Sie führen das Erbe der UeBB weiter
Verlagsbeilage «Mobilität»
Dampfende Züge und ratternde Wagen gehören dank dem Dampfbahn-Verein Zürcher Oberland (DVZO) zu einem festen Bestandteil des regionalen Mobilitätsangebots. Für diese historischen Fahrten wurde vor über 125 Jahren mit dem Bau der Uerikon-Bauma-Bahn (UeBB) der Grundstein gelegt.
Dieser Beitrag wurde in der Verlagsbeilage «Mobilität» veröffentlicht, die am 19. März mit dem «Zürcher Oberländer» und dem «Anzeiger von Uster» erschienen ist.
Adolf Guyer-Zeller (1839–1899) hatte zum Ende des 19. Jahrhunderts eine Vision: eine Transversalbahn vom Bodensee bis zum Zürichsee mit Anschlüssen nach Mailand und Konstantinopel. Ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Halt auf der Strecke: Neuthal. Hier befand sich das Fabrikareal des Baumwollindustriellen Guyer-Zeller.
Es war nicht die einzige Vision des Eisenbahnenthusiasten, und längst nicht jede schaffte es, verwirklicht zu werden. Zu dieser Zeit schossen neue Bahnstrecken wie Pilze aus dem Boden, und die Investoren verfolgten mehrheitlich ihre eigenen Pläne. Von der ursprünglichen Idee einer direkten Verbindung vom Bodensee zur italienischen Modemetropole blieb schliesslich die normalspurige Lokalbahn zwischen Uerikon und Bauma übrig. Ihre feierliche Eröffnung am 30. Mai 1901 erlebte Adolf Guyer-Zeller jedoch nicht mehr mit. Er verstarb zwei Jahre zuvor mit 60 Jahren.
Harziger Betrieb
Eine Erfolgsgeschichte, wie etwa die von Guyer-Zeller vorangetriebene Jungfraubahn, wurde die Uerikon-Bauma-Bahn aber nie. Der Betrieb lief von Beginn weg harzig, ein hohes Güter- und Fahrgastaufkommen blieb aus, und die Bahn bekam den wenig schmeichelhaften Übernamen «Ueberbeibahn». 1946 wurde sie als letzte Bahn der Schweiz verstaatlicht, und wegen fehlender finanzieller Mittel elektrifizierte man nur die Strecke Hinwil–Bäretswil–Bauma. Zwischen Uerikon und Hinwil übernahmen fortan VZO-Busse den Transport von Reisenden. Ab 1969 wurde auch auf der übrigen Strecke auf den Busbetrieb umgestellt, wobei die Schienen hauptsächlich für den Transport zum Kieswerk der FBB genutzt wurden. Die endgültige Stilllegung des Bahnverkehrs zwischen Bauma, Bäretswil und Hinwil erfolgte drei Jahre später.
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Ein Entscheid, der nicht allen passte. So träumte der Zürcher Sek-Schüler Thomas Hager von einem Museumsbetrieb zwischen Dürnten und Bubikon oder Bubikon und Wolfhausen. Mit Gleichgesinnten gründete er 1969 einen Verein, der sich später Dampfbahn-Verein Zürcher Oberland (DVZO) nannte und schon bald nach der Gründung erstes eigenes Rollmaterial besass und dieses auch ausfuhr. Im Jahr 2000 konnte der Verein die Strecke Bäretswil–Bauma mit allen Bahnanlagen für einen symbolischen Franken übernehmen.
Viele helfende Hände
Mittlerweile zählt der DVZO rund 200 Aktivmitglieder und bietet von Mai bis August jeden zweiten und im September und Oktober gar jeden Sonntag Dampfbahnfahrten zwischen Bauma und Hinwil an. Damit diese stattfinden können, stehen jeweils 25 bis 30 freiwillige Helferinnen und Helfer im Einsatz. Sie verkaufen etwa Tickets, heizen den Kessel der Dampflok ein oder sorgen für die Sicherheit auf der Strecke.
Seit über 15 Jahren ist Christian Schlatter Teil des DVZO. Der 36-Jährige fand über seine Leidenschaft für die Eisenbahn zu seinem Engagement. «Es war die Verwirklichung eines Bubentraums. Ich arbeitete in der Werkstatt und konnte mich zum Heizer und später sogar zum Lokführer weiterbilden lassen. Zudem war ich auch Vorstandsmitglied und übernahm so schon in jungen Jahren viel Verantwortung.» Heute ist er für das Marketing des Vereins zuständig.
Die Zeitzeugen der Eisenbahngeschichte zu erhalten und einem breiten Publikum zugänglich zu machen, ist seit seiner Entstehung das Ziel des DVZO. Und mit der Teilstrecke der ehemaligen UeBB habe man eine ideale Grundlage für dieses Unterfangen. «Die viele Brücken, Stützbauten und Bachdurchlässe zwischen Bauma und Hinwil oder auch das Rattern der nicht lückenlos verschweissten Schienen machen die Fahrt zu einem besonderen Erlebnis. Bemerkenswert ist auch die zu überwindende Steigung, die ähnlich wie am Gotthard ist», so Schlatter.
Mekka für Eisenbahnfreunde
Originalrollmaterial wie die Lok 401 oder die Uniformen von früher sorgen bei den Besucherinnen und Besuchern der Sonntagsfahrten für ein Gefühl wie zu Zeiten von Adolf Guyer-Zeller. Und auch auf der Strecke gibt es zahlreiche alte Bauten oder Bahnutensilien, die aus der damaligen Zeit stammen. Bei gewissen Sachen wurde allerdings nachträglich etwas nachgeholfen. «Der von Hand bediente Barriereposten in Neuthal oder das Stellwerk in Bäretswil gab es bei der UeBB so nie. Jedoch zeigen sie, wie es hätte sein können und was es früher alles brauchte, um einen Eisenbahnbetrieb aufrechtzuerhalten.»
Dieser Mix aus Originalen aus der Zeit der Uerikon-Bauma-Bahn und weiteren historischen Eisenbahngegenständen macht den Zauber des DVZO aus. Mit dem Projekt «Depotareal Bauma 2020» soll das ausgestellte Ensemble gar noch vergrössert und Bauma zu einem Erlebnisort für die Schweizer Eisenbahngeschichte werden. Und auch wenn es die von Adolf Guyer-Zeller angestrebte Transversalbahn nicht über das Reissbrett hinausschaffte, so legte er mit seinen Bemühungen den Grundstein, damit das Tösstal zu einem bedeutenden Ort für Eisenbahnfans wurde.