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Meinung

Als das Hochwasser in meine Schuhe schwappte

Welche Geschichten haben die Redaktion in diesem Jahr bewegt? Wir gewähren Einblicke und blicken auf besondere Themen und Momente zurück. Heute: die Hochwassersituation im Oberland.

Das Hochwasser vom letzten Juni war nicht für alle schlecht. (Archiv)

Foto: Simon Grässle

Als das Hochwasser in meine Schuhe schwappte

Persönlicher Jahresrückblick

Welche Geschichten haben die Redaktion in diesem Jahr bewegt? Wir gewähren Einblicke und blicken auf besondere Themen und Momente zurück. Heute: die Hochwassersituation im Oberland.

Das Jahr 2024 nähert sich dem Ende. Grund genug für diese Redaktion, auf die spannendsten Momente, packendsten Geschichten und interessantesten Menschen zurückzublicken. In persönlichen Einblicken erzählen Redaktorinnen und Redaktoren den ganzen Dezember lang von ihren High- und Lowlights. (zo)

Der Sommer wollte in diesem Jahr nicht so richtig kommen. Zumindest in seinen Anfängen nicht. Wer sich nach Sonne sehnte, musste über eine grosse Dosis an Geduld verfügen. An diesem Montag im Juni regnete es wieder einmal aus Eimern. Obwohl ich als Reporter eingeteilt war, dachte ich mir auf dem Arbeitsweg in der S-Bahn noch nicht viel dabei. Auch dann noch nicht, als ich durch das Zugfenster die unzähligen Wasserlachen auf den Feldern sah.

Im Büro wurde allerdings schnell klar: Pegelstände sowie überschwappende Flüsse und Seen stehen im Zentrum des Interesses. Unser Chefredaktor fragte noch salopp: «Hast du die Gummistiefel dabei?» Natürlich nicht. Ich trug die für diesen Tag ungeeignetsten Stoffturnschuhe. Wer nicht nachdenkt, der muss eben fühlen…

Mit unserem Videojournalisten sass ich wenige Minuten später im Auto in Richtung Greifensee. Dabei gab es Momente, wo wir uns fragten, ob wir noch auf Landstrassen oder bereits in Gewässern fuhren. Als in der Nähe von Maur ein Lastwagen an uns vorbeirauschte, sahen wir für einen Augenblick gar nichts mehr. Doch klar, etwas sahen wir noch – Wasser, Wasser und nochmals Wasser, als passierten wir gerade eine Autowaschanlage, nur in Hochgeschwindigkeit.

Wir waren froh, als wir heil auf dem Parkplatz in der Nähe des Campingplatzes Rausenbach am Greifensee angekommen waren. Nur verflüchtigte sich auch diese Freude rasch. Denn jetzt galt es, ohne einen Regenschirm auszusteigen, die überschwemmte Gegend zu erkunden und bei Campingbegeisterten nachzufragen, ob sie noch im Trockenen schlafen. Ich dachte mir: «Was könnte ein bei diesem Wetter garantiert frustrierter Camper jetzt noch weniger gebrauchen als einen Reporter, der ihm dämliche Fragen über sein Befinden stellt?» Mir fiel nichts ein…

Gott sei Dank war unser Videoreporter etwas positiver gestimmt als ich, was wohl eher an seiner Grundeinstellung als an seinem besseren Schuhwerk lag. Und tatsächlich fanden wir auf dem mit Wasserlachen übersäten Platz ein nettes Paar aus der Nähe von Bern, das sogar lachend unter dem Vordach seines Wohnwagens sass und uns sofort Schutz vor dem strömenden Regen anbot.

Von der Wetterlage liessen sich die beiden auch in ihren Ferien nicht beirren, das wurde schon zu Beginn des Gesprächs klar. Gleiches galt für Schwäne und Enten, die plötzlich in Uferlagen schwimmen konnten, wo sie für gewöhnlich umherwatscheln. Der Einzige weit und breit, der etwas schlechte Laune hatte, war ich. Und das lag nicht nur an meinen völlig durchnässten Schuhen.

Der Tag lehrte mich allerdings auch, dass es immer irgendwie gut kommt. Selbst wenn ein Reporter in einer patschnassen Lage eine Auskunft braucht. Denn es ist ja ganz einfach: Wer sucht, der findet. Wer fragt, dem wird in der Regel geholfen.

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Ihr Michael Kaspar, Chefredaktor

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