Spital Uster zeigt sich zuversichtlich: Doch woher soll das Geld kommen?
Aktienkapitalerhöhung und CEO-Abgang
Der Direktor gehe, doch alles sei gut, sagt das Spital. Auch in den Gemeinden beunruhigt der Abgang des CEOs nicht. Schliesslich sei auch die Aktienkapitalerhöhung auf gutem Weg.
Und wieder einmal gerät das Spital Uster in die Schlagzeilen. Über einen «Wechsel in der Geschäftsleitung» informierte das Gesundheitsinstitut an diesem Montag per Medienmitteilung. Der bisherige Direktor Andreas Greulich wechselt in die Hirslanden-Gruppe, wo er die Leitung der Birshof-Klinik in Münchenstein BL übernimmt.
«Davon habe ich auch gerade erst erfahren», sagt die Gemeindepräsidentin von Greifensee, Monika Keller (FDP), am Telefon während einer Pause im Kantonsrat. Ihre Gemeinde ist eine von zehn Aktionärsgemeinden, die das Spital Uster tragen.
Abschreibungen als Ursache
Und weil das Spital Uster finanzielle Altlasten hat, braucht es Geld. Eine Aktienkapitalerhöhung von 20 auf 60 Millionen Franken ist notwendig.
Die 40 Millionen Franken aus der Aktienkapitalerhöhung benötigt das Krankenhaus, weil aus dem Jahresergebnis 2022 ein Minus von 5,2 Millionen Franken resultierte. Ursache für den Millionenverlust waren Abschreibungen aus dem gescheiterten Bauprojekt «Vrenelisgärtli». Damit ist die Eigenkapitalquote auf 16,3 Millionen Franken oder 13,4 Prozent der Bilanzsumme gesunken.
Mit der Aktienkapitalerhöhung sollen Schulden abgebaut, anfallende Sanierungen finanziert und Investitionen getätigt werden. Allerdings ist es auch eine Vorgabe der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich, die Eigenkapitalquote auf mindestens 30 Prozent zu heben, um weiterhin Leistungsaufträge als Spital zu erhalten.
Greifensee bleibt hart
Greifensee war im Sommer dieses Jahrs eine jener Gemeinden, die sich nicht für eine anteilsmässige Erhöhung ihres Aktienkapitalanteils aussprachen. «Wir sind schon jetzt gemessen an unserer Bevölkerung überproportional beteiligt», erklärt Monika Keller. Mit rund 2,9 Millionen Franken hätte sich die Gemeinde an der Aktienkapitalerhöhung beteiligen müssen, um ihrem prozentualen Anteil zu entsprechen. Der Gemeinderat sprach sich aber im Juli dafür aus, die Beteiligung lediglich um 546’000 Franken zu erhöhen. Und daran hat sich auch jetzt nichts geändert.
Umso mehr stellt sich die Frage, wieso das Spital in derselben Mitteilung, in der es vom Wechsel des Spitaldirektors und von der sofortigen Freistellung «im gegenseitigen Einvernehmen» spricht, auch mitteilt: «Die Kapitalerhöhung ist auf gutem Weg …»?
Weiter heisst es: «An ihrer ausserordentlichen Generalversammlung vom 25. Oktober haben sich die Aktionärsgemeinden geschlossen hinter das Spital gestellt und einstimmig beschlossen, sich bei ihrer jeweiligen Bevölkerung für die Bereitstellung der erforderlichen finanziellen Mittel einzusetzen.»
Darauf angesprochen, erklärt die Gemeindepräsidentin von Greifensee: «Ich weiss, dass andernorts Gespräche stattgefunden haben, wie hoch das Aktienkapital erhöht werden soll.» Das Ganze sei eine dynamische Geschichte, und es gehe um den Betrag insgesamt, der es dem Spital ermögliche, weiterzubestehen. Letzteres muss es mit einem neuen CEO. «In der aktuellen Situation wünscht man sich schon Stabilität», erklärt Keller auf die Frage nach dem Zeitpunkt des Direktorenwechsels.
Russikon und Hittnau überdenken ihre Praxis
«Ich habe Andreas Greulich einen fähigen Mann gefunden», erzählt der Russiker Gemeindepräsident Philip Hirsiger (parteilos), der den Abgang des Direktors bedauert. In seiner Gemeinde, die Gespräche mit dem Spital führte, ist ein Wiedererwägungsgesuch an den Gemeinderat hängig. Dessen Inhalt? Sich der Aktienkapitalerhöhung anzuschliessen. «Wir haben Gespräche mit dem Spital geführt, in denen uns klar wurde, dass ein symbolischer Beitrag nicht reicht.» Russikon wollte eigentlich lediglich 10’000 Franken an die 40 Millionen zahlen.
Auch Hittnau war eine jener Gemeinden, die die Aktienkapitalerhöhung nicht vollumfänglich mitgehen wollten. Im Juli informierte die Gemeinde: «Da Hittnau die zweitkleinste Trägergemeinde ist und andere finanzielle Themen anstehen, werden aus solidarischen Gründen für 10’000 Franken Aktien gezeichnet und wird somit mitgeholfen, kurzfristige finanzielle Engpässe überbrücken zu können», heisst es im Bericht. Gemäss Verteilschlüssel wären 472’000 Franken angestanden. Doch jetzt ist alles anders.
