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Was ist mit Fabienne Schlumpf los?

Darum fehlen ihre Erfolgsmeldungen

Die Wetziker-Weltklasse-Läuferin Fabienne Schlumpf hat seit mehreren Monaten kein Rennen mehr bestritten. Das hat seinen Grund.

Fabienne Schlumpf sagt: «Ich sehe Fortschritte, aber ich will nichts überstürzen.» (Archiv)

Foto: Christian Merz

Darum fehlen ihre Erfolgsmeldungen

Was ist mit Fabienne Schlumpf los?

Die Wetziker Weltklasse-Läuferin Fabienne Schlumpf hat seit mehreren Monaten kein Rennen mehr bestritten. Das hat seinen Grund.

Fabienne Schlumpf liefert – in der Regel. Einst als Steeple-Spezialistin (EM-Zweite 2018) und seit 2020 auf der Strasse. Einen hohen Standard hat die Wetzikerin da wie dort erreicht. Aktuell hält sie die Schweizer Rekorde über 10 km, im Halbmarathon wie im Marathon.

Im letzten Halbjahr aber war kaum mehr etwas zu vernehmen von der 34-Jährigen. Sie erklärt: «Mein Knie spielt nicht mit.»

Von «einem Auf und Ab seit rund einem Jahr» spricht sie. Vorerst schenkte sie den Schmerzen wenig Beachtung. Und das «Durchziehen» zahlte sich aus.

Die Olympia-Saison glückte ihr ausgezeichnet: Rang 7 belegte sie an den Europameisterschaften im Juni in Rom im Halbmarathon. Als 16. (und vierte Europäerin) beendete sie den Olympia-Marathon in Paris im August, und Anfang November rundete in New York ein famoser fünfter Rang das Jahr ab.

Plan auf den Kopf gestellt

Eine folgende Erholungsphase ohne Wettkampfresultate hatte sie zusammen mit Partner und Nationaltrainer Michi Rüegg vorgesehen. Die Idee dahinter: Der Körper und insbesondere das gereizte Knie sollten Kraft sammeln und wieder voll mitspielen.

Von einer Wettkampfabstinenz von mehr als einem halben Jahr war dennoch anfänglich nie die Rede. Vielmehr hiess der Plan für die nacholympische Saison, zwei schnelle Marathons zu laufen: einen im Frühling und einen im Herbst.

Diese Absicht ist Makulatur. Doch wo steht Fabienne Schlumpf heute? «Ich sehe Fortschritte, aber ich will nichts überstürzen», sagt sie.

Nachdem sie wegen ihres rechten Knies und einer Stressreaktion im linken Fuss monatelang aufs Laufen verzichtet hatte, sieht sie nun Licht am Horizont. «Bereits laufe ich wieder ungefähr fünfmal die Woche», sagt sie. Vergleichbar mit den Belastungen vor einem Jahr ist dieses Programm aber nicht.

Monatelang ohne Laufen

Nach wie vor fördert Schlumpf ihre Ausdauer und ihre Tempofestigkeit mehrheitlich auf dem Velo. «Dem Spinning-Velo auf dem Balkon», wie sie präzisiert. Daneben geniessen gezieltes Krafttraining sowie intensive Physiotherapie, Osteopathie, Chiropraktik und Investitionen in die Beweglichkeit Aufmerksamkeit. Der Weg ist vorgezeichnet: «‹Nahdisnah› werde ich das Laufen steigern.»

Es handelt sich um eine nervenaufreibende Periode. Einen Hintergrund weiss sie aber zu nutzen. Verletzungsbedingte Unterbrüche ist sie gewohnt – nicht erst als Marathonläuferin mit Wochenumfängen bis zu knapp 200 Kilometern.

Mehrere Stressreaktionen, eine Entzündung der Hüfte, die Herzmuskelentzündung 2022 – deren Ursache war nicht der Sport –, jetzt die Kniebeschwerden: Das prägt mit.

Stellt sich die Frage, ob die gross gewachsene Athletin besonders verletzungsanfällig ist.

Michi Rüegg kennt seine Partnerin am besten, kann den Quervergleich machen und verfügt über ein riesiges Wissen. Er sagt: «Langstreckenlaufen und der Marathon besonders haben generell ein grosses Risiko. Du musst an deine Grenzen gehen, und das strapaziert den Körper.»

Dass Schlumpf in ihrer Karriere zahlreiche lange Verletzungspausen hat einlegen müssen, verneint er nicht. Ob sie öfter und länger betroffen ist als andere Läuferinnen auf ihrem Niveau, weiss er nicht. Stattdessen sagt er: «Schaue ich zum Beispiel die New-York-Marathon-Siegerin von 1996, Franziska Rochat, oder die jüngst zurückgetretene Martina Strähl an, dann ist Ähnliches in Bezug auf Verletzungen festzustellen.»

Das umfangreiche Training und die eintönigen Belastungen sind heikel. Mit Achtsamkeit und ständigen Anpassungen versuchen die Coaches die Gefahr zu mindern.

Sich Zeit geben

Schlumpf ist früh im Frühling nach St. Moritz disloziert. «Mich hat es in die Berge gezogen, dorthin, wo es mir besonders wohl ist», sagt sie dazu. Für zwei Wochen weilte sie nun wieder in Wetzikon. Anschliessend geht es zurück ins Hochtal.

Offen bleibt die Planung hinsichtlich der Wettkämpfe. «Es braucht Zeit, um die Dysbalancen auszugleichen», sagt sie, «ich mache mir keinen Druck.»

Mit einem Lächeln im Gesicht fügt sie an: «An der Motivation fehlt es nicht.» Fest hält sie am Ziel, im Herbst einen nächsten Marathon zu laufen. Eine wichtige Einordnung liefert Michi Rüegg, der für die Planung verantwortlich ist: «Dieses Jahr und das letzte unterscheiden sich markant. In einer Olympia-Saison bist du bereit, mehr Risiko einzugehen.» Der nun vorsichtigere Weg spricht für einen langfristigen Fokus.

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