Essen, wohnen, shoppen: Das soll die Forch in 20 Jahren bieten
Leitbild Fokus Forch
Die Gemeinde Küsnacht überliess die Ideenfindung für einen neuen Bahnhof Forch bisher der Bevölkerung. Nun wird das Leitbild 2045 dem Gemeinderat vorgelegt.
Bis 2045 sollen der Bahnhof Forch und dessen Umgebung ein völlig neues Gesicht erhalten. Die Station solle sich in einen neuen Ortsmittelpunkt verwandeln, der dem Küsnachter Ortsteil Forch bis anhin fehle – so lautet der gemeinsame Wunsch der Gemeinden Küsnacht und Maur. Deren Bevölkerung nutzt die Forchbahn «Frieda» tagtäglich als direkte Verbindung in die Stadt Zürich.
Dieser Wunsch nach einem neuen Ortsmittelpunkt nahm in den letzten Monaten Gestalt an. Denn die Gemeinde Küsnacht hat angefangen, den Bahnhofsraum gemeinsam mit der Bevölkerung neu zu denken. Als Raum, der die Maurmer Ortsteile Aesch, Scheuren und Forch mit den Weilern im Küsnachter Berg noch besser verbindet. Dazu ist im März das Mitwirkungsverfahren «Fokus Forch» gestartet.
In zwei öffentlichen Workshops konnten interessierte Maurmerinnen und Küsnachter gemeinsam Ideen, Ängste und Planungswünsche für die Zukunft der Forch einbringen. Denn das gesamte Bauland der Forch gehört der Gemeinde Küsnacht.
Die Maurmer sind daher zwar an der Ideenfindung beteiligt, politisch aber nicht involviert. Noch unklar ist darum auch, inwieweit sich die Gemeinde finanziell an den verschiedenen Projekten der Gemeinde Küsnacht beteiligen wird.
Das Ziel der Workshops war ein Leitbild 2045, das als Leitplanke aller künftigen Planungsschritte der Bauherrin Küsnacht dient.
Forchbahn plant eigene Projekte
Auslöser für den Küsnachter Planungseifer war indes die Forchbahn AG selbst. Denn auch sie hat in den kommenden Jahrzehnten einiges vor. Die Forchbahn will nämlich nichts weniger als ihre gesamte Infrastruktur erneuern. Dafür strebt sie mit dem Projekt «Frieda 2030» 25 Einzelprojekte für rund 325 Millionen Franken an.
Vier davon betreffen das Areal um die Station Forch, welches die Küsnachter modernisieren möchten. Namentlich der geplante Doppelspurausbau zwischen Neuer Forch und Forch, der Ausbau der Station Waldburg, die Sanierung der heutigen Abstellanlage sowie der Neubau eines Instandhaltungszentrums.
«Diese Chance konnten wir uns nicht entgehen lassen», erklärte darum der Küsnachter Hochbau- und Planungsvorsteher Gauthier Rüegg (FDP) an einer Informationsveranstaltung am Donnerstag. «Dass wir mit der Forchbahn zusammenspannen, macht nur Sinn», sagte er. Mittlerweile ist das Mitwirkungsverfahren abgeschlossen und klar, was sich die Bevölkerung ab 2030 auf der Forch wünscht.
Ein Bedürfnis pro Gebiet
An den besagten Workshops hätten jeweils rund 80 Interessierte teilgenommen, erzählte Rüegg. Diese rege Teilnahme habe ihn positiv überrascht. «Auch wenn es nicht immer ganz einfach war, die Diskussion mit 80 Personen zielgerichtet zu führen», sagte er.
Das entstandene Leitbild 2045 hat denn auch klare Vorstellungen zutage gebracht. Die Küsnachterinnen und Maurmer möchten auf der Forch ein möglichst vielfältiges Angebot, das Gemeinschaft, Grünflächen, Dienstleistungen und Wohnraum vereint. Die Idee dahinter: Das Areal soll in vier räumliche und thematische Bereiche gegliedert sein.
Die vier Bereiche orientieren sich an den vorhandenen Strukturen. Gleichzeitig müssen sie mit den Projekten der Forchbahn vereinbar sein.
1. «Krone»-Ensemble – mehr Gemeinschaft
Den Auftakt der vier Entwicklungsbereiche wird voraussichtlich das «Krone»-Ensemble machen, das den traditionsreichen Gasthof Krone umgibt. Das Teilgebiet ist unabhängig von den Forchbahnprojekten realisierbar. Eine erste Sanierung des Gebäudes hat bereits begonnen.
Wie am Donnerstagabend klar wurde, herrscht die Meinung vor, im Gebiet «Krone» sei das historische Ortsbild dringend zu erhalten. «Da dies von der Bevölkerung besonders aktiv gefordert wurde, haben wir das «Krone»-Ensemble auch nach dem zweiten Workshop noch in den Projektperimeter mit aufgenommen», erklärte Rüegg. Neben dem Gasthof wird auch die grosse Scheune nebenan saniert.