«Eine Delegation des Verwaltungsrats des Spitals war vor Ort, und es fanden Gespräche auf Augenhöhe statt», erklärt Gemeindepräsident Carlo Hächler (FDP). «Im Gemeinderat haben wir anschliessend beschlossen, dass wir ein grösseres Zeichen setzen und mehr Aktien zeichnen wollen, um einen Konkurs zu verhindern.» Denn aufgrund der Rechtslage und der Beteiligung der Gemeinden am Spital, an dem die Stadt Uster aus Risikoüberlegungen nicht mehr als 49,63 Prozent halten will, hat jeder fehlende Franken seine Auswirkung. Dieser Hebelwirkung ist sich auch Hittnau bewusst geworden.
«Wenn wir weniger Aktien haben, dann muss auch Uster weniger Aktien besitzen, damit sie bei ihrer Minderheitsbeteiligung von 49,63 Prozent bleibt.» Wenn in Uster das Stimmvolk an der Urne über die Aktienkapitalerhöhung entscheidet, wird dieser Passus auch im Abstimmungstext stehen. «Das ist ein integraler Bestandteil des Dispositivs, den der Gemeinderat ergänzt hat. Dies, damit die Minderheitsbeteiligung auch klar verbindlich ist», erklärt Karin Fehr Thoma (Grüne), Gesundheitsvorsteherin in Uster.
Für das Spital derweil, so der Hittnauer Gemeindepräsident, sei die Aktienkapitalerhöhung existenziell. «Wir wollen das Spital überleben lassen, denn es hat durchaus Chancen, auch durch Bevölkerungswachstum im Einzugsgebiet wie dem Glattal.» Im März werde man deshalb die Aktienkapitalerhöhung vor das Hittnauer Stimmvolk bringen.
Angesprochen auf den Abgang des CEOs in der aktuellen Situation, meint der Hittnauer Gemeindepräsident: «Das beunruhigt uns nicht. Jeder ist ersetzbar.» Er habe Greulich sehr geschätzt. Allerdings bedeute ein Verlust auch immer eine Chance.
Auch in Uster zeigt sich die Gesundheitsvorsteherin alles andere als besorgt: «Ich habe die Nachricht ruhig aufgenommen. Letztlich ist das ein Prozess, den man nicht überbewerten sollte.» Mit Vital Schreiber, dem bisherigen Chefarzt Chirurgie und stellvertretenden Direktor, habe eine gute interimistische Lösung gefunden werden können.
Spital zeigt sich zuversichtlich
Beim Spital äussert sich Verwaltungsratspräsidentin Sacha Geier wie folgt über den Wechsel in der Geschäftsleitung: «Andreas Greulich hat uns letzte Woche darüber informiert, dass er eine neue berufliche Herausforderung sucht.» Angesprochen auf die Frage, wie sie auf diesen Wunsch reagiert habe, sagt Geier: «Wir haben ihn akzeptiert und wünschen ihm zu seinem Start bei der Hirslanden-Gruppe am 1. Februar alles Gute.»

Gut unterwegs sei auch die an der ausserordentlichen Generalversammlung gesprochene vollumfängliche Aktienkapitalerhöhung der Gemeinden. Angesprochen auf die Frage, ob jene Gemeinden, die ihre finanzielle Unterstützung im Sommer noch teilweise untersagt hätten, jetzt andere Beträge sprechen würden, wiederholt die Verwaltungsratspräsidentin am Telefon: «An der ausserordentlichen Generalversammlung vom 25. Oktober haben sich alle Aktionärsgemeinden für eine vollumfängliche Erhöhung des Aktienkapitals ausgesprochen.» Jetzt gelte es, die politischen Prozesse in den Gemeinden abzuwarten. «Diesen blicken wir positiv, gelassen entgegen. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit.»
Es fehlt immer noch Geld
Viele andere Fragen bleiben unbeantwortet. Wie ändern sich die Beteiligungsverhältnisse der Gemeinden, wenn doch alle für eine vollumfängliche Erhöhung sind, Greifensee aber an den rund 546’000 Franken festhält und somit 2,35 Millionen Franken fehlen? Erhöhen beispielsweise Dübendorf und/oder Pfäffikon ihre Anteile weiter?
Wie der Pfäffiker Gesundheitsvorsteher Lukas Weiss (Grüne) festhält, war das nicht Gegenstand von Diskussionen. Er erklärt zudem, dass das Spital auch mit weniger als 40 Millionen Franken auskommen könnte. «Gemäss Aktienrecht entscheidet der Verwaltungsrat, nachdem in den Aktionärsgemeinden abgestimmt wurde, über den zur Verfügung stehenden Gesamtbetrag der Kapitalerhöhung.»
Wie hoch wird dieser sein? Gemeinden wie Hittnau und Russikon haben bereits durchblicken lassen, dass sie, auch aufgrund der Hebelwirkung und der Anteilsverhältnisse Usters, ihre symbolischen Beiträge überdenken.
Sollte Mönchaltorf, wo der Gemeinderat das Thema Aktienkapitalerhöhung für Dienstag, 31. Oktober, traktandiert hat, seinen Verpflichtungen nachkommen, fehlen – Stand jetzt – immer noch 4 Millionen Franken. Würde dieser Anteil nicht kompensiert, müsste Uster seinen Anteil auch herunterschrauben. Wie existenzsichernd wären 30 Millionen Franken für das Spital Uster? Egal, wie eine Antwort auf diese Frage ausfällt: Am Ende wird das Volk entscheiden.