«Das Oberland gab mir Raum zum Träumen»
Von Laupen auf die grosse Bühne
Die Walder Künstlerin Cachita hat in den letzten Jahren so einiges erreicht, was sie sich nie erträumt hätte. Dieses Jahr kommt sie auch am H2U vorbei – und spielt in ihrer zweiten Oberländer Wahlheimat.
Die Sonne scheint nicht nur vom Himmel, sondern auch aus ihrem Gesicht: Gabriela Mennel, besser bekannt unter dem Künstlernamen Cachita, ist bester Laune, als sie an diesem Nachmittag zurück in ihr Heimatdorf Laupen bei Wald kehrt.
Ihre Eltern wohnen gleich um die Ecke bei der Primarschule, in die auch sie ging. «Ich bin in dieser Wohnung aufgewachsen, und meine Eltern sind immer noch hier», sagt die 25-jährige Künstlerin.
Obgleich manches noch sein mag, wie es damals war, hat sich doch einiges in ihrem Leben verändert.
Die Sängerin kam 2021 auf den Schirm der Musikszene, als sie im Finale des «MyCokeMusic Soundcheck» von Coca-Cola stand. Zum Gewinn reichte es nicht – aber das tat ihrem Streben keinen Abbruch, denn schon immer war ihr eines klar: die Musik, die Bühne, das Rampenlicht, die Kunst – das ist es, was sie machen will.
Ein Auftritt in der Heimat
Und so sollte es kommen. Seit 2021 hat sich die Sängerin in der Schweizer Musikszene etabliert, ist von Laupen nach Uster und dann nach Zürich gezogen.
Sie war in der diesjährigen Staffel «Sing meinen Song» dabei, ist am Open Air Frauenfeld aufgetreten, hat dreimal am «SRF Cypher Rap-Battle» teilgenommen und kommt Mitte August am H2U in Uster für einen Auftritt zurück in ihre zweite Oberländer Heimat. Anschliessend geht es im Herbst auf die erste eigene Tour durch die Schweiz.
Die wandelbare Musikerin kann aber nicht nur rappen, sondern sie singt vor allem in ihrer zweiten Muttersprache: «Auf Spanisch kann man Gefühle einfach am besten transportieren.»
Mit ihren lateinamerikanisch angehauchten Songs schreibt sie in ihrer neuen EP (Extended Play, meist bestehend aus rund fünf Liedern) «Me partieron el cora, pero hoy no se Ilora» eine Step-by-step-Anleitung, um über Herzschmerz hinwegzukommen. Denn die Liebe begleitet sie stets in ihrer künstlerischen Arbeit. Und die fand ihre Ursprünge ausgerechnet auf dem Laupner Pausenplatz.
Aus dem Freundebuch in die Realität
Ihre Kindheit und Jugend im idyllischen Oberland verbracht zu haben, daran erinnert Cachita sich gerne. «Hier haben wir immer gechillt», sagt sie und hüpft auf den Pingpongtisch. «Und hier hatte ich auch mein erstes Date und habe geknutscht!» Da ging man runter in den Volg, holte sich Chips und Capri-Sonne und lungerte ums Schulhaus rum.
Gemeinsam mit ihren Walder Freunden habe sie hier eine ganz normale Kindheit und Jugend verbracht. Und dazu gehörte auch ein Diddl-Freundebuch – in das sie schon damals schrieb, dass sie Sängerin werden wolle.
«Ich und meine Freundinnen haben alles zur ‹grossen Bühne› umfunktioniert. Das Kinderzimmer, den Pausenplatz, die Parkgarage. Zum Dank wurden wir von den Jungs mit Steinen abgeschossen», erzählt sie lachend. Auch die Nachbarin habe sich manchmal über das Gesinge auf dem Parkplatz hinter dem Haus beschwert. «Aber wir konnten nirgendwo anders hin, der CD-Player brauchte ja Strom.»
«Was EAZ kann, kann ich auch»
Ja, aller Anfang ist schwer. Doch Cachita verfolgte immer ihr künstlerisches Talent, schrieb Gedichte und Gedanken nieder. Nach der Schule folgte die Ausbildung zur Mediamatikerin – doch die Musik liess sie nicht los. «Mit 19 Jahren fing ich dann ernsthaft an, Musik zu machen – und veröffentlichte sogleich meine erste EP.»
