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Gesellschaft

Einwohner von Nänikon fühlen sich mit Greifensee verbunden

Wie denken die Dorfbewohner Nänikons über eine mögliche Abspaltung von Uster und Fusion mit Greifensee?

Ein Bahnhof – eine Gemeinde?

(Archiv) Foto: Ljilja Mucibabic

Einwohner von Nänikon fühlen sich mit Greifensee verbunden

Fusion oder Abspaltung?

Gehört Nänikon zu Uster oder doch eher zu Greifensee? Der mögliche Gemeindewechsel bewegt die Bevölkerung. Am Gemeindehöck zeigt sich eine Tendenz.

«Nur schon, dass sich die Näniker wehren, empfindet die Stadt Uster als Gesichtsverlust», erklärt Thomas Altenburger. Er lebt seit 25 Jahren in Nänikon und war Mitinitiant des Komitees Pro 8606.

Fusion oder Abspaltung – was bisher geschah

Am 22. August 2023 wurde das Postulat «Prüfung einer Gemeindefusion zwischen der Stadt Uster und der Gemeinde Greifensee» von einer Mehrheit der parlamentarischen Fraktionen eingereicht. Einen Tag später wurde die Volksinitiative «Zusammenführen, was zusammengehört» – Grenzänderung Uster-Greifensee publiziert. Am 13. Dezember reichte das Komitee die Initiative mit 620 geprüften Unterschriften bei der Stadtkanzlei ein.

Im Parlament wurde das Postulat Mitte November behandelt und mit 24 zu 4 Stimmen dem Stadtrat überwiesen. Stadtpräsidentin Barbara Thalmann (SP) erklärte damals, dass es sich um ein starkes Signal aus dem Gemeinderat handle.

Die Fusionspläne erachteten bereits dann sowohl das Komitee Pro 8606 als auch die Greifenseer Gemeindepräsidentin Monika Keller (FDP) als «legitime, aber chancenlose Idee».

Der Stadtrat spricht sich für eine Prüfung der Fusion zwischen Greifensee und Uster aus, anstatt die Aussenwachten Nänikon und Werrikon abzuspalten. Er lehnt die Initiative ab. Als nächsten Schritt wird der Stadtrat nun den Ausgang der Abstimmung über die Volksinitiative am 8. Juli abwarten. (erh)

Viele Bewohner der 3000-Seelen-Aussenwacht möchten lieber zu Greifensee gehören statt wie bisher zu Uster. Das bestätigen auch die angeregten Gespräche am Gemeindehöck am vergangenen Freitagabend im Schützenhaus Nänikon. Mit diesem feiern die Dorfbewohner seit Jahrzehnten gemeinsam den längsten Tag.

Organisiert wird der Anlass vom Dorfverein Nänikon. «1931 wurde dieser in Anlehnung an die ursprüngliche Eigenständigkeit gegründet», erklärt Vereinspräsident Thomas Altenburger. «Denn Nänikon war eine eigene Zivilgemeinde, bevor sie 1927 aufgelöst und mit Uster zusammengeführt wurde.»

«Bei der Abstimmung geht es vorerst darum, die Konsequenzen zu prüfen, die eine Abspaltung Nänikons von Uster und ein Zusammenschluss mit Greifensee zur Folgen hätten», so Thomas Altenburger. Erst in einem nächsten Schritt würde die Gemeindeüberführung konkreter.

Thema Nummer eins scheint bei der Bevölkerung Nänikons der Knatsch um die Schulgemeinde zu sein. «Diese Problematik ist wohl auch der Grund, weshalb die Diskussionen um den Gemeindewechsel derzeit derart aufflammen», mutmasst Griseldis Muster, die seit 38 Jahren mit ihrem Mann in Nänikon lebt, wo sie gemeinsam die inzwischen erwachsenen Kinder aufzogen. «Wäre Uster kompromissbereit für eine einvernehmliche Lösung, könnte die Abspaltung Nänikons vielleicht auch vom Tisch.»

