Parlament Wetzikon fordert Aufklärung über Schieflage beim Pflegezentrum Wildbach
Grosses Defizit 2024
Das Pflegezentrum Wildbach schreibt tiefrote Zahlen. Eine Mehrheit des Parlaments will vom Stadtrat eine Sanierungsstrategie und eine Aufarbeitung.
Über dem Pflegezentrum Wildbach in Wetzikon hängen auch an schönen Tagen dunkle Wolken – zumindest, was das Finanzielle angeht. Das Pflegezentrum gehört zwar der Stadt Wetzikon, ist aber seit 2023 ein Eigenwirtschaftsbetrieb. Also sollte es finanziell auf eigenen Beinen stehen und genügend Umsatz erwirtschaften, um die Aufwendungen für den Betrieb aus eigener Kasse zu decken.
Die Realität sieht aber anders aus. Im Budget 2024 hatte das Parlament als «einmalige Sache» eine zusätzliche Unterstützung für das Pflegezentrum in Höhe von 1,1 Millionen Franken genehmigt, um das erwartete Defizit zu decken.
Doch der Zusatzbeitrag reichte nicht aus. Am Schluss resultierte ein Defizit von 1,8 Millionen Franken. Das Pflegezentrum erhielt einen zusätzlichen Vorschuss, den es innert fünf Jahren zurückzahlen muss. «Das ist ein Ausdruck struktureller Probleme», sagte Parlamentsmitglied Raphael Zarth (Grüne) an der Sitzung vom Montagabend.
Er hat ein Postulat eingereicht, in dem er eine transparente Aufarbeitung und eine Sanierungsstrategie für das Pflegezentrum fordert. Dieser Vorschlag ist breit abgestützt. Neben Zarth haben 22 Parlamentarierinnen und Parlamentarier von Grünen, SP, EVP, FDP, SVP und EDU das Postulat mitunterschrieben. Das ist bereits eine Mehrheit im 36-köpfigen Parlament.
Pflegeheimliste als Knackpunkt
In seinen Erläuterungen kritisierte Zarth ausserdem, dass das Parlament nicht frühzeitig über die finanziellen Probleme informiert worden war. «Die Ursachen sind vielschichtig», erläuterte Zarth, «strategisch, organisatorisch, wirtschaftlich.»
Es reiche nicht aus, das Pflegezentrum wirtschaftlich zu sanieren. «Es braucht eine institutionelle Aufarbeitung, um ähnliche Entwicklungen in Zukunft zu verhindern.»
Mit dem Postulat soll der Stadtrat unter anderem Bericht erstatten darüber, wie es zur finanziellen Schieflage des Pflegezentrums im Jahr 2024 gekommen ist. Dazu gehört auch, aufzuzeigen, welche strategischen, operativen und politischen Fehler zur Verschärfung der Situation beigetragen haben. Ebenso soll der Stadtrat darlegen, welche kurz- und mittelfristigen Massnahmen geplant sind, um den Betrieb spätestens ab 2026 wieder in die Gewinnzone zu führen.
Zudem müsse der Stadtrat dafür sorgen, dass das Pflegezentrum Wildbach 2027 die Bedingungen für die Aufnahme in die kantonale Pflegeheimliste erfülle. Denn die Liste des Kantons gibt vor, welche Institutionen Pflegeleistungen zulasten der Grundversicherung abrechnen dürfen. «Wenn das nicht klappt, wird es bitter», konstatierte Zarth.
Immer noch keine neue Leitung
«Es geht mir nicht darum, Schuldige an den Pranger zu stellen», betonte er. Es sei ein gemeinsamer Lernprozess. «Und wir wollen lernen.»
Eine inhaltliche Diskussion über das Postulat gab es am Montagabend nicht, es war erst die Begründung durch den Erstunterzeichner Zarth. Der Stadtrat hat nun zwei Monate Zeit, zum Postulat Stellung zu nehmen. Dann findet die Debatte über die Überweisung im Parlament statt. Angesichts der grossen Unterstützung scheint es sicher, dass das Postulat überwiesen wird und der Stadtrat somit einen Bericht über die Schieflage und über geplante Massnahmen erstellen muss.
Konsequenzen hatten die Probleme im Wildbach bereits für den ehemaligen Zentrumsleiter Retus Giger. Im Februar beendete die Stadt die Zusammenarbeit mit ihm. Als Gründe nannte sie dabei unterschiedliche Vorstellungen über die strategische Ausrichtung des Pflegezentrums. Seither gibt es wechselnde Leitungen ad interim. Wer Gigers Nachfolger wird, ist immer noch offen.
