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Gesellschaft

Kommunikationsdebakel in Uster – jetzt entschuldigt sich der Stadtrat

Das Pumpwerk Strandbad bleibt bis auf Weiteres abgehängt. Stadtrat Stefan Feldmann entschuldigt sich für die mangelhafte Kommunikation.

Das vordere Häuschen ist das Pumpwerk Strandbad. Es wurde vom Netz genommen.

Foto: Eleanor Rutman

Kommunikationsdebakel in Uster – jetzt entschuldigt sich der Stadtrat

Verschmutztes Trinkwasser

Die Bevölkerung in Uster wurde nur mangelhaft über das verunreinigte Trinkwasser informiert. Stadtrat Stefan Feldmann verspricht eine Aufarbeitung.

Jetzt kann in der Stadt am Wasser wieder aufgeatmet werden. Die Leitungen sind geputzt. Die Wasserproben wurden vom Kantonalen Labor geprüft und gelten als «sauber». Die Stadt Uster gibt Entwarnung. Das Pumpwerk Strandbad, das als Quelle des Übels gilt, bleibt bis auf Weiteres vom Netz abgehängt.

Jetzt ist eine Aufarbeitung der Kommunikationsstrategie nötig: Diese ist nach dem Entdecken der Verunreinigung nicht optimal gelaufen.

8. August, ein heftiger Regenguss am Morgen, am Nachmittag strahlendes Wetter, ein heiss-feuchter Sommertag. Ein Tag, der durstig machte. Ein Tag, an dem die Kommunikationsstrategie in der Stadt am Wasser versagte.

Am Nachmittag kursierten erste Meldungen auf Facebook. «Wer hatte dieses Merkblatt auch im Briefkasten?», fragte eine Nutzerin. Darunter ein Foto mit der Information der Energie Uster AG: Das Trinkwasser in Uster sei bakteriologisch verunreinigt. Man solle bis auf Weiteres Mineralwasser kaufen oder das Wasser abkochen.

Nur vulnerable Institutionen wurden vorinformiert

Viele Ustermer waren verunsichert und dachten im ersten Moment an Fake News, da das Merkblatt kein Datum aufwies. Zuoberst der Titel: «Merkblatt für die Bevölkerung der Stadt Uster». Nur stellte sich später heraus, dass gar nicht alle Ustermerinnen und Ustermer dieses Merkblatt bekommen hatten – eigentlich kein einziger Privathaushalt. Denn die Energie Uster AG wollte mit ihrem Merkblatt als Allererstes sensible Orte erreichen, wie das Werkheim Uster oder auch das Spital Uster.

Auf der Website der Stadt Uster gab es zu dem Zeitpunkt lediglich die kurze Mitteilung, man solle sich bei der Energie Uster AG melden. Besuchte man die Website der Energie Uster AG, fand man aber keine Information. Erst kurz vor 22 Uhr schaltete die Stadt Uster selber eine ausführlichere Meldung auf. Darin stand wenigstens, welche Stadtteile betroffen sind.

Passive Information

Eine erste aktive Meldung folgte erst kurz nach Mitternacht – und erreichte nur diejenigen Ustermerinnen und Ustermer, die den Mitteilungsdienst der Stadt abonniert haben. Wieso diese E-Mail nicht früher rausgeschickt wurde, war unklar.

Diese Mitteilung hing am 9 August am Klo beim Restaurant 8610 in Uster.
Diese Mitteilung ging auch als automatisierte Mail an die Bevölkerung raus – am 9. August nach Mitternacht.

Am 9. August informierten die Stadt und die Energie Uster AG etwas ausführlicher. Nun gab es zu den genannten Stadtteilen immerhin auch eine Grafik, die genau aufzeigte, welche Regionen betroffen sind. Die Hiobsbotschaft: Die Situation werde übers Wochenende anhalten. Zuerst müssten alle Leitungen gespült und Proben genommen werden.

Einige Menschen erfuhren auch erst durch Nachbarn am Freitagabend von dem Trinkwasserdebakel. Bis dahin tranken sie unbekümmert Leitungswasser – und fragten sich, wieso sie Bauchschmerzen hatten.

Der Ustermer Stadtrat Stefan Feldmann (SP) ist zugleich Verwaltungsratspräsident der Energie Uster AG. Heute steht er zur Kommunikationsstrategie Red und Antwort.

