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Gesundheit

Präsident des Ärztevereins Wetzikon kritisiert GZO-Spitalleitung scharf

«Die Spitalleitung des GZO hätte den Ernst der Lage früher erkennen müssen», sagt Rolf Luginbühl – und plädiert für eine Spitalfusion.

Laut Rolf Luginbühl hat die Spitalleitung die Zeichen der Zeit zu spät erkannt.

Foto: Till Burgherr

Präsident des Ärztevereins Wetzikon kritisiert GZO-Spitalleitung scharf

Nach Absage der Gesundheitsdirektion

Rolf Luginbühl, Präsident des Ärztevereins Wetzikon, sagt, die Spitalleitung des GZO Spitals Wetzikon habe versagt. Bemerkenswert ist, dass Luginbühl selber im Spital operiert.

In seinem Büro an der Bahnhofstrasse in Wetzikon hat Rolf Luginbühl künstliche Kniegelenke und Hüftprothesen ausgestellt. Der Chirurg ist Präsident des Ärztevereins Wetzikon, operiert aber auch am GZO Spital Wetzikon.

Wegen der Finanzierungslücke für den Neubau geht Luginbühl hart mit der Spitalleitung ins Gericht. «Die aktuelle akute Situation des GZO Spitals Wetzikon stellt ein Versagen der Spitalleitung und des Verwaltungsratspräsidenten dar, die die Situation über Jahre hinweg falsch eingeschätzt haben.» Der negative Entscheid der Gesundheitsdirektion habe sich abgezeichnet.

Letzten Donnerstagmorgen kommunizierte der Regierungsrat, dass er ein Gesuch des Spitals für finanzielle Unterstützung in Höhe von 180 Millionen Franken ablehnt. Aus Sicht der Gesundheitsdirektion erfüllt das Spital in Wetzikon die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Unterstützung nicht. Das Spital Wetzikon sei nicht als «unverzichtbar» einzustufen.

Die Trägerschaft des Spitals hatte um den Betrag ersucht, weil im Juni die Rückzahlung einer Obligationenanleihe aus dem Jahr 2014 fällig wird, mit der der Neubau finanziert wird.

Es brauche künftig nur ein selbständiges regionales Spital, meint Luginbühl. «Dass es nicht zwei Spitäler im Zürcher Oberland braucht, wie die Gesundheitsdirektorin richtig bemerkt hat, wurde vom Ärzteverein Wetzikon bereits vor über zehn Jahren kommuniziert.» Daher habe der Ärzteverein die lancierten Fusionspläne des GZO mit dem Spital Uster unterstützt.

Dass die Fusionsabsichten nach der Corona-Krise versenkt wurden, ist für Luginbühl unverständlich, waren sie doch auch politisch breit abgestützt. «Die Verantwortlichen haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt und es verschlafen, die unbequemen Verhandlungen fortzuführen», so der Orthopäde.

2018 entstand die Vision von einem Spital an zwei Standorten. Trotz Bedenken gelang es, alle Gemeinden hinter die Vorlage zu scharen. Die Abstimmung über die Fusion der beiden Häuser in Uster und Wetzikon hätte eigentlich im Mai 2020 erfolgen sollen. Covid-19-bedingt musste der Termin verschoben werden. Durch die Verschiebung wurde eine Neubeurteilung der Bewertungen im Hinblick auf die Ausfertigung des Fusionsvertrags notwendig. Da wurde deutlich: Das Spital Uster befand sich in einer finanziellen Schieflage. Die angestrebte Werteparität zwischen den beiden Spitälern war nicht mehr gegeben. Alles sollte bis Anfang 2022 wieder ins Lot kommen, sodass im dritten Anlauf im Frühling 2022 an der Urne über die Fusion hätte abgestimmt werden können. Doch daraus wurde nichts.

Die Verwaltungsräte der beiden Spitäler waren sich damals einig, dass die Entwicklung des wirtschaftlichen, gesundheitspolitischen und gesellschaftlichen Umfelds mit so vielen Unwägbarkeiten behaftet sei, dass ein Abbruch der Fusion letztlich weniger risikobehaftet wäre als deren Fortsetzung..

Jörg Kündig, Verwaltungsratspräsident des GZO Spitals, signalisiert auf Anfrage, dass das Thema der Fusion nicht vom Tisch ist. «Die Türen sind und bleiben offen», erklärt er. Von 2018 bis 2020 hätten intensive Fusionsdiskussionen der beiden Spitäler stattgefunden, bestätigt Kündig. Doch kurz vor der Volksabstimmung wurde das Projekt abgebrochen. «Die Aufnahme erneuter Gespräche über den gemeinsamen Weg wurde aufgrund der drängenderen Aufgaben nach Absprache in den beiden Häusern aufgeschoben», so der Verwaltungsratspräsident.

Kündig ist selbstkritisch

«Derzeit liegt unser Hauptaugenmerk auf der Weiterführung des Spitalbetriebs und der medizinischen Grundversorgung der Bevölkerung im Zürcher Oberland», erklärt der VR-Präsident. «Unsere früheren Entscheide haben wir im Lichte der damals allgemein erwarteten Entwicklung des Gesundheitswesens und der damals allgemein gültigen Finanzierungsprinzipien getroffen.»

