«Der Wels hat sein Nest verteidigt»
Welse sehen mit ihren grossen Mäulern, ihrem urzeitlichen Aussehen und ihrer schieren Grösse von bis zu drei Metern schon wirklich gruselig aus. Berichte aus Deutschland von gefressenen kleinen Hunden oder Attacken auf Schwimmer wurden von hiesigen Experten bisher als Schauermärchen abgetan. Doch nun sieht es stark danach aus, dass an dem Märchen doch mehr Fischfleisch dran ist, als gedacht.
Die Monster vom Greifensee
16.08.2017

Immer grössere Welse
Fänge von zwei Meter grossen Welsen an der Aare und am Bodensee sorgten in jüngster Zeit für Aufs Beitrag in Merkliste speichern So berichtet die Greifenseerin Daniela Z. nach einem Schwumm am Donnerstagmittag im Greifensee von einer unheimlichen Begegnung. «Ich war etwa einen halben Kilometer rechts von der Badi Furen auf Höhe der Bojen am Schwimmen, als ich plötzlich einen heftigen Biss in der Kniekehle spürte.» Es sei ein furchteinflössender Moment gewesen, so Z.
Musste den Fisch abschütteln
«Der Fisch hat richtig zugebissen, ich musste ihn abschütteln», sagt Daniela Z. Dann habe der Fisch losgelassen. «Der Biss hat sofort angefangen zu brennen und ich bin erstmal ans Ufer geschwommen.» Dort habe sie gesehen, dass auf ihrem Bein ein 10 bis 15 Zentimeter grosser Bissabdruck zu sehen war.
Sie schickte ein Foto davon an einen befreundeten Fischexperten, der ihr sagte, dies sei eindeutig ein Wels. Darauf deute laut ihm die Grösse des Bisses und der Schmirgelpapier-ähnliche Abdruck hin.
Experte: « So selten ist das nicht »
Diese Einschätzung teilt Christoph Quinter. Er ist Fischereiaufseher im Kreis 4 des Kantons, zu dem auch der Greifensee gehört. « Der Biss sieht schon nach Wels aus. Die haben nämlich statt Zähnen eher eine Art Kieferplatte, was die Quetschungsartige Wunde erklärt. » Welse fressen laut Quinter vor allem andere Fische, auch solche, die bereits tot am Seegrund liegen oder treiben.
« Vor allem im Flachwasser, wo die Welse laichen, kommt es immer wieder zu solchen Begegnungen. »
Christoph Quinter, Fischereiaufseher Kreis 4
Quinter erklärt: « So selten ist der Vorfall nicht. Vor allem im Flachwasser kommt es immer wieder zu solchen Begegnungen. Hochsommer ist für die Welse Laichzeit. Vermutlich hat der Wels einfach sein Nest verteidigt, weil die Schwimmerin zu nah daran vorbeigekommen ist. » Bei den Welsen übernehme das Männchen die Brutpflege und bewache die Eier bis zum Schlupf. Somit habe es sich hier vermutlich um ein männliches Tier gehandelt.
180 Welse im Greifensee gefangen
Der Fischereiaufseher sieht jedoch keinen Grund zur Sorge oder zur Meidung des Gebietes. « Diese Begegnungen sind erstens sehr unwahrscheinlich und zweitens ungefährlich. Der Wels verscheucht Passanten nur. » Wer so etwas erlebe, schwimme wohl von selber weg und damit handle man schon richtig.
« Der Wels profitiert von den wärmeren Temperaturen. »
Christoph Quinter, Fischereiaufseher, Kreis 4
Allgemein sei der Wels in der Schweiz auf dem Vormarsch, sagt Quinter. « Der Fisch profitiert von den wärmeren Temperaturen. » Im Greifensee sind laut Statistik im Jahr 2019 circa 180 Welse gefangen worden.
Gleich wieder ins Wasser
Daniela Z. lässt sich von dem Erlebnis nicht von ihrer Schwimmleidenschaft abbringen. «Wie wenn man vom Pferd fällt, habe ich mir gesagt, ich muss gleich wieder ins Wasser.» So sei sie noch am gleichen Tag dreimal im See schwimmen gegangen und habe auch seither keine Welsbegegnungen mehr gehabt.
Im Greifensee kommt der Wels seit etwa 25 Jahren vor. Wie in fast allen Schweizer Seen wurde er hier unerlaubterweise von Menschen ausgesetzt. Sogenannt autochthon, also ursprünglich heimisch, ist er hierzulande nur im Rhein und in Jura-Randseen.
In der Schweiz ist der Wels traditionell kein besonders beliebter Speisefisch. Das ändere sich laut Quinter aber langsam. In Deutschland werde der Wels von einigen auch auf dem Teller geschätzt.