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Hier zahlen Sammler über 10'000 Franken für Modelleisenbahnen

In Bauma hat zum 18. Mal die Plattform der Kleinserie stattgefunden. Die Ausstellung für Liebhaber von Modelleisenbahnen und Kleinserienmodellen hat rund 3000 Besucher aus der ganzen Schweiz und dem nahen Ausland angezogen.

Die 18. Ausgabe der Ausstellung hatte so einiges zu bieten., In Bauma kamen am Wochenende Modelleisenbahn-Fans auf ihre Kosten., Im Schulhaus Altlandenberg fand die Plattform der Kleinserie statt., Die Modelle gab es in Vitrinen zu bestauen …, … oder in Szene gesetzt auf Dioramen., Genaues Hinschauen lohnte sich., An jedem Stand gab es anderes zu entdecken., Auch Zubehör wie Häuser …, … oder Brücken und Tunnels durften nicht fehlen., Ebenfalls gezeigt wurde die Steuerung der Fahrzeuge., Auffallend: Viele der Besucher waren männlich.

Foto: Christian Merz

Hier zahlen Sammler über 10'000 Franken für Modelleisenbahnen

Schon kurz nach der Öffnung um 10 Uhr am Samstag ist so gut wie jede Parklücke beim dem Schulhaus Altlandenberg in Bauma besetzt. Autos aus Italien, Frankreich, der Waadt, Jura, Basel oder Bern reihen sich dicht an dicht.

Für Bauma ein eher ungewöhnliches Bild – für Roland Born, der seit Beginn vor 18 Jahren die Plattform für Kleinserie veranstaltet, hingegen Usus: Der Inhaber eines Modellbaugeschäftes in Rapperswil erwartet rund 3000 Besuchende an der Ausstellung für Liebhaber von Modelleisenbahnen und Kleinserienmodellen.

Unikate und Raritäten

Mindestens so viele sind gekommen. An den weit herum einzigartigen Veranstaltungen präsentieren kleine und mittlere Unternehmen aus der Schweiz, Italien und Frankreich Modelleisenbahnen, die nicht in grossen Produktionen hergestellt werden.

«Wer hierherkommt, ist in der Regel ein Kenner und sucht das Spezielle.»
Roland Born, Veranstalter der Plattform für Kleinserie

Sie sind Unikate und Raritäten, die in stundenlanger Handarbeit durch Fachpersonen fabriziert werden. «Wer hierherkommt, ist in der Regel ein Kenner und sucht das Spezielle», informiert Roland Born. «Das ist auch das Ziel der Ausstellung: Wir bieten eine Plattform, auf der die KMUs der Branche ihre Arbeiten dem Fachpublikum präsentieren können.»

Wie viel Handarbeit in einer Modelleisenbahn steckt, zeigen Markus Hilber und seine Kollegen vom Modelleisenbahnklub Wil (SG) live im Saal Grosswis. Nach minutiös ausgemessenen Plänen löten sie in filigraner Kleinarbeit die Mini-Ausgaben verschiedenster Schweizer Loks, Zügen und Zugkombinationen.

Man sieht einen Mann, der hinter einem Tisch steht und ein Metallteil in den Händen hält.

«Eigentlich brauchen wir die Modelle vor allem für den Eigengebrauch auf unserem rund 630 Meter umfassenden Schienenwerk in unserer Klubanlage», sagt Hilber, der sonst einen Bürojob ausübt. «Aber wir führen auch Workshops durch und zeigen zum Beispiel, wie man sie lötet.»

Ein einziger Wagen bedeutet für die Klubmitglieder wie für die anderen Erbauer oft mindestens 100 Stunden Arbeit – dafür stimmt nachher jedes noch so kleine Detail.

«Kurze Wartezeit» von zwei Jahren

Diese Präzision hat ihren Preis: Viele der Modelle kosten ab mehreren tausend Franken aufwärts – und werden nicht von heute auf morgen geliefert. Von einer «kurzen Wartezeit» spricht Roland Born, wenn er zwei Jahre meint. Teilweise dauert es bis zu acht Jahren, ehe man sein Wunschmodell in den Händen hält.

«Wenn man als ‹Bähnler› Lematec kauft ist es, wie wenn man in einen Rolls-Royce investiert.»
Oskar Noser, Ausstellungsbesucher

Die hohen Beträge bezahle man gerne, sagt Oskar Noser aus Näfels im Glarnerland, der mit seinem Freund Ruedi Zimmermann aus Jona angereist ist: «Ich habe mir eine Spur N Lematec-Lok für 1000 Franken gekauft, was ein absoluter Glücksgriff war. Ich konnte nur zuschlagen, weil ein Interessent angesprungen ist.»

Er habe sich damit einen Bubentraum erfüllt, sagt er. «Wenn man als ‹Bähnler› Lematec kauft, ist es, wie wenn man in einen Rolls-Royce investiert. Die Modelle sind so perfekt gearbeitet, dass sie an Wert gewinnen und – so man denn will – später für viel mehr Geld verkauft werden können.»

Man sieht zwei Männer neben einem Tisch stehen, auf der eine Eisenbahnanlage aufgebaut ist.

