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Gesellschaft

Sanierung dringend notwendig

Sammelstelle Weisslingen ist eine tickende Zeitbombe

Gemeinderat Markus Moser erklärt, warum die Tage der Wertstoffsammelstelle in Weisslingen gezählt sind.

Gemeinderat Markus Moser (SVP) vor der Kartonpresse, einem seiner «Sorgenkinder».

Foto: Simon Grässle

Sammelstelle Weisslingen ist eine tickende Zeitbombe

In puncto Sicherheit und Umweltschutz hat die Weisslinger Wertstoffsammelstelle den Zenit überschritten. Nur scheint die Bevölkerung diese Dringlichkeit noch nicht verstanden zu haben.

Dass eine Wertstoffsammelstelle «in die Jahre» kommen kann und nicht mehr den heutigen Anforderungen entspricht, mag im ersten Moment wenig spektakulär tönen.

Ein Rundgang durch die Wertstoffsammelstelle Unterdorf mit Gemeinderat Markus Moser (SVP) macht dann aber klar, wie prekär die Situation tatsächlich ist.

«Die Kartonpressmulde bereitet mir schon seit geraumer Zeit Bauchschmerzen», gesteht Moser und präsentiert damit sein grösstes «Sorgenkind». Die Maschine dürfte eigentlich nicht unbeaufsichtigt betrieben werden. Seit Jahren kann sie auch zu den unbetreuten Zeiten genutzt werden, was gemäss Markus Moser jedoch ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellt. Zu gross sei die Unfallgefahr: «Würde eine Person hier hineinfallen, läuft die Maschine einfach weiter.»

In der Wertstoffsammelstelle Unterdorf gibt es betreute Öffnungszeiten, in denen Weisslinger und auch Auswärtige ihren Abfall entsorgen können.

Jeweils von Montag bis Freitag von 9 bis 11 Uhr, Donnerstag von 9 bis 11 Uhr und 14 bis 18 Uhr sowie Samstag von 9 bis 16 Uhr

Weisslinger mit einem Badge (gegen ein Depot von 50 Franken erhältlich) haben jeweils von Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr und am Samstag von 8 bis 16 Uhr Zugang zum ansonsten geschlossenen Gelände.

Seit Jahren kann die Kartonpresse auch zu den unbetreuten Zeiten genutzt werden, was gemäss Markus Moser jedoch ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellt. (ks)

Als Präsident der Forst-, Landwirtschafts- und Naturschutzkommission liegt die Wertstoffsammelstelle in seiner Verantwortung. «Deshalb habe ich mit der Übernahme der Kommission vor zwei Jahren als Erstes diese Presse abgestellt.»

In der Folge hätten die Leute ihren Karton dann einfach vor der Presse aufgetürmt. Anstatt ihre Kartonagen zu den betreuten Öffnungszeiten zu entsorgen, wie sie eigentlich dazu angehalten worden waren. «Unser Mitarbeiter musste stundenlang Berge von Kartonagen pressen.» Entsprechend schaltete er die Maschine wieder ein.

Zustand ist nicht mehr tragbar

Es gibt aber noch weitere «Problemzonen», wie sich bei der Begehung zeigt: Die Ölsammelstelle etwa müsste nach heutigen Anforderungen über eine Auffangwanne verfügen. «Gibt es eine undichte Stelle, läuft alles in den Bach oder die Kanalisation», erklärt der Gemeinderat. Das Grundstück grenzt unmittelbar an die Wald-, Landwirtschafts- und Gewässerschutzzone.»

Elektronische Geräte müssten in einem regenfesten Raum aufbewahrt werden. In Weisslingen kann man sie aber unter freiem Himmel deponieren. «Deshalb besteht die Gefahr, dass Giftstoffe ausgespült werden, die ebenfalls in die öffentlichen Gewässer fliessen könnten.»

Man sieht eine alte Waschmaschine in der Wertstoffsammelstelle.
Elektronische Geräte wie diese Waschmaschine unter freiem Himmel zu sammeln, ist ein Umweltrisiko.

Ein weiterer Schwachpunkt der heutigen Sammelstelle ist gemäss Gemeinderat Moser die unübersichtliche Zu- und Wegfahrt. «Sie quert einen Radweg und bietet für die Ausfahrt einen ungenügenden Blick auf die kurvige Hauptstrasse.»

Durch die engen Platzverhältnisse auf dem Areal gebe es gerade an Samstagen, des Oberländers liebstem Entsorgungstag, oftmals Rückstau auf der Hauptstrasse.

Nicht zuletzt ist der Platz für die Logistik zu knapp bemessen. Der Recyclingdienst kann die vollen und leeren Container nicht vor Ort rangieren. «Momentan werden die Container extra zum Fussballplatz gefahren, wo mehr Platz zum Rangieren ist.»

