Raus aus der Wohnung, rein ins Leben – bei der Tavolata in Uster

Gemeinsam statt einsam im Alter

Gespräche mit unbekannten Tischnachbarn führen: Dafür sorgt das Essen am Mittag im Restaurant Stella del Centro, das die Fachstelle Alter einmal im Monat organisiert.

Die hübsch mit roten Papierservietten und Blümchen in Vasen gedeckte Tische füllen sich langsam. Es ist 11.45 Uhr und in der Küche vom Restaurant Stella del Centro ist alles bereit. Gleich geht der Service los. An zwei Tischen im hinteren Teil hat sich eine bunt gemischte Gruppe niedergelassen.

Nachnamen spielen keine Rollen. Nebeneinander sitzen heute Max, Ruth und Anneliese. Sie sehen sich heute zum ersten Mal zum gemeinsamen Essen. Die Stadt Uster, genauer gesagt die Fachstelle Alter und Pro Senectute, haben zu dieser Runde eingeladen.

«Ich komme regelmässig zur Tavolata. Gemeinsam Mittagessen macht viel mehr Freude, als alleine zu Hause zu sitzen», erklärt eine ältere Dame aus Uster. Ihr Mann sei schon tot – ab und zu mal Gesellschaft zu haben, sei ihr wichtig. «Hier finde ich das.»

Einmal im Monat, jeweils an einem Mittwoch, findet im Restaurant Stella del Centro, im Einkaufszentrum Uschter 77 beheimatet, eine sogenannte Tavolata satt. Dabei bilden sich spontan Tischgemeinschaften, um miteinander zu plaudern und zu essen.

Mal wieder raus aus der Wohnung

«Viele ältere Menschen kämpfen im Alltag mit Einsamkeit. Gemeinsam etwas zu unternehmen und sich auszutauschen ist ein grosses Bedürfnis. Das merken auch wir von der Fachstelle Alter», erklärt die Fachstellenleiterin Silvia Kölliker.

Deshalb organisiert die Fachstelle Alter sowie zahlreiche andere Organisationen im Altersbereich in Uster während des ganzen Jahres zahlreich Veranstaltung für Interessierte ab 60 Jahren. Spielenachmittage, Tanzkaffee, Fitnessgruppen, Lesegruppen – oder eben eine Tavolata stehen auf dem Programm.

Welche Rückmeldungen erhält Silvia Kölliker über das gemeinsame Mittagessen? «Die Teilnehmenden sind einfach dankbar, dass sie für zwei Stunden wieder einmal aus der Wohnung kommen und Menschen treffen.»

Inzwischen läuft der Mittagsbetrieb auf Hochtouren. Bei der Tavolata wird nicht ein spezielles Menü serviert – die Teilnehmenden wählen von der Karte oder ein Tagesmenü. Restaurantbetreiber Agron, der seit 13 Jahren hier im «Centro» als Chef tätig ist, begrüsst seine ältere Kundschaft mit netten Worten und hilft ihnen aus der Jacke. Dazwischen bringt er Pizzen und Schnitzel-Pommes an die Tische.

«Wir sind ein wichtiger Treffpunkt für die älteren Menschen. Ab 8 Uhr kommen viele, um einen Kaffee zu trinken und um zu plaudern.» Er habe viele ältere Stammgäste, die ihm auch von ihren Schicksalsschlägen berichten. «Ich höre gerne zu, denn ich bin gerne mit Älteren zusammen.»

«Hallo», «Sali du, wie geht es?», «Schön bist du da» – wenn Celeste durch das Lokal läuft, hat sie für alle Gäste ein paar warme Worte und ein Spässchen bereit. Sie arbeitet schon seit Jahren hier.

«Ich schätze Celeste und ihre fröhliche und spontane Art», schwärmt Erika. Die 85-Jährige umarmt die Servicekraft und übergibt ihr nachträglich zum Geburtstag ein paar Rosen.

«Ich bin heute zum ersten Mal da. Ich wollte eigentlich zu einer Exkursion zu den Fledermäusen, aber die war ausgebucht», erzählt Friedel (85).

Er sei Witwer und geniesse die Gespräche beim Mittagessen. Er koche nie für sich alleine zu Hause, sondern gehe auswärts essen oder werde von seinen Kindern in Uster bekocht.

Kalbsgeschnetzeltes mit Pommes. Das haben Irené (80) und Erika (85) heute an der Tavolata bestellt. Beide wohnen in Uster und sehen sich auch sonst in der Freizeit. «Wir sind alte Arbeitskolleginnen und haben immer viel zum Besprechen», sagt Irené.

«Ich war heute beim Augenarzt und habe ihm ganz klar gesagt, dass ich spätestens um 12 Uhr hier bei der Tavolata sein muss. Ich komme regelmässig. Hier findet man immer auch neue Bekannte», berichtet Erika.

Und sie doppelt nach: «Ich bin Witwe. Wer ist schon gerne immer alleine zu Hause? Hier geniesse ich die gemeinsamen Gespräche.»