtsurteil? 2019 hat die Gemeinde Turbenthal nachträglich die Umnutzung des Casa Almeida – es liegt in einer Wohnzone mit Gewerbeerleichterung – zu einem B&B und den Einbau einer Backstube genehmigt.

Mitinhaberin Beatrice Almeida backt dort Anisguetzli, die sie unter anderem an Märkten vertreibt. Züriost berichtete darüber. Die Familie Almeida ist ausserdem aus der SRF-Auswandererserie « Auf und davon »  bekannt. Sie ist vor zwei Jahren nach Kanada ausgewandert, wo sie nun ein Motel führt.

Zwei Parteien des Heerwieswegs haben sich 2019 gegen diese nachträgliche Bewilligung vor Baurekursgericht gewehrt und gefordert, diese aufzuheben und den Betrieb des B&B zu verbieten. Sie erhielten letztes Jahr Recht. Die Baukommission Turbenthal hat das Urteil unter Mitbeteiligung der Almeidas ans Verwaltungsgericht weitergezogen und ist dort nun erneut unterlegen.

Längere Vorgeschichte

Ursprung der ganzen Geschichte ist eine Baubewilligung der Gemeinde von 2011. Damals bauten die Almeidas die Wohnräume im Dachgeschoss zu Gästeräumen um. Es sei zwar bekannt gewesen, dass dieser Ausbau dem Betrieb eines B&B diente, heisst es im Urteil des Baurekursgerichts, das der Redaktion vorliegt.

«Die Gemeinde wusste, dass die Gäste diesen Weg nicht benutzen dürfen. »

Peter Rütimann, Anwalt der Rekurs-Parteien

Doch nach einer Anfrage der Rekurrierenden von 2017 haben spätere Abklärungen ergeben, dass die Nutzung gar nie formell bewilligt worden war. Die « diesbezüglichen, damaligen Baugesuchsakten hätten keinerlei Angaben bezüglich einer Bed & Breakfast-Nutzung beinhaltet», steht im Urteil. Auch die in den Revisionsplänen bezeichnete Backstube sei formell nicht bewilligt worden.

Die Turbenthaler Baukommission war der Meinung, dass der Heerwiesweg von Gästen befahren werden darf. Zumal die Liegenschaft jene Strasse als Adresse trägt. Der einstige Grundeigentümer hatte 1979 schriftlich erklärt, dass sie für die betroffene Liegenschaft als Zufahrt benutzt werden darf. Doch gibt es da einen Haken: Der Zugang sollte nur gelten bei einer «eventuellen Aufhebung» des schmalen, namenlosen Flurwegs.

1200 Übernachtungen pro Jahr

Die Gemeinde stellte sich 2017 auf den Standpunkt, dass baurechtlich «alles in Ordnung» sei. Das geht aus einer Nachricht an die Almeidas hervor, welche der Redaktion vorliegt. Das Schreiben gibt auch Einblick in das Gästeaufkommen: Von 1200 Übernachtungen pro Jahr im B&B ist darin die Rede. Davon seien Lastwagenchauffeure «an einer Hand abzählbar».

Lastwagenchauffeure sind erwähnt, weil sich Heerwiesweg-Anwohner wegen dem Gäste- und Lieferverkehr bei der Gemeinde beschwert hatten. Im Urteil des Baurekursgerichts von 2020 heisst es, dass sich die Eigentümer des Wegs «aktenkundig seit Jahren gegen die Besucher und Lieferanten [des Casa Almeida, Anmerkung der Redaktion] zur Wehr setzen».

Komplizierte Situation

Josef Almeida sagt auf Anfrage, dass die ganze Situation kompliziert sei und er und die Gemeinde längere Zeit nicht gewusst hätten, dass ihr Grundstück nicht via Heerwiesweg befahren werden dürfe. Er räumt ein, dass es im Zusammenhang mit dem B&B-Betrieb von Anwohnern zu Reklamationen gekommen sei. Das seien aber ein paar wenige, kleinere Einzelfälle gewesen.

Er spricht von einer «verchnorzten Situation» und von ein, zwei Nachbarn, die sich in diese Angelegenheit «ein wenig verbissen» hätten. Der Flurweg könne zudem gar nicht ausgebaut werden. Er betont ausserdem, dass die Gemeinde sich ihm gegenüber immer sehr fair und korrekt verhalten habe.

Zu Unrecht bewilligt

Die beiden Rekurs-Parteien verweisen für eine Stellungnahme auf ihren Anwalt Peter Rütimann, der in Winterthur eine Anwaltskanzlei betreibt. «Das Verwaltungsgerichtsurteil zeigt, dass die Gemeinde die Umnutzung zu einem Bed and Breakfast zu Unrecht bewilligt hat», erklärt er. Ähnlich ist es auch im Urteil formuliert. «Das streitbetroffene Bauvorhaben ist damit mangels genügender Erschliessung nicht bewilligungsfähig», heisst es da.

«Demjenigen, der das bearbeitet hat, ist ein Fehler passiert. »

Jürg Schenkel, Gemeindeschreiber Turbenthal

Rütimann sagt, dass die Rekurrenten mehrmals auf die Gemeinde zugegangen seien. «Die Gemeinde wusste, dass die Gäste diesen Weg nicht benutzen dürfen. Sie empfahl einmal sogar, eine Kette zu spannen.» Zudem hätten das auch mehrere Anfragen gezeigt, die auf die Unterhaltskosten für den Weg abgezielt hätten. «Da stellte sich die Gemeinde klar auf den Standpunkt, dass es ein Privatweg ist und sie keine Kosten übernehmen müsse.»

Knapp 10‘000 Franken

Der Turbenthaler Gemeindeschreiber Jürg Schenkel räumt auf Anfrage Fehler in der Angelegenheit ein. «Demjenigen, der das bearbeitet hat, ist ein Fehler passiert. Das ist sehr unschön.» Die Kosten für die beiden Gerichtsverfahren sowie die Parteienentschädigungen betragen für die Gemeinde knapp 10’000 Franken, wovon ein Teil die Almeidas übernehmen müssen.

Und wie geht es nun weiter? Im Urteil des Baurekursgerichts steht: «Die Vorinstanz [die Baukommission Turbenthal, Anmerkung der Redaktion] ist demnach einzuladen, die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands zu prüfen.» Muss das Casa Almeida also schliessen?

Ein Teilquartierplanverfahren

«Nein, nein», sagt Josef Almeida. Das Problem werde nun mit einem Teilquartierplanverfahren gelöst Im Baugerichtsurteil steht nämlich auch, dass die Einleitung eines solchen Verfahrens zu prüfen sei. Diesen Weg will die Gemeinde nun beschreiten. Den Parteien stehe aber auch offen, auf privatrechtlichem Wege eine Erschliessung über den Heerwiesweg zu ermöglichen, heisst es weiter.

Gemäss Peter Rütimann muss die Gemeinde umgekehrt vorgehen. Solange das Bed and Breakfast nicht ausreichend erschlossen sei, dürfe es nicht betrieben werden, betont der Anwalt. Ein solches Quartierplanverfahren könne Jahre dauern. Während dieser Zeit sei das B&B gerichtlich festgestellt baurechtswidrig.  

Die betroffenen Grundeigentümer können sich derzeit schriftlich zur Einleitung eines Quartierplanverfahrens äussern. Rütimann sagt, dass sich die Rekurrenten nun mit dem Quartier absprechen werden, wie sie weiter vorgehen wollen. Eins ist für ihn aber klar: «Bis das Casa Almeida richtig erschlossen ist, muss es die Gemeinde schliessen. Alles andere wäre doch ein Gewurstel.»

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