Bäretswiler Bauernpaar fühlt sich von Gemeinde schikaniert
Dies ist die Geschichte eines Bauern, der Gutes tun will, aber Mühe mit Papierkram und Bürokratie hat. Der deshalb versäumt, die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten. Auf der anderen Seite steht eine Gemeinde, die alles korrekt machen will.
Darum geht es: Hinter seinem Kuhstall in Bäretswil hat Landwirt Markus Glaus eine grosse Wiese. Hier beherbergt er regelmässig Fahrende – auch dieses Jahr.
Solche Plätze sind in der Schweiz Mangelware und bei den Fahrenden beliebt. «Am liebsten würden sie jetzt schon kommen», sagt Glaus. «Doch zuerst muss ich noch den ersten Schnitt machen.» Das Gras braucht er für seine Kühe.
Glaus führt den Betrieb in dritter Generation. Vor siebzehn Jahren haben die ersten Fahrenden an seine Tür geklopft. «Sie fragten, ob sie hier eine Weile bleiben könnten», erinnert er sich. «Ich sagte, probieren wir es.» Seit da kommen sie regelmässig.
Probleme habe es nie gegeben, sagt der 63-Jährige. «Einzig eine Gruppe Roma hinterliess viel Dreck. Seit da nehme ich keine Roma mehr auf.»
Aufenthalte von bis zu acht Wochen
Pro Jahr stellen bis zu vier Gruppen Jenische und Sinti ihre Wohnwagen bei Glaus in Bäretswil auf. Sie bleiben teilweise bis zu acht Wochen.
Doch grundsätzlich ist der spontane Halt von Fahrenden in der Landwirtschaftszone ohne entsprechende planerische und baurechtliche Grundlage nicht gestattet.
In Absprache mit den kantonalen Ämtern hatte die Gemeinde Bäretswil per Gemeinderatsbeschluss vom Mai 2015 Markus Glaus trotzdem zweimal zwei Wochen pro Jahr toleriert und bewilligt.
«Die Fahrenden stören nicht, im Gegenteil. Sie bringen Geld ins Dorf.»
Markus Glaus, Landwirt
Glaus hielt sich nicht daran, auch wenn die Gemeinde ihm mit Polizeieinsatz und Zwangsräumung gedroht habe. «Ich bin einer der wenigen in der Region, der überhaupt einen Platz für Fahrende anbietet. Die Gemeinde sollte froh sein, dass ich das mache.»
Herz für Fahrende
Warum er ein Herz für Fahrende hat, kann er selbst nicht so genau erklären. Er sagt: «Sie können ja sonst nirgends hin.»
Geld sei jedenfalls nicht das Motiv, auch wenn das wohl der Gemeinderat glaube. Der Landwirt verlangt eine kleine Entschädigung für die Benutzung von Wiese, Wasser und Strom.
Der Landwirt versteht nicht, warum er nicht machen kann, was er will. «Es ist mein Land. Die Fahrenden stören nicht, im Gegenteil. Sie bringen Geld ins Dorf.»
Im Rücken hat Glaus die Radgenossenschaft der Landstrasse, die sich im Konflikt mit der Gemeinde ebenfalls äusserte (wir berichteten).

Der Bundesrat setzte eine Arbeitsgruppe zur «Verbesserung der Bedingungen für die fah rende Lebensweise und zur Förderung der Kul tur von Jenischen, Sinti und Roma» ein, die 2015 ihre Arbeit aufnahm.
Aufgrund deren Empfehlungen arbeitete der Kanton Zürich im November 2017 ein Konzept «für die Bereitstellung von Halteplätzen für Schweizer Fahrende im Kanton Zürich» aus.
Darin steht: «Der spontane Halt kann als das Anhalten von grösseren und kleineren Gruppen von Fahrenden auf einem Privatgrundstück rund ein- bis zweimal im Jahr für jeweils etwa vier Wochen umschrieben werden.» Bei diesem Konzept handelt es sich nicht um ein Gesetz, es ist nicht rechtsverbindlich.
Gemeinde wollte Regelung
Aufgrund dieses Konzepts bewilligte die Gemeinde Bäretswil 2018 den spontanen Halt von Schweizer Fahrenden während zweimal vier Wochen pro Jahr.
Mit der Revision der Polizeiverordnung war geplant, diese Praxis in der neuen Verordnung zu integrieren, damit eine Rechtsgrundlage Klarheit schaffen würde.
«Die Gemeinde hat nichts gegen Fahrende», betont Karin Edelmann, Leiterin Gesellschaft und Sicherheit und stellvertretende Gemeindeschreiberin. Es sei darum gegangen, das Ganze ein für alle Mal zu regeln.
Weil Bäretswil über keine eigene Gemeindepolizei verfüge, sei die Kontrolle schwierig. «Wir wollten nur, dass wir informiert werden, wann sich Fahrende bei uns in der Gemeinde aufhalten und wie lange.»
Forderung nach Baugesuch
Doch Glaus wehrte sich an der Gemeindeversammlung anfangs Dezember – mit Erfolg. Die Anwesenden stimmten zu, dass auf Privatgrundstücken weder eine Bewilligungspflicht noch eine Aufenthaltsdauer für Fahrende festgelegt wird.
«Die Gemeinde musste das zähneknirschend akzeptieren», sagt Bea Glaus.
Der Gemeinderat finde trotzdem wieder Mittel und Wege, ihn zu schikanieren, glaubt der Landwirt. «Man legt mir ständig Steine in den Weg», sagt er. Oder wie es seine Frau ausdrückt: «Sie ‹ nüssled › dich.»
Glaus wurde kürzlich erneut aufgefordert, für Unterstände, die bereits seit 20 Jahren stehen, ein Baugesuch einzureichen. Glaus kam der Forderung nach. «Ich dachte, das sei reine Formsache.»
Doch ein neues Schreiben des Kantons Zürich verlangt, dass er noch diverse Unterlagen nachreiche müsse, unter anderem Buchhaltung und Betriebsnachfolgeregelung. «Ich habe mich schwer aufgeregt, als ich diesen Brief erhalten habe», erzählt er.
Ungünstiges Timing
Karin Edelmann von der Gemeinde Bäretswil sagt: «Ich kann verstehen, dass es für Herrn Glaus jetzt so aussieht, dass er schikaniert wird. Der Zeitpunkt war vielleicht nicht gerade günstig gewählt. Doch das sind zwei verschiedene Abteilungen, die gar nichts miteinander zu tun haben.»
Glaus sei schon früher aufgefordert worden, eine Baubewilligung nachzureichen. «Das ist schon seit Jahren ein Thema.»
Aufgrund der grossen Arbeitslast und vielen Personalwechseln auf der Bauabteilung in den vergangenen Jahren sei diese Pendenz lange nicht weiterbearbeitet worden.
Glaus will trotzdem wegen der Angelegenheit mit dem Bausekretär sprechen. «Ich will wissen, worum es eigentlich geht.»
Im Mai erwartet er die ersten Fahrenden. Dann, wenn der erste Gras-Schnitt durch ist.