Schulthess verlegt Hauptsitz in Kanton Zug
Die dramatische Neuigkeit wirkt geradezu versteckt. Am Mittwochmorgen informiert Schulthess Maschinen, der bekannte Waschmaschinenhersteller, über eine «Vereinfachung der Unternehmensstrukturen». Im dritten Absatz der Medienmitteilung heisst es dann: «Vom neuen Hauptsitz in Cham ZG wird Schulthess Maschinen AG das internationale Geschäft vorantreiben und den Vertrieb sowie das Servicegeschäft leiten.»
Bisher befand sich der Hauptsitz in Wolfhausen. Von einer Verlagerung war offiziell nie die Rede gewesen. Per sofort will Schulthess nun Forschung, Entwicklung, Einkauf und Fertigung am Produktionsstandort Wolfhausen konzentrieren.
Diese Bereiche würden in die neu geschaffene Schulthess Produktion AG integriert.
«Agiler und kompetitiver»
Schulthess begründet die Anpassung der Gruppenstruktur mit der Schaffung von Transparenz und zusätzlichen Arbeitsplätzen. Das Ziel: «agiler und kompetitiver zu werden». Darin sieht die Firma laut Mitteilung eine konsequente Fortsetzung der eigenen Expansionsstrategie.
Es drängt sich allerdings die Frage auf, ob es weitere treibende Faktoren für die Verlagerung gibt.
«Die neuen Arbeitsplätze werden per sofort bezogen.»
Thomas Marder, CEO Schulthess Maschinen
Gegenüber Züriost teilt CEO Thomas Marder schriftlich mit, dass die strategische Entscheidung für die Reorganisation «von langer Hand geplant» gewesen sei. Die tieferen Steuern im Kanton Zug hätten ebenfalls eine Rolle gespielt.
Wichtig sei aber auch die gute Erreichbarkeit und zentrale Lage des neuen Standorts gewesen.
Die Verlagerung nach Cham hat gemäss dem CEO bereits stattgefunden. «Die neuen Arbeitsplätze werden per sofort bezogen.»

Damit steht die Gemeinde Bubikon vor vollendeten Tatsachen. Sie wurde wenige Stunden vor den Medien seitens Schulthess Maschinen über die Verlagerung informiert.
Thomas Illi (EVP), Vorsteher des Ressorts Finanzen und Steuern, bedauert diesen Schritt sehr. «Schulthess ist ein wichtiger Arbeitgeber und Steuerzahler für unsere Gemeinde.»
Er rechnet zumindest mittelfristig mit einem substanziellen Rückgang der Steuereinnahmen im Zuge der Verlagerung. Um wie viel, kann er zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. «Das hängt davon ab, wie viel Profit künftig noch in Bubikon erwirtschaftet wird.»
Darüber müssen sich ihm zufolge zuerst der Kanton Zürich und der Kanton Zug verständigen.

Stellenabbau in Bubikon?
Laut Illi könnten die Steuereinnahmen auch unter einem Wegfall von Kader- und Verwaltungsstellen leiden. «Sollten ortsansässige Mitarbeiter davon betroffen sein, würden uns die Steuereinnahmen aus ihren Löhnen entgehen.» Vorausgesetzt, sie ziehen weg.
Von einem Stellenabbau in Bubikon wisse er derzeit aber nichts. Schulthess-Chef Thomas Marder beschwichtigt: «Es fallen überhaupt keine Arbeitsplätze weg», teilt er Züriost mit.
Diese Aussage ist aber gesamtunternehmerisch zu verstehen. Im Nachsatz räumt er nämlich ein, dass durchaus Arbeitsplätze nach Cham verschoben werden. Neue Stellen sollen dagegen im internationalen Vertrieb, aber auch im Kundenservice entstehen.
Rolle des Stammgleises
Über die Beweggründe für die Verlagerung des Hauptsitzes kann Finanzvorstand Thomas Illi nur mutmassen.
«Die Firma sieht sich durch das Stammgleis in ihrer Entwicklung gestört.»
Thomas Illi (EVP), Finanzvorstand Gemeinde Bubikon
Mitte Dezember 2021 hatte sich die Bubiker Gemeindeversammlung dafür ausgesprochen, die stillgelegte Eisenbahnstrecke durch Wolfhausen wieder in den Richtplan aufzunehmen – gegen den Wunsch von Schulthess, über deren Areal ein Teilstück des Stammgleises verläuft.
«Die Firma sieht sich dadurch in ihrer Entwicklung gestört», sagt Illi. So gestatte das Wegerecht die regelmässige Durchfahrt einer Draisine und verhindere gleichzeitig den Bau neuer Firmengebäude in Gleisnähe.

Der Gemeinderat sei deshalb gegen eine Initiative gewesen, die die Wiederaufnahme des Stammgleises in den Richtplan forderte. «Eine gute Standortförderung zeichnet sich nicht bloss durch einen tiefen Steuerfuss aus, sondern auch durch eine konkrete Standortpflege zugunsten jener Firmen, die schon am Ort sind.»
Er bedauert, dass sich die Gemeindeversammlung anders entschieden hat.
Verlagerung schon befürchtet
Ob die Verlagerung des Hauptsitzes damit im Zusammenhang steht, kann Illi nicht sagen. Aber nach dem Ausgang der letzten Gemeindeversammlung habe man einen solchen Schritt befürchten müssen.
«Absolut keine.»
Thomas Marder, CEO Schulthess Maschinen, auf die Frage nach der Rolle des Stammgleises bei der Hauptsitzverlagerung
Schulthess-Chef Thomas Marder winkt indessen ab. Seine Antwort auf die Frage nach der Rolle des Bubiker Stammgleises bei dem Entscheid für Cham: «Absolut keine.»
Bei aller Enttäuschung ist der Finanzvorstand Thomas Illi erleichtert, dass die Produktion und damit ein Grossteil der Arbeitsplätze in Bubikon verbleibt. «Es hätte noch schlimmer kommen können.»
Die Schulthess-Mitarbeitenden in Bubikon sollen die Neuigkeit positiv aufgenommen haben. CEO Thomas Marder teilt Züriost mit: «Die Belegschaft wurde gut über die Gründe informiert und versteht, warum Schulthess diesen Schritt macht.»