Politik

Anwohner helfen sich selber

Kommt in Dübendorf nun grossflächiges Tempo 30 in Etappen?

Nach dem Nein zu Tempo 30 auf Quartierstrassen haben Anwohner diverse Petitionen lanciert, um die Autofahrer doch noch zum Abbremsen zu bringen. Wir liefern eine Übersicht.

Ist Dübendorf bald eine einzige Tempo-30-Zone?

Foto/Montage: Thomas Bacher

Kommt in Dübendorf nun grossflächiges Tempo 30 in Etappen?

Nach dem Nein zu Tempo 30 auf Quartierstrassen haben Anwohner diverse Petitionen lanciert, um die Autofahrer doch noch zum Abbremsen zu bringen. Wir liefern eine Übersicht.

Es war ein deutliches Nein: Am 13. Juni 2021 schickten die Dübendorfer Stimmberechtigten mit 59,44 Nein-Stimmen einen Kredit von 930’000 Franken bachab, mit dem Tempo 30 auf Quartierstrassen hätte umgesetzt werden sollen. Bei einem Ja hätte es 16 neue 30er-Zonen gegeben – in Etappen bis 2026. Damit wäre also mit Ausnahme von Durchgangsstrassen praktisch die ganze Stadt zur Tempo-30-Zone geworden.

Der Stadtrat hat es seit der Niederlage an der Urne unterlassen, das Thema Temporeduktion wieder aufs Tapet zu bringen (mit Ausnahme von ein paar Metern im Zwicky-Areal, die komplett unumstritten waren). Was nicht bedeutet, dass Tempo 30 in Dübendorf vom Tisch wäre. Im Gegenteil: Mittlerweile wurden in verschiedenen Quartieren Petitionen lanciert und dem Stadtrat übergeben.

Gfenn

Blick auf eine Strasse
Die Gfennstrasse im gleichnamigen Ortsteil: Erfüllt die Strasse die Bedingungen für Tempo 30?

Im Juni 2024 überreichte eine Delegation 221 Unterschriften an Stadtpräsident André Ingold (SVP). Der Stadtrat unterstützt das Anliegen aus dem Quartier und spricht sich für eine flächendeckende Umsetzung aus, also inklusive der Gfennstrasse, der «Hauptstrasse» im Quartier. Für die Umsetzung rechnet die Stadtregierung mit Kosten von 20’000 Franken.

Der Antrag wurde bereits der zuständigen Kommission des Gemeinderats übergeben und sollte demnächst im Parlament zur Abstimmung kommen. Seit dem Ja der Dübendorfer zur SVP-Initiative «Mitbestimmen bei Temporeduktionen» müssen alle Tempo-30-Zonen vom Dübendorfer Parlament abgesegnet werden.

Hochbord

Blick auf eine Strasse
Im Hochbord wird sich die Frage stellen, was mit den Fussgängerstreifen passiert, sollte Tempo 30 realisiert werden. Denn eigentlich müssen die dann weg.

Im Dezember 2024 reichten Anwohner des Hochbords dem Stadtrat 355 Unterschriften ein für Tempo 30 im Quartier. Der Verkehr in dem Gebiet hat in den letzten Jahren aufgrund der Bautätigkeit stark zugenommen, gleichzeitig nutzen Automobilisten das Quartier als Ausweichroute bei Stau auf der Ringstrasse und vor der Sonnental- und der Giessenkreuzung. Der Stadtrat bezeichnet das Anliegen der Anwohner als berechtigt und hat ein verkehrstechnisches Gutachten in Auftrag gegeben. Wenn das vorliegt, wird er entscheiden, ob er dem Gemeinderat einen entsprechenden Antrag stellen will.

Gockhausen

Blick auf eine Strasse
Eng und zum Teil ohne Trottoir: Die Eltern in Gockhausen möchten für ihre Kinder sicherere Schulwege.

