Er wurde mit 22 Gemeinderat und schaffte die finanzielle Wende
Schulden in Wila abgebaut
Simon Mösch ist einer der jüngsten Gemeindepräsidenten im Kanton Zürich. Obwohl er sein Amt liebt, stellt er sich 2026 nicht mehr zur Wiederwahl.
Als Simon Mösch (Die Mitte) im Wila-Shirt vor dem roten Gemeindehaus steht und sich fotografieren lässt, hupt ihm ein winkender Autofahrer zu. Einmal unterbricht der 31-jährige Gemeindepräsident kurz das Gespräch, um einen Werkmitarbeiter in der Nähe mit Handschlag zu begrüssen.
Simon Mösch ist im Dorf bekannt wie ein bunter Hund. Nicht, weil er besonders gerne im Rampenlicht stehen oder mit seinem Kinnbart auffällig aussehen würde, sondern, weil er sich ungewöhnlich früh für Lokalpolitik interessierte.
Mösch kandidierte bereits als 22-Jähriger für den Gemeinderat. Sein damaliges Wahlversprechen verteilte er per Brief in der 2000-Seelen-Gemeinde: «Eine finanziell gesunde Gemeinde und Sachpolitik.»

Mit seiner unaufgeregten Art – und als Sohn des angesehenen Dorfarztes – holte der Jungspund überraschend mehr Stimmen als der gestandene Mitbewerber der SVP. So wurde er 2016 zu einem der jüngsten Gemeinderäte im Kanton. Nach sechs Jahren kandidierte er als Gemeindepräsident in Wila und wurde da noch viel deutlicher gewählt.
Darum sieht Simon Mösch Fusionen kritisch
Nach kurzer Zeit im Amt hatte sich der junge Mösch auch über die Gemeindegrenzen hinaus einen Namen gemacht. Er galt im Tösstal bald als dossiersicherer Finanzpolitiker und pointierte Stimme beim Thema Gemeindefusion. Der Mitte-Politiker setzt sich seit seiner Wahl für kleine, starke Gemeinden ein und stellt sich damit gegen den Trend in der Schweiz zu immer grösseren Gemeinden.
Gefestigt hatte sich seine Ansicht während eines längeren Aufenthalts in Peru, wo er seine heutige Frau kennenlernte. Um Korruption zu verhindern und den hohen Lebensstandard zu halten, seien kleinteilige Strukturen entscheidend, sagte Mösch kurz nach seiner Wahl in einem Interview.

