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Nils Stump schreibt Geschichte

Der 26-Jährige ist der erste Schweizer Judo-Weltmeister. Ein Erfolg mit Ansage. Zumindest ein bisschen.

Das Lächeln des Siegers: Nils Stump zeigt seine Goldmedaille.

Foto: Keystone

Nils Stump schreibt Geschichte

WM-Triumph für Ustermer

Was für ein Exploit: Nils Stump hat an der WM in Doha in der Kategorie bis 73 kg Gold gewonnen. Er ist der erste Schweizer Judo-Weltmeister überhaupt.

Florian Bolli und Oliver Meile

Nils Stump ist einer für die Geschichtsbücher. Als erster Schweizer überhaupt gewann er im letzten Herbst ein Grand-Slam-Turnier. Seither liess er einen weiteren Sieg auf höchster Turnierstufe sowie einen dritten Rang folgen und stiess unter die besten 10 der Weltrangliste vor.

Die Nummer 9 hatte er im Ranking der Gewichtsklasse bis 73 kg vor der WM inne – und Fabienne Kocher, seine Klubkollegin beim Judoclub Uster, sagte vor einigen Wochen: «Die Top 8 der Welt muss sich warm anziehen.»

Wie recht sie doch hatte. Denn nun hat Stump erneut Geschichte geschrieben und ist als erster Schweizer überhaupt Weltmeister. Kurz nach 18 Uhr Schweizer Zeit am Dienstagabend beendete er den letzten seiner fünf Kämpfe auf der Matte in Katars Hauptstadt Doha als Sieger.

Der 26-jährige bezwang Manuel Lombardo im Golden Score. Wobei das Ende des Kampfs, in dem der Ustermer der aktivere Judoka war, im ersten Moment Stumps Freude trübte. Der 24-jährige Italiener, gegen den er noch nie angetreten war, wurde disqualifiziert. Er hatte sich bei einem Angriff auf dem Kopf abgestützt.

Lombardo anerkannte das Verdikt, auch wenn er in seiner Enttäuschung fand: «Diese Regel killt die Show.» Stump fühlte mit dem unterlegenen Gegner mit. «Es war schade, den Final so zu beenden. Darum konnte ich den Titelgewinn im ersten Moment nicht so feiern.»

Der Jubel im Dojo

Rund viereinhalbtausend Kilometer von Doha entfernt spielte die Art der Entscheidung keinerlei Rolle. Im Dojo des Judoclubs Uster war der Jubel über Stumps Sieg gross. Rund 50 Personen hatten sich zu einem spontan organisierten Public Viewing eingefunden, um den Final ihres Mitglieds zu verfolgen.

«Dieser WM-Titel für Nils ist etwas vom Geilsten, das passieren konnte», freute sich Klubpräsident Robert Wakiyama hinterher. «Und es ist auch eine Megamotivation für die Kinder, dass sie das live erleben konnten.»

So haben die Mitglieder des Judoclubs Uster den entscheidenden Moment im WM-Kampf erlebt. (Video: PD)

Stump und Weltmeisterschaften – das hatte bisher nicht zusammengepasst. Noch nie war er bisher unter die letzten acht vorgestossen. In Doha aber war vom ersten Kampf an ersichtlich – da ist einer bereit für Grosses.

Und schon nach drei Runden war klar, dass er sich sein bestes WM-Ergebnis erkämpfen würde. «Nils war so souverän», schwärmte Präsident Wakiyama. «Wir hatten nie Angst um ihn.»

Ob er heute mit dem Gefühl aufgestanden sei, WM-Gold gewinnen zu können, wurde Stump hinterher beim Siegerinterview gefragt. Die Antwort war so abgeklärt wie seine Auftritte auf der Matte. «Natürlich wollte ich gewinnen. Aber ich gehe mit diesem Gedanken ja in jeden Wettkampf.»

Ab durch den «Todespool»

In der Startrunde genoss der Ustermer ein Freilos, danach eliminierte er den Chinesen Daga Qing nach 1:50 Minuten mit Ippon und setzte sich gegen Petru Pelivan aus Moldawien nach 1:47 Minuten ebenfalls mit Ippon durch.

Die Viertelfinalqualifikation war damit schon Tatsache – und Stump setzte zur Kür an. Der Japaner Soichi Hashimoto stellte sich ihm gegenüber, der aktuelle Vize-Weltmeister, der zuvor mit dem Georgier Lascha Schawdatuaschwili die Nummer 1 der Welt bezwungen hatte. Stump lieferte sich ein enges Duell mit dem Japaner, das ins Golden Score ging und aus dem Stump nach 15 Sekunden wieder mit Ippon als Sieger hervorging.

«Er hatte nicht einfach Glück», hielt Wakiyama fest. Er sprach im Zusammenhang mit dem sehr stark besetzten Pool A, durch den sich Stump kämpfen musste, gar vom «Todespool».

Ich fühle mich grossartig.

Nils Stump

Und dann hielten die Nerven von Stump auch zu jenem Zeitpunkt, als er wusste, dass ein Sieg gleichbedeutend mit einem Medaillengewinn sein würde. Murodjon Yuldoshev hiess sein Halbfinalgegner, der Usbeke ist die Nummer 5 der Welt – und es dauerte etwas mehr als drei Minuten, bis Stump auch ihn mit Ippon aus der Entscheidung bugsiert hatte. Dass er danach die erstmalige Chance auf WM-Gold nutzen konnte, kann nicht erstaunen.

Stump ist die Ruhe in Person. Er zeigt nicht dann einmal Zeichen von Nervosität, wenn er der Nummer 1 der Welt gegenübersteht. Der Ustermer ist ein sehr vielseitiger Kämpfer, der auf den Punkt explodieren kann. Er besitzt allerdings auch die Fähigkeit, taktisch geprägte Kämpfe zu gewinnen. Wie jenen um WM-Gold in Doha.

Mit etwas Verzögerung realisierte Stump, was er geleistet hatte. Er strahlte übers ganze Gesicht, die Goldmedaille baumelte um seinen Hals, als er den WM-Tag Revue passieren liess. Und sagte, was man ihm so gut ansah: «Ich fühle mich grossartig.»

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