Kündig übt Selbstkritik: «Die aktuelle Entwicklung im Gesundheitswesen und die jetzt angewendeten Kriterien der Investoren und Finanzpartner führen durchaus zu einer kritischen Beurteilung der in der Vergangenheit getroffenen Entscheide.»

Wetzikon stand lange gut da

Der Verwaltungsratspräsident streicht aber auch die goldenen Zeiten heraus. «Dank kostenoptimierten Abläufen waren unsere Rentabilitätszahlen im schweizweiten Vergleich bis 2021 überdurchschnittlich.» Und dies, obwohl der Anteil der zusatzversicherten Patientinnen und Patienten geringer sei als in vielen vergleichbaren Spitälern und Kliniken. «Die publizierten Zahlen zur Kostenstruktur und schliesslich auch die Erteilung des Leistungsauftrags bestätigten uns in unserer Arbeit.»

Ein Mann gestikuliert im Gespräch.
Jürg Kündig kämpft derzeit an allen Fronten für das GZO Spital Wetzikon.

Ein neues Spital zu planen, war aus damaliger Sicht ein logischer Schritt. Ein modernes Gebäude eignet sich architektonisch besser für die von der Politik geforderten ambulanten Operationen, darin sind sich verschiedene Gesundheitsexperten einig. In einem Spital mit weniger Bettenzimmern und grosszügigeren Räumen lassen sich Operationen effizienter organisieren.

Kündig verteidigt auch die Strategie für die Finanzierung des Neubaus: «Ziel war es, über einen effizienteren Neubau und ein moderates Wachstum der Patientenzahlen den geforderten Ertrag zu erwirtschaften.» Aus dem operativen Geschäft sollte das Eigenkapital gestärkt werden. Damit sollte der Bedarf an Fremdkapital zur Refinanzierung der Anleihe reduziert werden.

In den guten Jahren war man zu optimistisch

Dennoch ist festzuhalten, dass die Spitalleitung in den Zeiten, als man noch gut verdiente, wohl zu optimistisch kalkuliert hatte, als es um die Finanzierung des Neubaus ging. «Eine vollständige Rückzahlung wäre auch bei ‹normalem› Geschäftsgang eine enorme Herausforderung gewesen», gibt Kündig zu.

Es ist bekannt, dass die letzten Jahre durch die Pandemie, den Fachkräftemangel und die Teuerung geprägt waren. Die Kumulation der negativen Effekte bringt Spitäler in der ganzen Schweiz in finanzielle Schwierigkeiten. «Die Entwicklung der letzten zwei Jahre – nicht nur im Spital Wetzikon, sondern generell im Gesundheitswesen – hat zur aktuell schwierigen Situation geführt», sagt Kündig. «In diesem Umfeld sind unsere Zahlen zwar ungenügend, aber im Branchenvergleich immer noch respektabel.» Dabei betont Kündig: «Die Fortführung des Betriebs ist nicht gefährdet.»

Ärzteverein will rasche Reaktion sehen

Der Ärzteverein Wetzikon fordert mehr, um das Vertrauen wiederherzustellen. Die Verunsicherung unter den Mitarbeitenden sei aufgrund der finanziellen Schieflage des Spitals gross. «Es muss jetzt schnell ein Zeichen gesetzt werden, sonst laufen dem Spital die Fachkräfte weg», meint Luginbühl. Einige hätten bereits die Konsequenzen gezogen. «Das sind Leute, die man nur schwer oder gar nicht wiederbekommt.»

Die gegründete Taskforce der Aktionärsgemeinden sei ein erster Schritt in die richtige Richtung. «Eine kurzfristige Schliessung des GZO Spitals Wetzikon gilt es unbedingt zu vermeiden, um Fachpersonal in der Region zu halten und um eine geordnete lokale Spitalplanung zu ermöglichen», meint Luginbühl. «Sollten hierfür öffentliche Mittel der Trägergemeinden erforderlich sein, so ist deren Bereitstellung zwingend an die Wiederaufnahme der Fusionsplanung und einen Wechsel in der Spitalleitung zu knüpfen.»

Eine Kurskorrektur ist laut Luginbühl dringend angezeigt. «Dass die bisherige Spitalleitung und der Verwaltungsratspräsident nicht in der Lage sind, eine Fusion durchzuführen, haben sie bereits bewiesen und mit der eingereichten Beschwerde zum Beschluss des Regierungsrats erneut bestätigt.»

Druck von verschiedenen Seiten

Auch die SVP der Bezirke Hinwil und Pfäffikon erhöht den Druck auf die Spitalleitung. In einer Medienmitteilung fordert sie mehr Transparenz gegenüber den Aktionärsgemeinden und der Bevölkerung. Die bisher fehlende und kurzfristige Kommunikation schaffe offene Fragen gegenüber dem Verwaltungsrat. «Die Aktionärsgemeinden wurden erst kurz vor Jahresende erstmals über die Problematik informiert», heisst es.

Gleichzeitig stärkt die SVP dem Spital den Rücken, indem sie sich für den Erhalt des Spitalstandorts einsetzen will. Der Verwaltungsrat sei nun in der Pflicht, zusammen mit den Delegierten der Aktionärsgemeinden innert Wochen umsetzbare Vorschläge auszuarbeiten, um ein weiteres Finanzierungspaket zu sichern. Dabei seien alle Möglichkeiten zu prüfen, um den Spitalbetrieb nahtlos weiterzuführen und die Fertigstellung des Neubaus sicherzustellen. (tbu)

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