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So krönte er seine fast perfekte Saison

Skirennfahrer Alessio Miggiano aus Bubikon startet nächstes Jahr im Weltcup – dank seiner grossen Konstanz.

Die richtige Linie gefunden: In sieben von acht Europacup-Abfahrten fuhr Alessio Miggiano in die Top Ten.

Foto: PD

So krönte er seine fast perfekte Saison

Oberländer holt Weltcup-Startplatz

Skirennfahrer Alessio Miggiano aus Bubikon startet nächstes Jahr im Weltcup – dank seiner grossen Konstanz.

Die Haare abrasiert hat er sich nicht. Und am Flughafen warteten am Dienstagmittag keine Fans und Autogrammjäger auf ihn, sondern der Vater. «Ja, wir sind ziemlich inkognito nach Hause gekommen», sagt Alessio Miggiano.

Im Gepäck hatte der Bubiker keine Medaillen von einem Grossanlass, wie es bei den Schweizer Weltcup-Skifahrern unterdessen fast an der Tagesordnung liegt. Aber er nahm vom Europacup-Final in Kvitfjell etwas mit, das für ihn sehr wertvoll ist: einen fixen Startplatz für die nächste Weltcup-Saison.

Die Schweizer Abfahrer sind kaum zu bezwingen. Im Weltcup liegen die besten Swiss-Ski-Athleten vor dem Final vom Wochenende in der Disziplinenwertung auf den Rängen 1, 2, 3, 7 und 8. Die zweite Garde steht den Stars in nichts nach. Im Europacup schliessen die besten Schweizer die Abfahrts-Wertung auf den Rängen 1, 2, 4, 5 und 10 ab. Und mittendrin Miggiano.

Trotz Erfolg blieb er geerdet

Der Bubiker hat eine annähernd perfekte Saison hinter sich. Der Weltcup-Fixplatz, den die Top 3 der Disziplinenwertung holen, war für den 22-Jährigen nicht von Beginn weg ein erklärtes Ziel, zumal vor dieser Saison ein 14. Rang sein Abfahrts-Bestresultat im Europacup war. «Es wäre gewagt gewesen, das als grosses Ziel auszurufen. Doch ich wusste, dass ich das Zeug dazu habe, vorne mitzufahren.»

Das tat er dann auch sehr konstant. Sieben von acht Abfahrten beendete Miggiano in den Top Ten – mit dem Sieg auf dem österreichischen Pass Thurn Mitte Januar als Höhepunkt.

Nach diesem Rennen begann er den Fokus auf den möglichen Fixplatz zu richten. «Es war mir aber wichtig, deshalb nicht anders Ski zu fahren und mich nicht darauf zu konzentrieren, was ich erreichen könnte, sondern, was ich im Moment zu tun habe.»

Das gelang ihm ganz offensichtlich. Miggiano blieb geerdet, was nicht selbstverständlich ist, zumal er auch erstmals Weltcup-Luft schnuppern durfte. In Gröden, Bormio, Kitzbühel und Kvitfjell war er dabei. «Ich konnte extrem viel lernen, und das gab mir Vertrauen für den Europacup, wo ich dann mit noch mehr Überzeugung auf dem Ski stand.» Beinahe reichte es ihm im Weltcup gar zu einem Top-30-Platz und damit zu ersten Punkten. In Kvitfjell lag er bei der letzten Zwischenzeit noch auf dem 25. Rang, ehe er auf den letzten 16 Fahrsekunden noch auf den 43. Platz zurückfiel.

Nicht zuletzt deshalb wurmt es Miggiano, dass die Abfahrt am Europacup-Final in Kvitfjell dem Wind zum Opfer fiel. «Ich hätte mit der Strecke noch eine Rechnung offen gehabt», sagt er. Und zu gerne hätte er Livio Hiltbrand noch von der Spitze der Disziplinenwertung verdrängt. So aber bleibt er mit neun Punkten Rückstand auf seinen engen Freund Zweiter. «Ich hätte ihn gerne noch etwas genervt. Und ich wäre gerne gefahren, um noch einmal zu unterstreichen, dass ich den Fixplatz verdient habe.»

Alessio Miggiano (links) und Livio Hiltbrand am Europacup-Final 2025 in Kvitfjell
Die guten Freunde feiern zusammen: Alessio Miggiano (links) und Livio Hiltbrand am Europacup-Final in Kvitfjell.

Diesen Beweis will er nun in der nächsten Saison im Weltcup antreten. Der Fixplatz erspart ihm die interne Qualifikation im Training – «für uns junge Fahrer ist es wichtig, dass wir uns ohne Druck an die Strecken herantasten können».

Druck? Nein, ein «Privileg»

Löst aber der Gedanke daran, dass man in der nächsten Saison in einem Team mit Fahrern wie Marco Odermatt, Franjo von Allmen oder Alexis Monney bestehen muss, nicht auch Druck aus?

Miggiano wählt eine andere Perspektive. Er denkt an die Swiss-Ski-Fördergefässe, aus denen die aktuellen Weltklassefahrer hervorgegangen sind, und sagt: «Ich habe die gleichen Wegbegleiter wie sie. Wieso soll ich nicht denselben Weg einschlagen? Ich sehe es als Privileg, mit solchen Fahrern zusammenzuarbeiten und von ihnen zu lernen. Ich halte mich lieber daran fest als an der Angst, den Erwartungen nicht gerecht zu werden.»

Hoch werden die Erwartungen aber alleweil sein. Gerade wenn man sich vor Augen führt, dass etwa Franjo von Allmen vor zwei Jahren exakt am selben Punkt stand wie Miggiano heute – als Zweiter der Europacup-Abfahrts-Wertung. Unterdessen ist er Weltmeister und zweifacher Saisonsieger im Weltcup. «Es kann ja nicht jedes Jahr einen wie ihn geben», sagt Miggiano, «aber ich verstehe absolut, was das für Erwartungen wecken kann. Es ist ja auch schwierig, sich nicht daran zu gewöhnen, was derzeit in der Ski-Schweiz abgeht.» Überspitzt gesagt: Besser geht es kaum – es kann eigentlich nur schlechter werden.

Klar ist aber auch: Resultate liefern müssen andere – Miggiano kann sich in ihrem Schatten herantasten. Verändern wird sich das Umfeld wohl etwas mit dem absehbaren Wechsel der Trainingsgruppe – statt Franz Heinzer dürfte künftig Vitus Lüönd Miggianos Gruppentrainer sein. Doch auch in der nächsten Saison wird der Bubiker zwischen Welt- und Europacup pendeln – so, wie es Hiltbrand heuer getan hat.

Der Berner Oberländer, der ein Jahr jünger ist als Miggiano, war in dieser Saison mit einem Fixplatz im Weltcup unterwegs. Zweimal fuhr er in die Punkte – und sicherte sich den Fixplatz mit dem Sieg in der Europacup-Disziplinenwertung erneut. «Mit einer solchen Bilanz wäre ich in einem Jahr auch zufrieden», sagt Miggiano. «Ich werde einfach versuchen, mir treu zu bleiben und alles so zu nehmen, wie ich es bis jetzt genommen habe.» Damit ist er ja bisher im Wortsinn ganz gut gefahren.

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