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Damit können Kinder abenteuerlich durchs Oberland wandern

Ein Wander-Abenteuer für Kinder in der Natur? Eine gute Idee, dachte sich ein junges Trio aus der Region. Ein Blick hinter die Kulissen.

Oliver Dressler (oben), Simone van der Geest (Mitte) und Simon Wüthrich (unten) hatten die Idee für den «Winnie & Tack Abenteuerweg» während ihrer Ferien in der Wildnis.

Bildkombination: Dominik Gut

Damit können Kinder abenteuerlich durchs Oberland wandern

Interaktives Hörspiel

Ein Wanderabenteuer für Kinder in der Natur? Eine gute Idee, dachte sich ein junges Trio aus der Region. Ein Blick hinter die Kulissen.

Gibt es in Fehraltorf und Russikon Piraten? Was hat es mit der Einbruchserie in Egg auf sich? Sind alte Silbermünzen in Mönchaltorf versteckt? Wie kann einer verzauberten Magierin in Meilen geholfen werden? Diesen Fragen gehen die Geschwister Winnie und Tack auf den Grund – und Kinder lenken den Verlauf der Geschichte.

Das Projekt begann vor einigen Jahren, als Simon Wüthrich, Simone van der Geest und Oliver Dressler «survivelten». Drei Tage lang lebten sie in der Wildnis.

Während dieser Zeit übernachteten sie in der Hängematte, kochten über dem Feuer und sprachen viel miteinander. Sie diskutierten verschiedene Projektideen, doch der «Winnie & Tack Abenteuerweg» reizte sie schnell am meisten. So war das Projekt geboren.

Die Leidenschaft nutzen

Die drei Erfinder dieses Abenteuerwegs sind in Uster und Wermatswil aufgewachsen und sind für unterschiedliche Bereiche im Entstehungsprozess verantwortlich. «Bei unserem Trio deckt jede Person das ab, was er oder sie gerne macht», sagt Simone van der Geest lächelnd.

Das interaktive Hörspiel für Kinder

Bis jetzt gibt es vier Routen: von Fehraltorf nach Russikon, in Egg, in Mönchaltorf und in Meilen. Die App mit dem Hörspiel und den Liedern auf Schweizerdeutsch kann im App-Store oder in Google-Play heruntergeladen werden. Sie ist kostenlos.

Die Geschichte ist besonders für Kinder zwischen sieben und zwölf Jahren geeignet. Die Route in Mönchaltorf ist zudem mit dem Kinderwagen zugänglich. Bilder zeigen den rund vier bis sieben Kilometer langen Weg des Abenteuers. Währenddessen können die Kinder Entscheidungen treffen, die den weiteren Verlauf der Geschichte beeinflussen.

Auf dem Weg ist im Schnitt an drei Orten etwas versteckt, und es gibt zwischendurch Mini-Games, wie zum Beispiel ein Schmuggelspiel, an dem die ganze Familie teilnehmen kann.

Mehr Informationen dazu unter abenteuerweg.ch.

Die 35-Jährige arbeitet als Erlebnispädagogin und in der Umweltbildung. Sie erfindet die Geschichte, entwickelt die genaue Route. Zudem ist sie die Sprecherin von Winnie sowie die Erzählerin.

Ihr Lebenspartner Simon Wüthrich übt den gleichen Beruf aus und hat zusätzlich Kenntnisse im Bereich Grafik und Tonbearbeitung. Die meisten Bilder hat der 37-Jährige gezeichnet, und auch die Lieder stammen zu einem Grossteil aus seiner Feder. Seine Rolle im Hörspiel ist Tack.

Der langjährige Freund der beiden, Oliver Dressler, arbeitet als Softwareentwickler und kümmert sich daher hauptsächlich um die App. Manchmal spricht der 35-Jährige auch kleinere Charaktere, zum Beispiel einen Bösewicht.

Die Natur im Fokus

Als Erlebnispädagogen organisierten van der Geest und Wüthrich schon einige Lager. «Da dachten wir uns jeweils auch spezielle Schnitzeljagden aus.» Zum Beispiel eine Verfolgungsjagd, wo die Kinder einem Dieb auf der Spur sind. «So vergessen die Kinder jeweils, dass sie auf einer Wanderung sind.»

Für sie sind die Abenteuerwege eine Herzensangelegenheit. «Wir lieben es, Geschichten zu erfinden, in Rollen zu schlüpfen und mit Menschen zu tun zu haben, die mit uns das Hörspiel aufnehmen.» Sie wollten Familien ein kreatives Wandererlebnis in der Natur bieten.

«Ich mache rund 200 Fotos»

Insgesamt braucht das Trio rund neun Monate, um den Weg zu entwickeln. Es sei ein Nebenjob, der übers Jahr gesehen etwa 5 Prozent mehr Arbeit bedeute. Manchmal nehmen sie dafür auch Ferien.