Das Thema Schulgemeinde

Oberstufenschüler, die in Greifensee wohnen, besuchen das Sekundarschulhaus Wüeri in Nänikon – ein Schulhaus, das auf Ustermer Boden liegt, aber der Oberstufenschulgemeinde Nänikon-Greifensee gehört. Gemäss Zürcher Gemeindegesetz ist diese Situation nicht rechtskonform. Eine für alle Seiten passende Lösung wurde bisher aber noch nicht gefunden. (ks)

Für den grössten Teil der Höck-Besucher ist die emotionale Verbundenheit mit Greifensee ein weiterer wichtiger Grund für einen Zusammenschluss mit dieser Gemeinde. «Die geografischen Grenzen zwischen Nänikon, Werrikon und Greifensee sind für viele Neuzuzüger gar nicht auszumachen», sagt Martin Meier, der in Greifensee aufgewachsen und später nach Nänikon gezügelt ist.

Auch Monika Keller (FDP), Gemeindepräsidentin von Greifensee, erwähnte im Zusammenhang mit der eingereichten Initiative bereits mehrfach: «Der gemeinsame soziokulturelle Raum ist Realität. An der Gemeindegrenze hört die Welt nicht auf. Darum ist ein Zusammenschluss mit Nänikon und Werrikon aus unserer Sicht prüfenswert.»

Hingegen bezeichnen viele der an diesem Abend Anwesenden den Bahnübergang in Werrikon als Grenze zu Uster.

Gemeinsam zur Schule

Ernst Fischer und Markus Hager leben beide schon seit ihrer Geburt auf den elterlichen Landwirtschaftsbetrieben in Nänikon. «Wir besuchten gemeinsam mit den Kindern aus Greifensee die gleichen Schulen», erinnert sich Hager, «das verbindet und prägt.»

«Es wäre in vielerlei Hinsicht ein Gewinn für Nänikon und Greifensee, auf eine gemeinsame Basis zu setzen», so Meier. Das sei nicht immer so gewesen in der langjährigen Gemeindegeschichte. «Aber jetzt ist ein gegenseitiger Rückhalt spürbar.»

Mit Uster scheinen sich die wenigsten Näniker zu identifizieren. «Wir orientieren uns am See und kaufen in Volketswil ein», so Ernst Fischer. Gar als «untergeordnetes Quartier» von Uster fühlt sich Markus Hager. «Nänikon tickt eben auch politisch anders als das linke Uster», gibt Robert Eggler einen obendrauf.

Eggler wohnt seit sieben Jahren in Nänikon. «Ich finde nicht, dass Uster Nänikon etwas zu bieten hat.» Er spricht eine deutliche Sprache: «Uster frisst unsere Steuern und setzt diese ausschliesslich auf dem engeren Stadtgebiet ein.» In Nänikon habe man das Nachsehen. «Wir könnten uns von unseren Steuerleistungen selbst finanzieren.» Seine Aussage, dass Uster die Steuergelder aus Nänikon nicht verlieren möchte, teilen so einige im Schützenhaus.

Neutraler Standpunkt

Etwas distanzierter sieht es Marianne Surber, die seit knapp 30 Jahren mit ihrer Familie in Nänikon lebt. Für sie spiele die Gemeindezugehörigkeit keine tragende Rolle. «Unsere Kinder besuchten die Kantonsschule in Uster, weshalb wir auch heute noch viele Freunde und Bekanntschaften in Uster haben.»

Auch Severin und Livia Bernhard bezeichnen sich als «neutrale Beobachter», sie können beide Seiten nachvollziehen. «Es wäre allerdings spannend zu sehen, was für Konsequenzen die Initiative mit sich bringt», sagt Livia Bernhard, eine gebürtige Ustermerin. Ihr Mann Severin ist in Nänikon aufgewachsen, nach vier Jahren in Neuseeland wohnen die beiden nun mit den gemeinsamen Töchtern in Nänikon.

Thomas Altenburger sieht der Abstimmung am 8. Juli entspannt entgegen. «Wir haben nichts zu verlieren.» Erst mal geniessen die Bewohner der Aussenwacht die Geselligkeit am Gemeindehöck. Sinnbildlich für das Festmahl im kleinen gallischen Dorf, das sich für die Schlacht gegen Rom stärkt.

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