Der nächste Karriereschritt der Gemeindepräsidentin von Rüti
Bald Fraktionspräsidentin?
Kurz vor Ablauf der Meldefrist ist Yvonne Bürgin die einzige Kandidatin für das Fraktionspräsidium der Mitte-Partei. Die Rütnerin sitzt erst seit zwei Jahren im Nationalrat.
Welche Kandidatin bringen die Mitte-Frauen? Anfang Jahr beschäftigte sich halb Bundesbern mit dieser Frage. Nachfolge von Bundesrätin Viola Amherd: Die Mitte-Frauen melden ihren Anspruch an. Nachfolge von Parteipräsident Gerhard Pfister: Die Mitte-Frauen melden ihren Anspruch an. Aber trotz den öffentlichen Forderungen wollte am Ende weder für den Bundesrat noch für das Parteipräsidium eine Frau der Mitte kandidieren.
Das Ganze gipfelte im April 2025 in einer etwas kryptischen Medienmitteilung der Rütner Nationalrätin Yvonne Bürgin mit dem Titel «Verantwortung übernehmen – wo ich die Mitte in Zukunft stärken könnte». Bürgin teilte den Journalistinnen und Journalisten darin mit, dass es ihr wichtig sei, dass einer der drei Führungsposten der Mitte – Bundesrat, Parteipräsidium oder Fraktionschef – von einer Frau besetzt werde. «Aus diesem Grund prüfe ich aktuell verschiedene Optionen.»
Nun, vier Monate später, lässt Bürgin ihren Worten tatsächlich Taten folgen. «Ich bin bereit, Verantwortung zu übernehmen – für eine starke Mitte, die Brücken baut und unser Land zusammenhält», teilte sie in ihrem öffentlichen Bewerbungsschreiben mit. Ihre Kandidatur erfolgte kurz vor der Deadline. Bis Freitagmittag hatten Fraktionsmitglieder der Mitte noch Zeit, ihr Interesse anzumelden.
Das Generalsekretariat der Mitte bestätigte auf Nachfrage, dass Bürgin bisher das einzige Fraktionsmitglied sei, das kandidiere. Das Amt muss neu besetzt werden, weil der bisherige Fraktionspräsident Philipp Matthias Bregy neu Parteipräsident ist.
Prädikat «‹Arena›-tauglich»
Yvonne Bürgin blickt auf eine lange Politkarriere zurück. 2013 wurde sie in den Zürcher Kantonsrat gewählt. Vier Jahre lang präsidierte sie dort die Mitte-Fraktion. 2023 erfolgte der Wechsel in die nationale Politik. Heute ist sie Nationalrätin und auch Gemeindepräsidentin der Oberländer Gemeinde Rüti. Neben ihrer politischen Tätigkeit arbeitet sie weiterhin im Familienbetrieb, einem Spezialisten für Natursteinarbeiten, wo sie für die Buchhaltung zuständig ist.
Obwohl sie erst seit Kurzem im Bundeshaus wirkt, ist Bürgin sicher im Auftritt und klar in ihren Statements. In Bundesbern trägt sie deshalb – in Anlehnung an die wichtigste Polit-TV-Sendung des Lands – das Prädikat «‹Arena›-tauglich».
In ebendieser «Arena» des Schweizer Fernsehens hatte sie Anfang dieses Jahrs auch ihren bisher aufsehenerregendsten Auftritt. In jener Sendung ging es um den Rücktritt von Viola Amherd als Bundesrätin. Zum Zeitpunkt der Übertragung waren Gerhard Pfister (62 Jahre alt) und Martin Candinas (44) die beiden meistgenannten Favoriten für die Nachfolge.
Als Moderator Sandro Brotz nach ihren persönlichen Präferenzen fragte, zögerte Bürgin keine Sekunde und sagte, dass sie sich einen jüngeren Kandidaten wünsche. Am nächsten Tag gab Gerhard Pfister bekannt, dass er nicht als Bundesrat kandidieren werde.
Kann sie es mit Bregy?
Das Duo Pfister/Bregy galt in Bundesbern als ein eingespieltes Team. Bürgin ist überzeugt, dass sie mit Philipp Matthias Bregy ebenso gut zusammenarbeiten könnte. «Wir ticken in vielen politischen Fragen gleich und wären ein gutes Duo», sagt sie.
Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im National- und im Ständerat ist die Mitte bei vielen Geschäften eine entscheidende Stimme. In der Theorie ist das Fraktionspräsidium der Partei deshalb eines der mächtigsten Ämter in Bern. In der Praxis lassen sich aber viele Fraktionsmitglieder der Mitte – insbesondere altgediente Ständeräte der Partei – ungern vorschreiben, wie sie abzustimmen haben.
Bürgin sagt, dass dies auch mit der Breite und der Vielfältigkeit der Fraktion zusammenhänge. «Wichtig ist, dass wir bei den Fragen, die für unsere Partei entscheidend sind, eine einheitliche Linie fahren.»