Doch bevor es losgehen könne, müsse eine Gemeinde zustimmen, die auch die Kosten und das Marketing übernehme. Es sei der Knackpunkt, dass sie einen Gemeinderat fänden, der bereit sei, das Budget von 17’000 bis 18’000 Franken zur Verfügung zu stellen, erzählt die 35-Jährige.

Der Vertrag laufe bei jedem Weg drei Jahre lang, dann werde vom Gemeinderat entschieden, ob er für weitere drei Jahre verlängert werde. «Vor Kurzem erneuerte Meilen für den 2021 veröffentlichten Weg den Vertrag, das freut uns sehr.»

Wenn sie die Zustimmung einer Gemeinde bekommen haben, suchen die drei spannende Orte oder geschichtliche Ereignisse, die sie einbauen können. «An einem Tag fahre ich dann mit dem E-Bike durch die ganze Gegend und mache bestimmt 200 Fotos», beschreibt die Erlebnispädagogin das Vorgehen schmunzelnd.

Wenn sie sich dann für eine Route entschieden haben, sind diese konkreten Bilder sehr nützlich. «Zum Beispiel sehen wir eine Tür im Hügel, die wir dann als Kerker benutzen. Oder vielleicht führt ein Bach unter der Strasse hindurch, wo die Kinder dann barfuss durch die Röhre gehen können.»

Route, Drehbuch und Hörspielaufnahmen

In Fehraltorf sei ihr aufgefallen, dass es überall Wasser habe: Flüsse, Bäche, Brunnen. Zudem zwei Spielplätze mit Piratenschiffen. «So ist mir die Idee für eine Piratengeschichte gekommen», schildert van der Geest.

Dann komme der aufwendigste und anspruchsvollste Teil der Entwicklung. «Die Geschichte und der reale Weg sollen aufeinander passen», sagt van der Geest. Sie wollten möglichst viel von der Umgebung in die Geschichte einbauen. Alles soll aufeinander abgestimmt sein.

Pflanzen, rechts eine Flaschenpost.
Wenn die Kinder eine kleine Brücke erreichen, entdeckt Winnie eine Flaschenpost. Das soll zeitgleich geschehen.

Immer wieder gebe es Rückschläge, da sie gewisse Orte nicht einbauen dürften. In Russikon gab es ein altes Bad, das sich super geeignet hätte. Später erfuhren sie jedoch, dass es nicht betreten werden darf. Also mussten sie die Geschichte anpassen.

«Das Drehbuch schreibe ich meistens während einer Intensivwoche», erzählt die Erlebnispädagogin. Am Ende seien es etwa 50 Seiten.

Schliesslich lädt das Trio verschiedene Sprecher ein, um das Hörspiel aufzunehmen. Hier übernimmt vor allem Wüthrich das Kommando. «Am Ende ist es ungefähr doppelt so viel Audio-Material, als die Teilnehmenden dann hören», erklärt die 35-Jährige.

Simon Wüthrich und Simone van der Geest bei der Aufnahme des Hörspiels.
Achtung Aufnahme: Wüthrich und van der Geest hauchen zusammen mit anderen Sprechern den Figuren des Hörspiels Leben ein.

Je nach Entscheidung ändert sich der Verlauf der Geschichte. Die Kinder können sehr oft bestimmen, was sie tun möchten. So können sie zum Beispiel entscheiden, ob sie dem Möchtegernpiraten Helgi glauben, dass es in Fehraltorf Piraten gibt, oder wählen, welchen Weg sie einschlagen wollen.

Ein Screenshot von einer Seite in der App.
Immer wieder können sich die Kinder entscheiden, welche Route ihnen mehr zusagt.

«Simon und ich waren früher Primarlehrpersonen, und wir haben gemerkt, dass Kinder nicht lange zuhören können, wenn ihnen einfach vorgelesen wird», begründet sie diesen hohen interaktiven Anteil.

Der letzte Schliff

Zum Schluss laufen Dressler und Wüthrich die Route ab und überprüfen, ob es mit der Geschichte zusammen keine Logikfehler gibt. Ausserdem schiessen die beiden die Fotos, denen die Kinder dann während des Abenteuers folgen.

Ein Screenshot von einer Seite in der App.
Die Bilder zeigen den Weg.

Nachdem Oliver Dressler alles in die App implementiert hat, gibt es noch einige Testläufe mit Familien. Das Trio beobachtet sie, um zu sehen, wo sie etwas nicht verstehen oder zu lange brauchen. Mit diesem Feedback wird dann am Abenteuerpfad noch einmal gefeilt.

Was als Idee am Lagerfeuer begann, hat sich nun in interaktive Abenteuerwege verwandelt.

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