«Beängstigend» – Hagelsturm am Gardasee trifft Oberländer Familien
Hagelkörner wie Tennisbälle
Ein heftiges Gewitter zog am Montag über Norditalien. Die Schäden sind gross. Zwei Familien aus Wetzikon und Wolfhausen haben das Unwetter miterlebt.
Abgerissene Äste, zerstörte Autoscheiben und kaputte Gebäude – der Hagelsturm, der am Montagabend über Norditalien zog, hinterliess ein Bild der Verwüstung. Besonders betroffen war auch die beliebte Ferienregion um den Gardasee.
Mittendrin: zwei Familien aus Wetzikon und Wolfhausen. Erst am Samstag zuvor waren sie angereist, um gemeinsam ihre Sommerferien auf einem Campingplatz in Peschiera del Garda zu verbringen.
Kurz danach macht ihnen das gewaltige Unwetter einen Strich durch die Ferienpläne. Und auch nach dem Gewitter legt sich der Sturm nicht. Seither schlagen sie sich mit der Versicherung herum und fragen sich, wie sie Autos und Kinder wieder sicher zurück in die Schweiz bringen.
Alex HauserWir hatten Angst.
Wetziker Familienvater über das Unwetter am Gardasee
«Wir sassen am Montag bei gemütlicher Abendstimmung draussen», erzählt der Wetziker Alex Hauser am Telefon, «dann ging das grosse Blitzspektakel los.» Schnell begann es zu regnen – und schliesslich zu hageln. Hagelkörner so gross wie Tennisbälle prasselten auf den Campingplatz nieder.
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«Wir hatten Angst», sagt Hauser, der mit seiner Frau Denise und den zwei Kindern für zwei Wochen ein Häuschen auf dem Campingplatz gemietet hat. Der Hagel knallte so stark auf das Blechdach, dass Hauser vorsorglich die Barhocker wegräumte. Die Familie sollte sich unter dem Tisch in Sicherheit bringen können.
Alex HauserEs herrschte eine apokalyptische Stimmung.
So weit kam es aber nicht. Nach fünf Minuten war der Spuk vorbei. Auf dem Campingplatz spielten sich anschliessend hektische Szenen ab. Die Menschen strömten nach draussen in die Dunkelheit. «Es herrschte eine apokalyptische Stimmung. Alle waren mit Taschenlampen unterwegs.»
Autoscheiben zertrümmert
Die Verunsicherung war gross. «Wir hatten zwar noch Strom, aber kein Wasser mehr. Wir wussten nicht, wie es weitergeht, ob wir die Ferien abbrechen müssen.» Unklar war zunächst auch, ob es Verletzte gegeben hatte. Zumindest auf dem Campingplatz schienen aber alle den Sturm so weit unbeschadet überstanden zu haben.
Schnell war aber klar: Der Sturm zog die Autos sowie die Häuschen und die Infrastruktur des Campingplatzes arg in Mitleidenschaft. «Bei uns war die Heckscheibe des Autos zertrümmert und die Frontscheibe kaputt. Auch die Dachbox hatte Löcher», erzählt Hauser. Überall hatte das Auto Dellen.



Ähnlich schlimm hatte es die befreundete Familie aus Wolfhausen getroffen. Bei ihrem Auto war die Frontscheibe zerstört. Und auch eine Fensterscheibe ihres Campinghäuschens war zersplittert.
Von der ganzen Aufregung nichts mitbekommen hatten die Kinder der beiden Familien. Das Unwetter zog kurz vor 23 Uhr über den Gardasee. Da waren sie schon im Bett. Die Eltern froren extra ein paar Hagelkörner ein, um sie den Kleinen am nächsten Morgen zu zeigen.
Engagierte Campingplatzbetreiber
Noch in der Nacht begann das Aufräumen. Die zerborstenen Scheiben mussten mit Plastik abgedeckt werden, um weitere Schäden zu vermeiden.
Beeindruckt zeigt sich Alex Hauser von den Campingplatzbetreibern. Schon am nächsten Morgen begannen die Reparaturarbeiten. Es wurde zusätzlicher Plastik für die Autos organisiert, an der Rezeption standen Staubsauger für die Scherben bereit.

Für die Kinder gab es eine Animation im Kinderclub. Bereits am Nachmittag hatte auch der Pool in der Anlage wieder geöffnet.
Überlastete Autowerkstätten
Ein Problem aber blieb: die kaputten Autos. Die Werkstätten in der Region um den Gardasee sind seit dem Hagelsturm überlastet. Gerüchte machten sich auf dem Campingplatz breit, dass man frühestens in einem Monat oder gar erst im September wieder Termine für Reparaturen bekommt.
Für die Hausers war schnell klar, dass die verbleibenden zwei Ferienwochen nicht ausreichen, um die Scheiben zu ersetzen.
Doch sie hatten Glück im Unglück. Sie haben eine private Lösung gefunden. Ein befreundeter Automechaniker wird extra für zwei Tage an den Gardasee reisen und die Scheiben reparieren. Beide Familien können also im eigenen Auto nach Hause fahren.

Weniger gut erging es anderen Touristen. Sie müssen per ÖV oder mit Mietautos zurück in die Schweiz reisen. «Es gibt auch Sammeltransporte mit Cars», sagt Hauser. Die beschädigten Autos werden separat zurückgeführt.
Versicherung organisiert Rücktransport
Die Zurich Versicherung holt vom Unwetter am Gardasee Betroffene mit Spezialtransporten zurück, wie sie in einer Mitteilung am Donnerstag schreibt. Sie habe eine spezialisierte Transportfirma damit beauftragt, die beschädigten Fahrzeuge mit einem Sammeltransport in die Schweiz zu bringen. Betroffene Kundinnen und Kunden, die eine Pannenhilfe-Versicherung abgeschlossen haben, werden zudem mit einem Reisecar in Norditalien abgeholt, sofern keine Ersatzfahrzeuge zur Verfügung stehen. (lel)
Nun versuchen die Familien die verbleibende Zeit noch zu geniessen. «Wir lassen uns die Ferien nicht vermiesen – auch wenn die Sachschäden mühsam sind», sagt Alex Hauser.
Trotzdem stimmen die Ereignisse vom Montagabend den Familienvater nachdenklich. «Werden solche Wetterereignisse häufiger vorkommen? Und was passiert, wenn die Hagelkörner noch grösser werden?», fragt er. Denn ein solches Unwetter hätten sie bisher noch nie erlebt. «Man merkt, wie verletzlich man ist.»