Keine Angst vor grossen Fussstapfen
Pfarrer Paul Kleiner muss kurz lachen, als er vor der reformierten Kirche in Pfäffikon steht, mit dem Schlüssel im Schloss nestelt, und die Tür zunächst nicht aufgehen will. «Das ist tatsächlich das erste Mal, dass ich die Kirche eigenhändig aufschliesse», sagt Kleiner. Seit Mitte November ist der 56-Jährige nun der offizielle Nachfolger von Peter Schulthess; dieser ging in Pension (wir berichteten). Er habe ein eingespieltes Team und eine lebendige Kirchgemeinde vorgefunden, sagt Kleiner; er freue sich drauf, in nächster Zeit zuzuhören und Leute kennenzulernen.
Kindheit in Nigeria
Ruhig und freundlich wirkt der neue Pfarrer, wenn er von sich erzählt: In seiner Freizeit spiele er gerne Gemeinschaftsspiele und gehe auf Bergtouren. Er könne in mancher Hinsicht auch ein «Bünzli» sein, verrät Kleiner schmunzelnd. Es ist dem frischgebackenen Pfäffiker nicht anzumerken, dass er viele Jahre in Afrika zur Schule ging, arbeitete und dabei alles andere als ein «bünzliges» Leben führte.
Sechs Jahre lang lebte Kleiner in Nigeria, wo seine Eltern die Bibel in die Sprache eines Volkes mitten im Busch übersetzten. Mit neun Jahren ging es zurück nach Winterthur. Dort beendete er die in Nigeria angefangene Primarschulzeit, absolvierte das Gymnasium und alsdann auch sein Theologiestudium in Basel und Zürich. Kurz nach seiner Dissertation an der theologischen Fakultät der Universität Zürich zog es Kleiner 1992 erneut nach Afrika – diesmal nach Angola.
Näher am Tod und am Leben
Zusammen mit seiner Frau, mit der er mittlerweile seit über dreissig Jahren verheiratet ist, lebte Kleiner damals auf 1800 Metern über Meer und schwärmt noch heute von den angenehmen Temperaturen und der schönen Landschaft.
Die zehnjährige Arbeit am theologischen Seminar der evangelischen Allianz Angolas prägten den Pfarrer. «Die Menschen sind dort näher am Leben und am Tod», sagt Kleiner. «In der Schweiz sind wir gut versichert und unser Wohlstand packt uns in eine dicke Watteschicht.» In Angola sei alles unmittelbarer: Krankheit, Leid, der damals wütende Bürgerkrieg – aber auch Schönes wie Fröhlichkeit, Freundlichkeit und der Sinn für Gemeinschaft.
Zuletzt arbeitete Kleiner als Rektor am Theologisch-Diakonischen Seminar in Aarau. Zufrieden schaut er auf das dort Erreichte zurück; etwa auf die staatliche Anerkennung des Seminars. «Es waren 15 schöne Jahre in Aarau, doch es war Zeit für eine neue Aufgabe.»
Viel Respekt vor neuer Aufgabe
Peter Schulthess, den er bis dahin nur aus den Medien kannte, habe ihm in Pfäffikon einen sehr guten Einstieg ermöglicht. Spürt Kleiner einen gewissen Druck, in die Fussstapfen eines derart beliebten Pfarrers zu treten, mit dem er als dessen Nachfolger zwangsläufig verglichen werden wird? Kleiner muss schmunzeln: Diese Frage sei ihm schon oft gestellt worden. Das habe wohl lediglich zur Folge, dass er vor dieser Aufgabe noch mehr Respekt habe.
Dass sich die Kirchgemeinde nach der Pensionierung von Schulthess noch in einer «Trauerphase» befinde, sei völlig normal. «Aber ich hoffe, dass ich mit meiner eigenen Art den Leuten auch menschlich nahekommen kann und die reformierte Kirchgemeinde so Peter Schulthess in Dankbarkeit für seine Arbeit loslassen kann.»
Silvan Hess