Stadtrat Stefan Feldmann mit Handy.
Stadtrat Stefan Feldmann (SP) ist gleichzeitig auch Verwaltungsratspräsident der Energie Uster AG. (Archiv)

Stefan Feldmann, warum hat Uster nicht sofort über die Notfall-App Alertswiss informiert?

Stefan Feldmann: Dass Alertswiss am Donnerstag nicht ausgelöst wurde, war rückblickend ein Fehler. Dafür möchte ich mich entschuldigen. 

Wann hat man festgestellt, dass das Trinkwasser verunreinigt war – und wann hat man mit der Information der Bevölkerung begonnen?

Wir erhielten am Donnerstagvormittag Kenntnis von der aufgetretenen Verunreinigung. Dringendste erste Sofortmassnahme war es, das betroffene Pumpwerk zu eruieren und vom Netz zu nehmen. Gleichzeitig wurde der Wasseraustausch zwischen den verschiedenen Trinkwasserzonen in Uster unterbrochen, damit das betroffene Gebiet eingegrenzt werden konnte. Die nächste Massnahme war die Information für die Institutionen im betroffenen Gebiet. Anschliessend die Kommunikation gegenüber der breiten Bevölkerung. Wie der zeitliche Ablauf genau war und weshalb die Medienmitteilung nicht schneller erfolgte, ist Teil der Aufarbeitung, die wir jetzt angehen werden. 

Warum ging ein erstes Merkblatt ohne Datum raus?

Wie in einem solchen Fall vorgesehen, wurden zuerst umgehend grössere Institutionen mit sensitiven Zielgruppen informiert und mit einem Merkblatt versorgt, damit sie vorsorgliche Massnahmen treffen können. Dieses Merkblatt war für den internen Gebrauch bestimmt. Diese Information fand jedoch sehr rasch den Weg zu weiteren Bevölkerungskreisen und führte dazu, dass zahlreiche Personen Kenntnis vom Vorfall hatten, bevor die Energie Uster AG die breite Bevölkerung selber informieren konnte. 

Aber es gibt auch sensitive Personen, die zu Hause leben. Hat man an diese Leute nicht gedacht?

Die Vorabinformation richtete sich an Institutionen mit einer grossen Zielgruppe an sensitiven Personen. Solche Personen in Einzelhaushalten werden mit denjenigen Kommunikationsmassnahmen erreicht wie die breite Bevölkerung. Ob unsere Kommunikationsmassnahmen diesbezüglich zielführend sind, muss nun überprüft werden.

Warum wurde nicht schon von Beginn weg die ganze Bevölkerung in Uster informiert?

Die Energie Uster AG und die Stadt Uster haben die Bevölkerung über die Medien, die beiden Websites und die Social-Media-Kanäle informiert. Das sind die klassischen Kommunikationskanäle, um eine grössere Bevölkerungsgruppe zu erreichen. Was darüber hinaus zusätzlich hätte getan werden können, muss nun in der Aufarbeitung der letzten Tage geschehen.

Das sind alles passive Informationskanäle. Warum hat man nicht aktiv informiert?

Der aktivste Informationskanal ist in der Tat die Notfall-App Alertswiss. Dieser wurde wie schon gesagt bedauerlicherweise nicht eingesetzt. Darüber hinaus wurde versucht, über die erwähnten Kommunikationskanäle aktiv zu informieren und möglichst viele Personen zu erreichen. Wir werden diese Kanäle überprüfen.

Warum informierte die Stadt nicht, um welche Art Bakterien es sich handelt?

In der Kommunikation am Donnerstag wurde der Fokus bewusst auf die Vorsichtsmassnahmen gelegt. Weshalb später diese Information nicht nachgereicht wurde, muss im Rahmen der Aufarbeitung geprüft werden. 

Was sind die nächsten Schritte?

Als Nächstes wird die Energie Uster AG zusammen mit der Gemeindeführungsorganisation (GFO) der Stadt Uster die Kommunikationsmassnahmen im Detail überprüfen und die nötigen Anpassungen im Krisenkommunikationskonzept vornehmen.

Bis wann kann die Bevölkerung mit der Aufarbeitung rechnen?

Wann das so weit ist, kann ich zurzeit noch nicht sagen.

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