Die Berner Marcel Koch und Jürg Werthmüller verstehen Osker Noser gut. Aufgestanden sind die beiden Freunde schon um fünf Uhr, um genug Zeit an der Ausstellung verbringen zu können.

Die Herren suchen Inspiration für ihre eigenen Bahnen, denn: «Die Plattform der Kleinserie ist immer der Start in die Modellbausaison», erklärt Marcel Koch und Jürg Werthmüller ergänzt schmunzelnd: «Zwar hat der Modellbau immer Saison, aber im Winter braucht man weniger Ausreden, um drin zu werkeln.»

Was aber macht die Faszination an den Modellen aus? «Puh, das lässt sich schwer in Worte fassen», überlegt Koch. «Wenn einen das Virus packt, packt es einen einfach. Wir zählen darum auch nicht, wie viele Stunden wir mit dem Modellbau investieren. Letzte Woche waren es zwei Abende an rund drei Stunden – es kann aber auch mehr oder weniger sein.»

Seit Corona im Trend

Was auffällt: Das Publik setzt sich fast ausschliesslich aus Männern in mittlerem bis höherem Alter zusammen. Die anwesenden Familien mit Kindern oder Frauen lassen sich zumindest am Samstagvormittag an einer Hand abzählen.  Für Roland Born ist das nicht überraschend. Das sei üblich. «Man braucht ein gewisses Budget, um sich die gezeigten Modelle leisten zu können», erklärt er. 

«Wenn man sieht, mit welcher Liebe zum Detail die Modelle gefertigt sind, ist das beeindruckend.»
Raphaela Schnüriger, Ausstellungsbesucherin

Eine der wenigen Frauen ist Raphaela Schnüriger aus Niederurnen im Glarnerland, die zusammen mit ihrer vierjährigen Tochter Fabia gerade die Lok 7 – ein Staffelwagen, der auf die Rigi fährt – bewundert.

Zwar sind sie hier, weil Ehemann André fasziniert von der Modelleisenbahnwelt ist, aber: «Wenn man sieht, mit welcher Liebe zum Detail die Modelle gefertigt sind, ist das beeindruckend», sagt Raphaela Schnüriger.

André Schnüriger wiederum kann dank seiner Leidenschaft abschalten. «Modelleisenbahnbau ist ein entspannendes Hobby, weil es einfach und komplex zugleich ist», sagt er.  «Was eine Modelleisenbahn darstellt, hängt immer von den persönlichen Vorlieben ab.»

Man sieht ein Paar mit einem kleinen Mädchen vor einem Ausstellungsstand stehen.

Wie verschiedene Fachzeitschriften schreiben, sind Modelleisenbahnen wieder im Trend. Gerade seit Corona schätzen Erwachsene das Basteln und Bauen. Das stellt auch Aussteller Christian Huwiler aus Echichens im Kanton Waadt fest.

«Jedes Exemplar hier ist einzigartig, man kann keines hervorheben.»
Roland Born

«Wir präsentieren seit der ersten Plattform der Kleinserie unsere originalgetreuen Nachbauten von Schweizer Bahnhöfen», erklärt er. Bausätze sind ab 400 Franken zu haben und laut Huwiler sehr beliebt. «Wer einen fertig gebauten Bahnhof wie etwa denjenigen von Morges kaufen will, muss etwa 1900 Franken investieren.»

Bauma bewusst gewählt

Welches ist denn das speziellste der gezeigten Modelle? Auf diese Frage blickt Roland Born einen Moment irritiert, ehe er den Laien versteht: «Jedes Exemplar hier ist einzigartig, man kann keines hervorheben.»

Als Beispiel zeigt er seinen Nachbau des Buffetwagens vom Dampfbahn-Verein Zürcher Oberland (DVZO). Der Nachbau ist doppelt besonders, denn der DVZO ist der Grund, warum die Plattform der Kleinserie überhaupt in Bauma stattfindet.

Nachdem man in Jona gestartet hatte, bot sich die Zusammenarbeit mit dem Verein an. Dieser zeigte vor Corona die eigenen Wagen während der Ausstellung. Wegen einer zu vollen Agenda war das in diesem Jahr nicht möglich.

«Nächstes Jahr wird es wieder eine Kooperation mit dem DVZO geben, denn wie immer sind wir mit der Plattform der Kleinserie sehr zufrieden», betont Born. «Der Aufwand hat sich auch in diesem Jahr gelohnt und wir kommen 2023 wieder.»

(Fabienne Würth)

DVZO-Modell an der Ausstellung

Die an der Plattform der Kleinserie gezeigten Modelle haben alle reale Vorbilder in der Eisenbahnwelt. So auch der Buffetwagen von Roland Born. Das Fahrzeug ist ein Nachbau aus Messing des Buffetwagen WR 109 des Dampfbahn-Vereins Zürcher Oberland (DVZO).

Man sieht einen braunen Modelleisenbahnwagen, der mit Buffetwagen angeschrieben ist.

Das Original fuhr lange Zeit für die Emmentalbahn, war als Unterkunftswagen im Einsatz und ist seit 1978 im Besitz des Vereins. Seither ist er regelmässig als Gastronomiewagen auf der DVZO-Strecke zwischen Bauma und Hinwil unterwegs.

Das Modell wurde in limitierter Auflage hergestellt und kostet 1210 Franken. (agy)

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