Nach bald zehn Jahren im Gemeinderat ist der studierte Ökonom und selbständige Treuhandunternehmer noch mehr überzeugt von seiner damaligen Haltung. Ein unkomplizierter und persönlicher Zugang zu Lokalpolitikern, die sich Zeit nehmen könnten für Anliegen aus der Bevölkerung – das sei der Schlüssel, damit sich die Leute engagierten.
Das wiederum führe zu besseren und breit abgestützten Lösungen. Als Beispiele dafür erwähnt Mösch die Liegenschaftenstrategie der Gemeinde Wila oder die Hochwassersanierung des Huebbachs. Bei beiden Projekten konnten sich Interessierte über Begleitgruppen einbringen, darunter auch Fachleute, die quasi gratis viel Wissen einbrachten.
Simon Mösch will mehr Zeit für die Familie
Und doch gibt Mösch nun «schweren Herzens» bekannt, dass er bei den Erneuerungswahlen 2026 nach vier Jahren als Präsident nicht mehr antreten wird. «Ich habe lange mit dem Entscheid gerungen.» Denn als Gemeindepräsident habe er den besten Job, den er sich in der Schweizer Politik vorstellen könne, oder wie er es in einer Mitteilung schreibt: «Es ist die Ehre meines Lebens, Wila als Gemeindepräsident dienen zu dürfen.»
Seine Frau erwartet derzeit aber ihr viertes Kind. Mösch will an den Abenden öfter zu Hause sein. Drei- oder viermal in der Woche sitze er als Gemeindepräsident manchmal an Kommissions- oder anderen Sitzungen. Und: An einer Beerdigung habe ein Pfarrer einen Satz gesagt, der ihm geblieben sei. «Es gibt eine Zeit zum Arbeiten und eine Zeit für die Familie.»
Lokalpolitik als Sprungbrett
Simon Mösch ist unter den Gemeinderäten im Kanton mit seinem Alter eine Ausnahme. Das Durchschnittsalter liegt bei 56 Jahren, wie eine Auswertung dieser Redaktion ergab. Frage an Simon Mösch: Wie könnte man mehr Junge für Politik begeistern? «Es braucht keine grundsätzlichen Änderungen, keine Berufspolitiker wie anderswo», antwortet Mösch. Wichtig sei aber, dass Gemeinden nicht durch immer neue Verordnungen und Regeln eingeschränkt würden.
Insbesondere kleinere Gemeinden sind laut Mösch eine gute Einstiegsmöglichkeit in die Politik, da die Hürden kleiner seien. So habe Wila auch die 18-jährige Jenny Keller in die Schulpflege gewählt.
Zu viel Einfluss hat aus seiner Sicht die kantonale Verwaltung. Sie werde immer mächtiger, was zermürbend sei. Viel Planungsarbeit und Zeit seien in Wila etwa in die geplante Renaturierung der Töss geflossen, bis der Kanton das Projekt schliesslich auf Eis gelegt habe.
Dennoch bleibe den Gemeinden nach wie vor viel Handlungsspielraum. Als Finanzvorstand konnte Mösch die Schulden abbauen und ein Nettovermögen aufbauen. Anfangs trotz grossem Gegenwind: In seinem zweiten Amtsjahr musste Mösch vor vollem Saal eine Steuererhöhung um satte 10 Prozentpunkte vertreten.
Die Stimmberechtigten lehnten diese zuerst ab. Und Mösch, der junge Gemeinderat, sagte danach: «Ich habe mich nicht aufgestellt, um populär zu sein. Wir können die finanziellen Entwicklungen nicht einfach ignorieren.» Im zweiten Anlauf kam eine Erhöhung dann durch, wenn auch «nur» um 6 Prozentpunkte.

Inzwischen seien dank strenger Kostenkontrolle und angespartem Vermögen wieder Steuersenkungen in Wila denkbar, findet Mösch – oder Investitionen. Mit ein Grund für die solide Situation seien die Grundstückgewinnsteuern, die in den vergangenen Jahren vielerorts gesprudelt seien. «Eine Gemeinde, die diese Zeit nicht für Schuldenabbau genutzt hat, macht Fehler.» Denn es sei unwahrscheinlich, dass es so weitergehe. «Diese Einnahmen werden der nächsten Generation in dieser Höhe fehlen, wir können nicht jetzt alles verbrauchen.» Sein ursprüngliches Wahlversprechen für Wila, gesunde Finanzen, habe er auch dadurch einlösen können.
Was die Lokalpolitik ausmacht
Bis zu den Neuwahlen im Frühjahr 2026 und der Amtsübergabe Anfang Juni hat sich Mösch einiges vorgenommen. Es stehen wichtige Abstimmungen an, über den Hochwasserschutz im Huebbach oder die Werkhofsanierung. Und auch danach werde er sich im Dorf weiter engagieren, «einfach an der Basis». Mit seinem Bruder habe er zudem eine Treuhandfirma aufgebaut, die gewachsen sei.
Oft macht Lokalpolitik laut Mösch aber noch etwas anderes aus: Die meisten Reaktionen habe der Gemeinderat erhalten, als er zu Weihnachten eine rote Kappe mit dem Gemeindelogo an die Haushalte verschickt habe, danach habe man diese überall im Dorf gesehen. «Es gibt heute immer weniger Leute, die sich automatisch mit der Gemeinde beschäftigen. Deshalb müssen wir zu den Leuten, nicht umgekehrt.»