In der Zeit schrieb die junge Künstlerin eine Liste mit Zielen, die sie erreichen wollte. «Es ist heute vielleicht lächerlich, aber damals war das für mich sehr weit gedacht.» 5000 Follower auf Instagram, einmal auf dem Open Air Frauenfeld spielen, eine eigene Tour, für die Swiss Music Awards nominiert werden – das waren die grossen Träume der kleinen Gabriela Mennel.
EAZ machte es vor, zeigte, dass auch Künstler aus dem Oberland nach den Sternen greifen können. «Das kann ich auch, dachte ich damals.» Und jetzt fehlen nur noch die Swiss Music Awards, dann hat sie ihre Liste durch – und schreibt vielleicht eine neue mit grösseren Zielen. «Oder ich gehe in Rente!», sagt sie scherzend.
Die Freiheit, frei zu sein
Nein, ein Ende ist noch lange nicht in Sicht – zumindest was ihre Musikkarriere und ihr weiteres Vorhaben angeht. Ein anderes Ende liegt aber gerade erst hinter ihr: Die 25-Jährige hat nach zwei Jahren ihren Job als Moderatorin bei SRF Virus gekündigt, um sich voll und ganz auf die Musik zu konzentrieren – auch wenn sie die Moderation liebte. «Es ist ein Privileg, dass ich die Möglichkeit habe, mich auf meine Leidenschaft zu fokussieren», sagt sie.
In Zukunft wolle sie verschiedene Projekte verfolgen. Denn die Schweizer Musikszene habe noch Luft nach oben, während es zeitgleich so viele tolle Newcomer gebe. «Die schnelllebige Zeit hat Vor- und Nachteile», so Mennel – einerseits könne man über Nacht zum Star werden, andererseits werde man auch genauso schnell wieder vergessen.
Wo sie der Weg hinführt, weiss sie noch nicht. «Ich sehe mich nicht als Rapperin und auch nicht als Sängerin – eher als Künstlerin», sagt sie. Ob nun Moderatorin oder Sängerin, Autorin oder Journalistin – diese Freiheit lasse sie sich offen.
Eine Freiheit, die sie dank Schattenwind hat. «Ich bin unfassbar froh, dass ich ein Umfeld habe, das mich bei meinem Traum immer unterstützt und an mich geglaubt hat. Ohne meine Familie und so manche Freundin, die bei jedem Auftritt in der ersten Reihe steht, wäre mehr Platz für Zweifel gewesen.»
Karibik-Flair und Oberland-Idylle
Ihre Familie ist nicht nur ein wichtiger Teil ihres Lebens, sondern auch ihrer Karriere. «Meine Mutter stammt aus Kuba. Diese Wurzeln haben einen starken Einfluss auf mich und meine Musik», sagt sie. Auch wenn sie teils auf Schweizerdeutsch oder Englisch singt, wird ihre am 20. September neu erscheinende EP ganz auf Spanisch sein. Denn damit kann sie am besten ausdrücken, wovon sie am liebsten singt – der Liebe.
Ihre Mutter kam von Kuba nach Laupen, aus der Karibik in die Oberländer Idylle. «Schau dir das mal an – was muss das für ein Kulturschock gewesen sein», sagt sie lachend.
Aber für Mennel ein Glücksgriff, denn sie liebt die saftigen Felder, den weiten Blick, die Ruhe – ein Kontrast zu ihrem aktuellen Leben. «Das Oberland ist vielleicht nicht der Hotspot für Musiker», sagt sie. «Aber es gab mir den Raum zum Träumen.»
Umso mehr freue sie sich deshalb auch auf den Auftritt am H2U in ihrer zweiten Wahlheimat, in Uster. Da verspricht sie Besuchern eine Show mit neuen Elementen, man kann sich also freuen. «Es wird ein Auftritt sein, der zum ausgelassenen Tanzen anregt», sagt die 25-Jährige.
Cachita am Ustermer Open Air H2U
Vom 16. bis 18. August hält das Ustermer Open Air H2U wieder Einzug in der Oberländer Stadt und begeistert auf dem Zeughausareal mit bekannten Namen wie Philipp Fankhauser, Plüsch, Dodo – und Cachita. Die Walderin tritt am Samstag um 18 Uhr auf der Mainstage auf. Tickets gibt es auf h2u-openair.ch für 65 Franken pro Tag oder als Dreitagepass für 120 Franken.
Cachitas erste eigene Tour startet am 26. September im Exil in Zürich, worauf Termine in Aarau, Chur, Bern und Luzern folgen. Tickets für die Tour gibt es online bei verschiedenen Anbietern.