All die aufgeführten Probleme sind allerdings nichts Neues. Denn bereits vor fünf Jahren legte der Gemeinderat der Bevölkerung ein Umbauprojekt für 400’000 Franken vor. Dieses wurde aus dem Budget 2021 gestrichen – wenn auch mit nur zwei Gegenstimmen sehr knapp. «Es ist dem Gemeinderat damals offenbar nicht gelungen, den Weisslingern die Dringlichkeit dieses Projekts zu vermitteln», zeigt sich Markus Moser selbstkritisch.

Die Lage spitzt sich zu

Wie hat sich die Situation seit der letzten Projektierung verändert? Laut Moser wurden einerseits die gesetzlichen Vorgaben nochmals verschärft: «Diese Anlage ist nicht mehr gesetzeskonform und wäre somit streng genommen nicht mehr betriebsfähig.» Das heisst, dass bei einer Kontrolle die Stelle von kantonaler Ebene jederzeit geschlossen werden könnte.

Andererseits tut sich etwas in der Nachbarschaft: Die im Jahr 2020 stillgelegte Ara in Weisslingen, welche unmittelbar an die Wertstoffsammelstelle angrenzt, muss rückgebaut und renaturiert werden. «Vor zwei Jahren sind wir auf eine Verfügung gestossen, dass dies bis Ende Jahr erledigt sein muss.»

Der Gemeinderat sieht hier die einmalige Gelegenheit, das «Nützliche mit dem Angenehmen» zu verbinden. «Der Rückbau kostet die Gemeinde Geld», resümiert Markus Moser. «Warum nützen wir einen Teil der Infrastruktur nicht für eine Sanierung und Optimierung der Wertstoffsammelstelle?»

Anstatt also das grosse Ara-Gebäude abzubrechen, soll es ausgehöhlt und verstärkt werden. «Damit hätten wir eine abschliessbare Halle für grosse und heikle Entsorgungsgegenstände, wie zum Beispiel die elektronischen Geräte.» Auf diese Weise würde die Anlage auch den neuen Standards entsprechen.

Und da die bisherigen Metall-, Alu- und Glascontainer durch – notabene viel grössere – Unterflurcontainer ersetzt werden sollen, entsteht oberirdisch mehr Platz für die Logistik sowie für Sammelstellennutzer.

«Wir wollen mit dieser Sanierung kein Luxusprojekt realisieren», erklärt Moser, «es geht um den Erhalt des Status quo.» Die Kosten für das gesamte Projekt werden auf etwa 860’000 Franken geschätzt. Im Vergleich zum Rückbau der ehemaligen Ara, der die Gemeinde allein schon über 400’000 Franken kosten würde.

Was für die Bevölkerung von Weisslingen nicht uninteressant sein dürfte: Die Sanierung wird nicht mit den Steuergeldern finanziert, sondern über die Sack- und Grundgebühren. «Aktuell sind wir mit Fr. 1.20 pro Gebührensack ohnehin eine der günstigsten Gemeinden – wenn nicht die günstigste», so Moser.

«Plan B» ist keine echte Alternative

An einer ersten Info-Veranstaltung hat der Gemeinderat das Projekt im April der Bevölkerung präsentiert. Im September kommt das Geschäft an die Gemeindeversammlung. «Wir hoffen, dass wir den Weisslingern dieses Mal die Brisanz dieses Projekts zeigen können», sagt Moser.

Einen Plan B habe der Gemeinderat noch nicht in der Schublade parat, «wir setzen im Moment alles auf eine Karte». Denn: Auch ein Umbau der aktuellen Anlage würde Geld kosten, «Schätzungen zufolge etwa 500’000 Franken». Zusätzlich zu den zweckgebundenen Kosten für den Rückbau der ehemaligen Ara.

«Wir haben jetzt eine einmalige Chance, Synergien zu nutzen», betont Markus Moser. «Denn es ist wohl auch die letzte Möglichkeit, die bestehende Sammelstelle zu sanieren.» Sollte das Projekt scheitern, sieht der Gemeinderat eher schwarz für die Bewilligung einer Sanierung am jetzigen Standort durch den Kanton. «Die Sammelstelle grenzt direkt an eine Gewässerschutzzone, gleichzeitig zieht sich die Waldgrenze quer durch das bestehende Gebäude.»

Wie würde das Worst-Case-Szenario aussehen? «Wir könnten nur noch die Pflichtfraktionen anbieten», dazu zählen Glas, Alu/Metall, Papier, Karton, Altkleider, Grüngut und Haushaltkehricht. Für alle anderen Wertstoffe müssten sich die Weisslinger künftig ins Auto setzen und anderswo auf Entsorgungstour gehen. «Ich wohne selbst im Dorf», sagt Moser, «mir würde das stinken.»

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