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Uster Märt wie früher – ist das Marktgefühl in diesem Jahr zurück?

Am Uster Märt trotzen die Besucher dem Regen – doch neben heimeligen Marktflair sorgen enge Gassen für Kritik.

Der Ustermaert ist trotz Regen gut besucht.

Foto: Mel Giese Pérez

Uster Märt wie früher – ist das Marktgefühl in diesem Jahr zurück?

Mit Regenschirm und Gummistiefeln

Gummistiefel und Glühwein– so trotzen die Besucher des Uster Märts dem typischen Regenwetter. Doch nicht alle sind zufrieden: Während die einen den heimeligen Marktflair geniessen, klagen andere über enge Gassen.

«Iss jetzt dis Gipfeli uf. Susch gah ich ohni dich ad Chilbi». Diese Warnung sitzt; der Fünfjährige schlingt das Gebäck runter. Dann schaut er erwartungsvoll seinen Vater an. Dieser packt ihn in einen blauen Regenmantel, zieht ihm die Kapuze über den Kopf und steckt die Regenhose in die Gummistiefel. Für das Regenwetter gewappnet, verlassen Vater und Sohn das Café – und werden kurz darauf von einer der vielen Gassen des Uster Märts verschluckt.

Der Uster Märt ist der älteste Markt im Kanton Zürich. Einst ein Vieh- und Warenmarkt, ist er heute ein zweitägiges Strassenfest mit Chilbi-Bahnen, Essensständen und Party-Hotspots. Und seit einigen Jahren scheint auch schlechtes Wetter dazu zu gehören – so auch dieses Jahr, zumindest am Donnerstag.

Damit kommen die Besuchenden aber zurecht. Bunte Regenschirme, Gummistiefel und Pelerinen bringen Farbe in den sonst grauen Tag. Es sind andere Fragen, die das Publikum beschäftigen. Wie viele Stände gibt es dieses Jahr? Wo kann ich feiern? Wie ist das Marktgefühl?

Denn nach der letztjährigen Durchführung wurde Kritik am Uster Märt laut. Ein kleineres Angebot, zu viel Abstand zwischen den Ständen und eben kein richtiges Marktgefühl – «irgendwie einfach nicht mehr der Uster Märt» hiess es von diversen Seiten.

Schön heimelig oder zu eng?

Beim Durchschlendern wird klar: Die Meinungen der Besuchenden zum diesjährigen Markt gehen auseinander. «Wow, jetzt hat es hier wieder Marktstände! Das ist ja mega cool», sagt eine Besucherin zu ihren Freunden.

Das «hier» bezieht sich auf die Zürichstrasse, deren Mitte dieses Jahr von Markt- und Essensständen gesäumt ist – im Gegensatz zum letzten Jahr. «Das sorgt einfach für mehr Marktgefühl. Die Enge schafft eine heimelige, herzige Atmosphäre», kommentiert eine andere junge Frau aus der Gruppe.

Ganz anderer Meinung ist eine Glühweinverkäuferin direkt am Nüsslikreisel beim Stadthaus. «Es ist dieses Jahr alles etwas enger. Wie soll die Feuerwehrpolizei bei einem Notfall hier durchkommen?» Aus Sicherheitsgründen empfand sie den letztjährigen Uster Märt als besser. «Nicht mal davonrennen kann man.»

Man sieht mehrere Personen mit einem Regenschirm.
Der Regenschirm ist das beliebteste Accessoire am ersten Markttag. Kurz nach dem Mittag wird es eng auf gewissen Gassen.

Für die Sicherheit am Markt ist die Stadtpolizei Uster verantwortlich. Diese hält sich an ein umfassendes Sicherheitskonzept, nach welchem auch die Platzierung der Marktstände gehandhabt wird.

Nach dem letzten Jahr hat die Stadt die Anordnung der Marktstände an der Zürichstrasse zwischen Wasserkreisel und Nüsslikreisel optimiert, damit auch in der Strassenmitte Marktstände wieder ihren Platz finden.

Ein Abfall-Trio

Gibt es grössere Abstände zwischen den Marktständen, wurden diese oft mit Mülleimern aufgefüllt. Diese kommen im Trio daher: Einer für Pet, einer für Alu und einer für den Restmüll. Eine Massnahme, die den Uster Märt nachhaltiger gestalten soll.