Dabei wird das Erdgeschoss beider Häuser ein noch zu definierendes Gastronomieangebot beheimaten. Der schon bestehende Platz zwischen den Gebäuden soll als gemeinschaftlicher Ort aufgewertet werden.
2. Grossacher – mehr Grünfläche
Ebenfalls zügig umsetzbar dürfte das Gebiet Grossacher sein. Die Bevölkerung hat sich nämlich gegen Wohnungsneubauten auf dem Areal gleich neben dem Bahnhof ausgesprochen. Also gegen eine Idee, die die Gemeinde ursprünglich für das Gebiet hatte. Stattdessen wird nun eine öffentliche Grünfläche mit artenreicher Flora und Fauna geschaffen.
3. Bahnhofsraum Mitte – mehr Dienstleistung
Etwas aufwendiger möchten die Maurmerinnen und Küsnachter hingegen den Bahnhofsraum Mitte gestalten. In diesem Bereich verkehren heute die Busse, und die Fahrgäste der Forchbahn betreten oder verlassen den Bahnhof via dieses Areal. Der Platz unterhalb der Bahnlinie soll auch künftig als Knotenpunkt zwischen Bahn und Bus fungieren, gleichzeitig aber zum multifunktionalen Bahnhofsplatz werden.
An die Stelle des bisherigen Parkplatzes, zwischen den Gleisen und der Kaltensteinstrasse, wird zudem ein neues unterirdisches Parkhaus rücken. An der Oberfläche wären neue Gebäude für ein Bahnreisezentrum, Büroräume und Gewerbe denkbar. Vor allem Letzteres sei ein grosses Anliegen, erklärte Gauthier Rüegg. «Bisher müssen die Reisenden nämlich mit einem Selecta-Automaten vorliebnehmen.» Für die oberen Geschosse sieht das Leitbild Wohnungen vor.
«Aber in diesem Bereich haben auch wir ein Wörtchen mitzureden», fügte Marc Rizzi, Geschäftsführer der Forchbahn AG, an. Er begleitet das Leitbild «Fokus Forch» eng und war auch an den Workshops vor Ort. Im Bahnhofsraum Mitte kommt nämlich ein sogenanntes Instandhaltungszentrum (IHZ) zu stehen, das die Forchbahn bis 2030 für 50 Millionen baut. Das sei bereits beschlossene Sache, sagte Rüegg. Küsnacht tritt das Land dafür an die Forchbahn ab.

Das IHZ wird der Forchbahn einerseits als Depot, andererseits als Werkstatt und Bürokomplex dienen. «Spätestens wenn unsere neue Generation Züge ankommt, ist das alte Depot zu klein», erklärte Rizzi. Zudem genüge das heutige nicht mehr den gesetzlichen Standards.
Der zweistöckige Bau entspricht nicht dem Geschmack aller 70 Anwesenden, die am Donnerstag den Weg durch das Schneegestöber auf die Forch gefunden hatten. Das werde jedoch zu einem anderen Zeitpunkt diskutiert, quittierten die moderierenden Parteien.
4. Forchterrasse – mehr Wohnraum
Am längsten – also sicher bis in die 2040er Jahre – dürfte es dauern, bis die Forchterrasse oberhalb der Bahnlinie umgestaltet werden kann. Denn dort wird die Forchbahn ihre Provisorien während des IHZ-Baus aufstellen.
Sobald sie wieder abgebaut sind, wird an der Alten Forchstrasse neuer, altersgerechter Wohnraum im tiefen Preissegment geschaffen. In der Mitte der Forchterrasse soll zudem eine verkehrsfreie Grünfläche für die Anwohnenden entstehen.
Eines ist der Bevölkerung jedoch wichtig: Der historische Reiterhof bleibt bestehen. Dieser ist geschützt und wird von der Gemeinde verpachtet. «Das muss unbedingt so bleiben», sprach ein Votant und Workshop-Teilnehmer den Wunsch einer grossen Mehrheit aus.
Gemeinderat am Zug
Das Leitbild 2045 wird nun dem Küsnachter Gemeinderat vorgelegt. Segnet es dieser ab, ist es für alle künftigen Planungsschritte verbindlich. Es wird der Gemeinde fortan den Weg bis ins Jahr 2045 weisen.
«Wichtig ist, jetzt zu verstehen, dass wir noch kein Projekt ausgearbeitet haben», betonte Gauthier Rüegg am Donnerstagabend abschliessend. «Wir bewegen uns noch eine Flughöhe höher.» Heisst: Küsnacht hat erst einen Ideensatz, an den sich die Gemeinde bei der Projektplanung halten muss. Darum gebe es auch noch keine Kostenschätzung für das Ganze.