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Friedhof Dübendorf bietet nun anonyme Gräber an

Auf dem Dübendorfer Friedhof gibt es nun zwei neue Grabfelder: Eine Gedenkstätte für Sternenkinder und ein anonymes Gemeinschaftsgrab. Damit will man der Nachfrage nach alternativen Bestattungsformen nachkommen.

Das neue Sternenkinder-Grabfeld in Dübendorf., Als Sternenkinder werden vor oder während der Geburt verstorbene Fehl-, Früh- und Totgeburten bezeichnet..., ... oder auch bei einem medizinischen Schwangerschaftsabbruch verstorbene Kinder. , Friedhofsgärtner Roger Kapp und Tiefbauvorsteher Jürgen Besmer., Das neue anonyme Gemeinschaftsgrab «Obstgarten»., Hier können Menschen sich namenlos beisetzen lassen., In der ganzen Schweiz gibt es nur wenige solche Grabfelder.

Seraina Boner

Friedhof Dübendorf bietet nun anonyme Gräber an

Zwischen den Ästen einer Hainbuche kämpfen sich herbstliche Sonnenstrahlen zum Boden durch, wo die neue Grabstätte für Sternenkinder steht. In der Mitte des steinigen Platzes befinden sich drei Steine, zwei Grosse und ein Kleiner. Sie lehnen sich aneinander – wie eine dreiköpfige Familie. Nebenan stehen ein grosser Blumentrog und drei Bänke.

Um den Platz herum wächst Rasen. Auf diesem ragen Zierbüsche in die Höhe. Noch ist hier niemand begraben. «Künftig soll diese Gedenkstätte Eltern einen Trauerort für ihre Sternenkinder bieten», sagt Friedhofsgärtner Roger Kapp.  Als Sternenkinder werden vor oder während der Geburt verstorbene Fehl-, Früh- und Totgeburten bezeichnet oder auch bei einem medizinischen Schwangerschaftsabbruch verstorbene Kinder.

Genug Platz

Die neue Grabstätte steht auf einem Reserve-Kindergrabfeld. «Glücklicherweise verzeichnen wir wenig Fälle, in denen wir Kinder beerdigen müssen. Deshalb hatten wir Platz genug, um zusätzlich ein Sternenkindergrabfeld zu gestalten», so Kapp. Man sei deshalb mit dem Anliegen an den Stadtrat gelangt. «Wir dachten uns: Warum kein solches Angebot schaffen, wenn es möglich ist», sagt Tiefbauvorsteher Jürgen Besmer (FDP), der neben Kapp auf einem der Steinbänke sitzt.

Das neue Sternenkindergrab befindet sich gleich neben den Kindergräbern. Dort sind junge Menschen begraben, die bis zu über 50 Jahren verstorben sind. Doch noch immer zieren frische Blumen ihre Gräber. «Eigentlich werden Kindergräber nach 20 Jahren ausgehoben. Da wir aber genug Platz haben, lassen wir sie so lange bestehen, bis wir wieder Platz brauchen», sagt Kapp. Dass Eltern ihre Kinder nach 50 Jahren immer noch auf dem Friedhof besuchen, spreche zudem dafür, das Grab stehen zu lassen. «Und es zeigt uns, dass es wichtig ist, Trauerorte für Eltern zu schaffen — so auch das Sternenkindergrab», fügt Stadtrat Besmer an.

Mehr als 300 Leute Platz

Etwa 200 Meter vom Sternenkindergrab entfernt, hat der Friedhof Dübendorf zudem ein neues anonymes Gesellschaftsgrab errichtet. Hier können Menschen sich namenlos beisetzen lassen. In der ganzen Schweiz gibt es nur wenige solche Grabfelder. «Es ist schon so, dass Sterbende immer mehr das Bedürfnis nach alternativen Begräbnisformen haben», sagt Besmer. «Es gibt viele, die sich irgendwo verstreuen lassen und auch Baum- oder Waldbestattungen erleben einen Boom.» Man habe dieser Nachfrage entgegenkommen wollen und habe deshalb ein neues «Grabangebot», eine neue Bestattungsform schaffen und anbieten wollen.

 

So ist es künftig möglich, sich unter Apfelbäumen auf dem Friedhof Dübendorf auf dem anonymen Gemeinschaftsgrab «Obstgarten» beisetzen zu lassen. «Wir heben ein Loch – 30 mal 30 Zentimeter – aus und schütten die Asche hinein», sagt Kapp. Auf der Stelle, wo die Person begraben ist, wird weder ein Grabstein, noch eine Namensplakette angebracht – es ist eben ganz anonym. «Wir haben aber schon ein Raster, in das wir einzeichnen, wo wer begraben ist. Den Bestattungort bestimmen momentan noch wir, damit es kein Durcheinander gibt», so der Friedhofsgärtner. Insgesamt könnten etwas mehr als 300 Leute auf dem «Obstgarten» begraben werden. «Ich denke, dass die Nachfrage vorhanden sein wird, weil schon jetzt einige ältere Leute auf mich zukommen und die Idee rühmen», prognostiziert Kapp.

Das neue Gemeinschaftsgrab soll trotz der Anonymität ein Trauerort für Hinterbliebene sein. «Aber es soll auch als Rückzugsort dienen, als Park in unserer Stadt», sagt Kapp. Deshalb habe man sich entschieden, den Bereich nicht dem Wildwuchs zu überlassen, aber natürlich zu belassen, sowie Steinbänke aufzustellen und künftig nicht nur Apfelbäume, sondern etwa auch Quittenbäume anzupflanzen. «Die Früchte dürfen von der Bevölkerung geerntet werden», sagt Kapp. Für viele Menschen sei es ein schöner Gedanke, nach dem Tod wieder Teil der Natur und Teil von etwas Neuem zu sein.

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