Der Quartierverein Gockhausen Geeren Tobelhof sammelte 440 Unterschriften für Tempo 30 in Gockhausen und überreichte diese Anfang Juli 2025 dem Stadtrat. Die Petenten sehen vor allem in den beengten Verhältnissen ohne durchgängige Trottoirs ein Sicherheitsproblem. Im Bereich zwischen Tobelhofstrasse und Geeren gilt bereits Tempo 30; die Obere Geerenstrasse war 1991 die erste Strasse in Dübendorf, auf der die Autofahrer vom Gas mussten. Die definitive und wegen der Kosten und der Verkehrsführung stark kritisierte bauliche Umgestaltung erfolgte jedoch erst später.

Auch dieses Anliegen aus dem Volk unterstützt der Stadtrat in einem ersten Schritt. Er hat daher die Erarbeitung der technischen Grundlagen für Tempo 30 in Auftrag gegeben, die für eine mögliche Umsetzung notwendig sind.

Högler

Blick auf eine Strasse
Das Quartier Högler hat gute Chancen, zumindest vom Stadtrat grünes Licht zu bekommen.

424 Unterschriften haben Anwohner des Högler-Quartiers gesammelt, im September wurde die jüngste Petition für Tempo 30 von Mitgliedern des Elternrat-Vorstands dem Stadtpräsidenten André Ingold überreicht. Der Perimeter umfasst fünf Quartierstrassen rund um das Primarschulhaus, mit einer zumindest vorläufigen Unterstützung durch den Stadtrat ist also ebenfalls zu rechnen.

Fast schon flächendeckend

Doch das ist noch nicht alles; aktuell finden Unterschriftensammlungen für Tempo 30 in weiteren Quartieren statt. Eine Petition betrifft das Vogelquartier zwischen Zürichstrasse, Untere Zelglistrasse, Höglerstrasse und Kirchbachstrasse. Eine weitere das Quartier Sonnenberg, also das Gebiet zwischen Usterstrasse, Hermikonstrasse und Weidweg. Gleich zwei Unterschriftensammlungen laufen im Gebiet Oberdorf inklusive Grüzen-, Schulhaus-, Neuhaus- und Leepüntstrasse. Einen Überblick bieten die Dübendorfer Grünen auf ihrer Website.

Würde in all den erwähnten Quartieren Tempo 30 eingeführt, wäre das schon deutlich mehr als die Hälfte des Gebiets, das die Dübendorfer 2021 an der Urne nicht als Tempo-30-Zonen haben wollten.

Doch was läuft in den übrigen Quartieren? Da wäre etwa das Flugfeld, das Gumpisbüel, das Gebiet zwischen Dietlikonstrasse und Eglishölzli sowie die Gegend rund um die Oskar-Bider-Strasse, wo überall Tempo 50 gilt. Eine Umfrage bei Elternvereinigungen und Schulleitungen ergab hier keinen Hinweis auf eine Petition. Auch vom Ortsverein Stettbach heisst es: derzeit nichts geplant.

Was ist «vernünftig»?

Entscheidend ist ohnehin die Frage, inwieweit ein letztlich unverbindliches Begehren in Form einer Petition den politischen Entscheidungsprozess übersteht. Denn da führt kein Weg an der SVP vorbei, die Entscheide des Parlaments zu 30er-Zonen mittels Referendum an die Urne bringen wird, wenn sie nicht damit einverstanden ist. Und auf dieser Stufe hat es die SVP in der Vergangenheit wiederholt praktisch im Alleingang geschafft, Vorstösse für Tempo 30 zu bodigen.

Eine Karte mit eingezeichneten Tempo-30-Zonen.
Geplante und bestehende Tempo-30-Zonen in Dübendorf.

Aktuell kann die Partei keine Auskunft darüber geben, wie sie zu den einzelnen Vorstössen aus den Quartieren steht. Der interne Meinungsbildungsprozess beginne erst, wenn die vorberatende Kommission im Gemeinderat das Geschäft behandelt habe, heisst es auf Anfrage.

Gegen «vernünftige Vorlagen» habe man nichts einzuwenden, hatte die SVP in der Vergangenheit in den hitzigen Parlamentsdebatten über Tempo 30 stets verlauten lassen. Die kommenden Monate werden zeigen, wie die Partei «vernünftig» definiert.

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