Man sieht eine Alu-Tonne, eine PET-Tonne und einen herkömmlichen Abfalleimer.
Recycling am Uster Märt: Auf dem ganzen Marktareal finden sich diese drei Abfalleimer.

Dieses Nachhaltigkeitskonzept muss vorerst reichen. In den letzten Jahren kam in der Politik immer wieder das Thema Mehrwegbecher und ein Depotsystem an Ustermer Veranstaltungen auf. Dieses ist aber mit einem grossen Zeitaufwand verbunden, weshalb die neue Regelung erst per Januar 2025 oder 2026 eingeführt werden soll.

Glühwein- und Chnoblibrot-Verkäuferin Anita kennt das Depotsystem von anderen Märkten. Das sei schon ein grösserer Aufwand für sie als Gastrobetreiberin. «Hier sind die Menschen aber viel rücksichtsvoller», sagt sie, weswegen es in Uster ihrer Meinung nach auch ohne funktioniert.

Nachhaltigkeit als Selbstverständlichkeit

Zwei, die zum ersten Mal am Uster Märt sind und selbständig ein Depotsystem eingeführt haben, sind Moritz und Billy. Sie wohnen im Oberland und haben sich aufgrund des Datums entschieden, am diesjährigen Uster Märt einen Glühwein-Stand zu betreiben.

Sie schenken ihren Glühwein, Met oder Punsch in richtigen Tassen aus und schlagen auf den Verkaufspreis ein Depot auf, das die Kunden zurückerhalten, wenn sie die Tasse zurückbringen. «Wir haben nicht speziell Auflagen von der Stadt Uster erhalten, aber für uns ist das selbstverständlich.»

Seit 35 Jahren Fan

Zwischen dem Märt-Balken und dem Wasserkreisel findet sich der Marktstand von Schampi. Er, der eigentlich Jean Paul heisst, aber von allen nur Schampi genannt wird, besucht den Uster Märt schon seit 35 Jahren. Früher als Privatperson, heute als Betreiber des Nuggi-Clubs.

Ein älterer Mann.
Schampi ist seit 35 Jahren am Uster Märt anzutreffen. Er begrüsst die Veränderungen, die es in den letzten Jahren gab.

In all dieser Zeit habe sich viel verändert. «Die Marktstände sind heute anders verteilt als früher und aus Sicherheitsgründen gibt es auch breitere Fluchtwege», was Schampi besser findet als früher. Er empfindet es als positiv, dass die Essensstände grobflächiger verteilt sind und dass es heute mehr Platz gibt. «Das ist sicher interessanter für die Besuchenden.»

Was er schön findet, ist, dass man einen Kreislauf machen kann: «Vom Bahnhof kann man den ganzen Markt erkunden, rundherum laufen und endet dann wieder beim Bahnhof.» Und nach 35 Jahren, ist er noch immer Fan vom Uster Märt. «Früher kamen wir wegen den Kindern. Und heute kommen wir nicht mehr wegen den Kindern», sagt Schampi mit einem verschmitzten Lachen. «Man trifft sich hier eben.»

Susi ist zum achten Mal beim Uster Märt zu Besuch. Sie ist mit ihren Arbeitskollegen über Mittag von Volketswil nach Uster getuckert. «Wir haben das Gefühl, dass es dieses Mal etwas weniger Menschen hat», sagt sie. Doch die Stimmung sei wie immer: Bombe. Ihre Mitarbeitenden können da nur zustimmen.

Man sieht eine Gruppe von sechs Personen.
Susi (violette Jacke) und ihr Team geniessen ihre Mittagspause am Uster Märt. Die Stimmung? «Bombe!»

Bis zum Redaktionsschluss war es zu früh, ein umfassendes Fazit zum Uster Märt 2024 abzugeben. Gespräche mit Marktbetreibern und Besuchenden zeigen, dass sich die Meinungen zum diesjährigen Markt spalten.

Während die einen sich über das grosse Angebot und das lebendige Gewusel freuen, schimpfen andere über das Gedränge. So zieht sich die Stimmung an diesem ersten Märt-Tag von euphorischer Freude bis hin zur Schlecht-Wetter-Miene.

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