Gesellschaft

Ein Schwerzenbacher erzählt

Sie bereisten 70 Länder ohne Google Maps

Hans Deflorin und seine Frau stammen aus Schwerzenbach, waren aber schon in der ganzen Welt unterwegs. Da Deflorin viel zu erzählen hat, hält er in der Region Vorträge.

Hans Deflorin aus Schwerzenbach bereiste 70 Länder. Heute hält er Vorträge darüber.

Foto: Zvg

Sie bereisten 70 Länder ohne Google Maps

Hans Deflorin und seine Frau stammen aus Schwerzenbach, waren aber schon in der ganzen Welt unterwegs. Da Deflorin viel zu erzählen hat, hält er in der Region Vorträge.

Benjamin Spielmann

«Das Reisen hat mich seit jeher fasziniert – das Fernweh hat mich früh gepackt», sagt der 79 Jahre alte Hans Deflorin. In seinem blühenden Garten in Schwerzenbach erzählt er von seinen Abenteuern: «Ich war sogar der Erste in meiner Familie, der die Landesgrenzen überschritt.» Mit seiner Frau bereiste er rund 70 Länder. Heute teilt er seine Erlebnisse in Vorträgen, die von Interessierten aus der Region gerne besucht werden.

Aber von vorne: Drei Monate nach der Hochzeit mit seiner Frau im Jahr 1972 reiste das frischvermählte Paar nach Südafrika, mit dem Ziel, sich dort niederzulassen. Wegen der Apartheid scheiterten diese Pläne. Als Rucksacktouristen nahmen sie den Rückweg in die Schweiz in Angriff.

Hans Deflorin in seinem Garten.
Hans Deflorin in seinem Garten.

Anstelle der geplanten fünf Monate, dauerte der Trip fast ein Jahr. Denn es folgten Abstecher nach Ostafrika, Indien, Sri Lanka, Nepal, Thailand und weitere Länder im Fernost. «Das Geld reichte einfach immer weiter, alles war günstig», sagt Deflorin.

Zwar blieb das Paar nicht von Strapazen verschont. Es wurde vor allem in Indien wiederholt von Ungeziefer wie Sandflöhen, Läusen und Bettwanzen heimgesucht, «aber zum Trampen gehörte das einfach dazu». Ein besonderer Höhepunkt war die Besteigung des Kilimandscharo im Jahr 1974. Während eine solche Tour heute meist eine Woche dauert, brauchten die Deflorins für die 110 Kilometer und 9000 Höhemeter nur viereinhalb Tage – mit geliehener und «extrem primitiver» Ausrüstung.

Grössere Reisen erst wieder nach der Familienpause

Nach der Rückkehr in die Schweiz gründete das Ehepaar eine Familie. Mit den Kindern ging es nicht mehr durch den afrikanischen Busch, sondern auf Zeltplätze in der Schweiz. «Die Kinder waren da happy.» Ausgedehnte Trips unternahm das Ehepaar erst wieder nach der Jahrtausendwende, als die Kinder grösser waren. Deflorin sagt: «Zuerst ging es über den Teich mit Wohnmobil und Mietwagen.» Ohne Handy und Internet sei die Planung abenteuerlicher gewesen als heute. Danach folgte jährlich eine grössere Reise von mehreren Wochen.

Hans Deflorin posiert vor einem Wohnmobil.
Nach der Familiengründung waren die Deflorins öfter mit dem Wohnmobil unterwegs.

Besonders das unkomplizierte Reisen abseits der gängigen Touristenpfade faszinieren Deflorin: «Ich fahre für mein Leben gern Auto, für mich ist das Erholung. Wenn immer möglich fahre ich selbst.» Dabei bleibt das Handy tagsüber aus, auch Roaming gibt es keines. Man komme überall ins Gespräch, und viele Dinge wie Übernachtungen oder neue Routen lassen sich vor Ort rasch und unkompliziert organisieren. Das Paar hat sich so über die Jahre ein internationales Beziehungsnetz mit gegenseitigen Besuchen aufgebaut.

Einen grossen Anteil an den erfolgreichen Reisen habe seine Frau, so Deflorin. Sie habe immer alles mitgemacht, «was nicht selbstverständlich ist». Sie habe einen ausgezeichneten Orientierungssinn und könne super Kartenlesen. «Sie ist die beste Beifahrerin, die man sich erdenken kann», sagt er.

Von der Super-8- zur Digitalkamera

Deflorin hat seine Erlebnisse stets gefilmt und fotografiert. Früher mit der Super-8-Kamera, heute ausschliesslich digital. «Das macht es einfacher.» Die analogen Aufnahmen digitalisiert er.

Auf Anfrage von Pfarrer Benjamin Wildberger berichtete Deflorin erstmals im Jahr 2018 im ökumenischen Kafi Schwerzenbach über seine Abenteuer. Seitdem wiederholt er das jährlich. Dabei stellt er seine Aufnahmen zu einem Film zusammen. Die dafür notwendigen PC-Kenntnisse hat er sich selbst angeeignet.

Das Feedback und die Gespräche, die sich nach den Vorträgen ergäben, seien eine grosse Motivation für weitere Präsentationen und Filmbeiträge. «Die Bilder kommen beim Publikum sehr gut an.» Er freut sich auch über handgeschriebene Dankesbriefe, die er regelmässig erhält.

Denn: «Wir machen das alles unentgeltlich.» Er will die Zuhörenden, die nicht gleich viel reisen konnten, mit seinen Vorträgen in die fremden Länder entführen. Deshalb beschränke er sich auf das Schöne. «Strände voller Quallen zeige ich nicht.»

Früher viel mit Auto, heute auch geführte Touren

Im Gegensatz zu früher fahre er auf Reisen nicht mehr so oft Auto. So geht es im nächsten Jahr in die Türkei mit einer Gruppe. Das ist für ihn kein Problem: «Ich trauere nichts nach, was ich nicht mehr machen kann. Ich bin zufrieden, wie alles abgelaufen ist.» Eine der letzten selbst gefahrenen Reise wird ins Baltikum führen, an der Deflorin schon am Planen ist.

Hans Deflorin breitet eine Karte aus.
Lange stillsitzen kann Hans Deflorin nicht: Er plant schon wieder die nächste Reise.

Eine Lieblingsdestination hat das Paar nicht. Trotzdem ist ihnen die Kuba-Reise im Jahr 2005 in spezieller Erinnerung geblieben, etwa weil die Menschen überall Musik spielten. «Das war aus reiner Freude, ohne Erwartung, dass man Geld gibt. Es war fantastisch.»

Der nächste Vortrag ist schon in Vorbereitung. Im März 2026 wird er über seine Ungarn-Reise reden. Es wird nicht die letzte Präsentation sein: Auf seinem Computerbildschirm zeigt er auf unzählige Fotos und Filme und meint schmunzelnd: «Mein Material reicht noch für viele Jahre.»

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