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Gesellschaft

Erfolgsrezepte für eine glückliche Schweiz vom Armeechef am Ustertag

Der Armeechef sprach am Ustertag über Sicherheitspolitik – und darüber, was die Schweiz international so erfolgreich macht.

Armeechef Thomas Süssli sprach am Ustertag von der Kanzel.

Foto: Simon Grässle

Erfolgsrezepte für eine glückliche Schweiz vom Armeechef am Ustertag

Geopolitische Entwicklung

Diesmal war kein Bundesrat, sondern der Chef der Armee am Sonntag Hauptredner am Ustertag. Thomas Süssli sprach von der Kanzel über «eines der glücklichsten Völker».

«Herr Korpskommandant, the pulpit is yours», lautete die freundliche Aufforderung von Rita Famos an Thomas Süssli. Am Ende ihrer Vorrede relativierte sie die vom Armeechef im Vorfeld geäusserten Vorbehalte, von der Kanzel zu sprechen.

"The pulpit ist yours" bedeutet so viel wie "die Kanzel gehört Ihnen" und ist abgeleitet vom oft benutzten Ausdruck "the stage is yours" (die Bühne gehört Ihnen).

Dies ist eine theatralische Metapher, wenn ein Redner dem nächsten das Podium überlässt.

(ks)

«Sie müssen keine Bedenken haben», beruhigte ihn die Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz. Die Kanzel sei zwar ein Ort der Bibelauslegung. «Darunter jedoch sitzt ein Volk, das sich nicht einfach zutexten lässt.» Das gelte sowohl für geistliche wie auch für weltliche Themen.

Der Hauptredner indes bestätigte seine Skrupel. Es gezieme sich nicht für die bodenständige Armee, von der Kanzel zu sprechen. «Auf der anderen Seite befolgen wir als Soldaten Befehle.» Da sein Antrag, vom Boden zu sprechen, abgelehnt worden sei, habe er nun doch die Kanzel bestiegen.

Bereits mit seinem humorvollen Einstieg erntete Thomas Süssli viele Lacher. Wie er in einem Interview vor dem Ustertag angekündigt hatte, sprach auch er wie schon andere Militärs vor ihm in Uster über die souveräne Schweiz.

Ein glückliches Volk

«2019 erschien in der ‹New York Times› ein Artikel über die gesunden, glücklichen Kapitalisten der Schweiz», so Süssli. Auch aus Umfragen seien wir Schweizer als eines der zehn glücklichsten Völker hervorgegangen.

«Das war jedoch nicht immer so», ermahnte der Armeechef. Im Jahr 1816 habe in unserem Land noch eine grosse Hungersnot geherrscht. «Die Schweiz wurde als unsicher und gefährlich eingestuft.»

Im Jahr 1848 habe dann die Erfolgsgeschichte ihren Lauf genommen: «Nachdem der letzte grosse Krieg beendet und dank General Guillaume-Henri Dufour die Weichen für einen modernen Bundesstaat geebnet waren», wie Süssli ausführte.

Der Erfolg der Schweiz baue im Wesentlichen auf die vier Punkte Industrialisierung, Handel, Innovationen und Sicherheit. Unsere Vorfahren und auch wir heute hätten vieles sehr gut gemacht. «Doch reichen diese Rezepte auch für die Zukunft aus?»

Konflikte rücken näher

Thomas Süssli ging in seiner Rede auf die vier Bewegungen von Thomas L. Friedman ein, die er in seinem Buch «Thank you for being late» beschreibt: Demografie, Klimawandel, Industrielle Revolution und Zeitenwende. «Sie alle haben gemeinsam, dass sie exponentiell sind, unsere Zukunft verändern und sich vor allen Dingen nicht aufhalten lassen.»

Als Armeechef beschäftige ihn die Zeitenwende besonders stark, vor allem in Anbetracht des Gaza- und des Ukraine-Kriegs. Mit Blick auf letzteren wies er auf Reisen nach Estland, Litauen und Polen hin. Dort habe er mit verschiedenen Menschen gesprochen, «sie alle haben Angst».

Er zählte die auf dem Prinzip Hoffnung beruhenden Argumente auf, die hierzulande oft zu hören seien, angesprochen auf das Näherrücken der Problemzonen: «Die Konflikte seien weit weg, bisher sei alles gut gegangen, oder die Schweiz sei neutral.»

Einigkeit und für Werte einstehen

Zum Abschluss seiner flammenden und frei vorgetragenen Rede stellte er einige Ansätze in den Raum, wie die Schweiz auch künftig ein Erfolgsmodell bleibe. «Wir müssen uns auf unsere Werte und Stärken besinnen und vor allem einig werden», führte er als ersten Grundsatz auf.

Dann müssten wir bereit sein, glaubwürdig darzulegen, dass wir bereit seien, unsere Souveränität zu verteidigen. Es gelte zudem, Sicherheit umfassend zu denken. Früher sei von Gesamtverteidigung die Rede gewesen, heute von umfassender Verteidigung. Dazu gehörten alle Bereiche und das gehe alle an. In Anlehnung an General Dufour, der als «Macher» gegolten habe, müsse auch die Schweiz wieder zu einem Volk der «Macher» werden: «In einer zunehmend gefährlichen Welt geht es ums Ganze.»

Grundpfeiler der Reformation

Für die Vorrednerin war es quasi ein «Heimspiel», von der Kanzel der reformierten Kirche in Uster zu sprechen. Rita Famos ist Theologin und Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz.

«1824, kurz vor dem Ustertag, wurde diese Kirche neu erbaut», erklärte Famos. Aufgrund dieses Jubiläums sei sie als Rednerin zu diesem Anlass eingeladen worden.

Die neue Kirche sei um einiges grösser geworden als die alte, romanische Kirche, die zuvor an derselben Stelle gestanden hätte. «Mit diesem stolzen Bauwerk mit dem beeindruckenden Aufgang wollte die selbstbewusste Stadt Uster imponieren.»

Die alte Kirche sei aus allen Nähten geplatzt, «die Gottesdienstbesucher mussten an den Sonntagen teilweise draussen stehen», wusste die Pfarrerin aus Überlieferungen.

Und doch sei auch die neue Kirche nicht gross genug gewesen, als im Jahr 1830 die Menschenmassen nach Uster strömten, um für die Rechte der Landbevölkerung zu kämpfen. «Aus diesem Grund musste die Demonstration auf den Zimikerhügel verlegt werden.»

In ihrer Rede erinnerte Rita Famos an die Grundgedanken der Reformation und der liberalen Verfassung. «Ich hoffe, dass sich unsere Werte wie Freiheit und Gleichberechtigung auch auf andere ortsansässige Religionen überträgt.»

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